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REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER

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62<br />

Realitäten in dem österreichischen Staate nicht geeignet. Von dieser, auf die Beobachtung des<br />

Reciprocums gegen die Pforte gegründeten Vorschrift ist auch bei Erwerbung von<br />

Staatsgütern keine Ausnahme zugelassen worden". 81<br />

Nicht nur dürften die "Türken" in Österreich keinen Realitäten besitzen. Sie würden auf<br />

Grund des Gegenseitigkeitsprinzips auch als erbunfähig eingestuft. Hier scheint doch ein<br />

gewisses fiskalisches Interesse des Habsburger Staates am Besitz der in Österreich<br />

gestorbenen ehemaligen Untertanen des ottomanischen Reichs durchzuschimmern.<br />

"Nur in der Türkei sind noch immer die Franken 82 nicht erbsfähig, daher auch die<br />

Unterthanen der ottomanischen Pforte, ja selbst die unter türkischer Bothmäßigkeit stehenden<br />

Kirchen, sowohl von Erlangung einer Erbschaft als eines Legats von einem österreichischen<br />

Unterthan, ausgeschlossen sind. Fällt einem türkischen Unterthan hierlands ein Nachlaß zu,<br />

so hat dieser den in Österreich befindlichen Universal=Erben zu verbleiben, und die<br />

Verwandten in Constantinopel und dortiger Gegen sind in Bezug auf die Erbschaft<br />

anzusehen, als ob selbe gar nicht existirten". 83<br />

Der Zynismus dieser Bestimmung gegenüber den "Türken" in Österreich beziehungsweise<br />

den Verwandten eingebürgerter Osmanen hinsichtlich der Besitztümer der glänzenden Pforte<br />

in der Erbrechtsfrage wurde nur noch durch die Einstellung der Regierung in bezug auf den<br />

türkischen Juden übertroffen. Da die Juden in Österreich bis 1867 nicht alle bürgerlichen<br />

Rechte besaßen, wanderten viele aus. Lang vor den Geburt des politischen Zionismus stellte<br />

das osmanischen Reich für ehemalige österreichische Juden einen beliebten<br />

Auswanderungsort dar, weil der Meistbegünstigtenstatus der Türkei gegenüber vielen<br />

europäischen Staaten günstige Handelsmöglichkeiten boten. Die Verträge zwischen Wien und<br />

Istanbul wurden unabhängig der Religionsgemeinschaft abgeschlossen und sprachen "von<br />

allen türkischen Unterthanen ohne Ausnahmen". Somit waren die "türkischen Juden (...) in<br />

Handelsbeziehungen wie andere "ottomanische Unterthanen" zu behandeln. Bei den ehemals<br />

österreichischen Juden verhielt sich Wien jedoch genauso wenig europäisch wie Istanbul. Die<br />

Einbürgerung der jüdischen Untertanen in der Türkei und die damit automatisch<br />

80 Püttlingen 1842, 27.<br />

81 Püttlingen 1842, 63.<br />

82 Im Nahen Osten wurden Europäer generell Franzosen genannt. Diese Bezeichnung existiert im Alltag heute noch im<br />

türkisch-arabischen Teil des Mittelmeerraums.

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