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REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER

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470<br />

Obwohl die wichtigsten Ungereimtheiten bei der Versteuerung und den<br />

Sozialversicherungsleistungen erst in den 70er und 80er Jahren beseitigt werden konnten,<br />

erzielte der ÖGB 1961- im Tausch für eine Teilliberalisierung der Ausländerpolitik - erste<br />

Zugeständnisse seitens der Arbeitgeber im Falle der Anerkennung von im Ausland<br />

erworbenen Versicherungsjahren. 609 "Die von Österreichern im Ausland erworbenen<br />

sozialversicherungsrechtlichen Ansprüche und Versicherungszeiten wurden durch Österreich,<br />

insbesondere für die Altersvorsorge, anerkannt. (...) Mit dieser Entscheidung konnte der ÖGB<br />

auch seine Forderung nach aktiver Arbeitsmarktpolitik weiter realisieren (...)." (Matuschek<br />

1985, 165).<br />

Diese Interpretation, wonach die steigende Zu- und Abwanderung nach beziehungsweise von<br />

Österreich, eine Liberalisierung der Ausländerbeschäftigung und - im Tausch dafür - eine<br />

Harmonisierung der Sozialversicherungsbestimmung erforderte, gehört heute zum<br />

Allgemeinwissen der Migrationsforschung. 610 Matuschek betont zwar, dass die aktiven<br />

arbeitsmarktpolitischen Vorstellungen der Vertreter der inländischen Arbeitnehmer (ÖGB<br />

und AK) eng mit dem Konzept des Inländerprimats verknüpft sind (1985, 165 und 186), lässt<br />

jedoch den Lernprozeß der 50er Jahre außer acht. Die Ablösung der Wirtschaftsdirektorium<br />

der Bundesregierung durch die außerparlamentarische Paritätische Kommission ab 1957 lief<br />

zur Entwicklung in der Ausländerbeschäftigung parallel. Die Bundesregierung trat hiermit<br />

bestimmte Vorrechte, die durch die Verfassung dem Wahlvolk und dem Parlament<br />

zugewiesen wurden an die demokratisch nicht legitimierten Sozialpartner ab; zuerst im<br />

Bereich der Löhne und Preise, ab 1961 in sämtlichen Bereichen, die die Lohn- und<br />

Preisentwicklung beeinflussen könnten. 611 "Auszug aus dem Beschlußprotokoll Nr. 30 des<br />

609 Bezeichnend für die Tatsache, daß es hier um den männlichen Kernschichten des ÖGB ging ist die Tatsache, daß diese<br />

erste Regelung zwar die für allen Arbeitnehmer wichtigen Pensionsansprüche nicht jedoch die für Frauen genau so wichtige<br />

Uneinheitlichkeiten bei der Karenz- und Mutterschutzregelungen betraf. Vgl. Matuschek 1985, 165:"Als Gegenleistung für<br />

das Abgehen vom bisherigen Standpunkt (Inländerschutz, E.S.) handelte sich der ÖGB nicht nur die Zusage der<br />

Unternehmervertreter für ihre Mitwirkung an dem Konzept der 'aktiven Arbeitsmarktpolitik' ein, sondern auch ihre<br />

Zustimmung zum Anschluß von Sozialversicherungsabkommen sowie zur Unterzeichnung und Ratifizierung von zwei<br />

Abkommen des Europarates über soziale Sicherheit."<br />

610 Wollner betont, daß sowohl bei der bahnbrechenden Arbeit von Matuschek (1985, 160f) wie bei der umfassenden Studie<br />

von Parnreiter (1994, 127f) die These des sozialpartnerschaftlichen Kuhhandels vertreten wird. Was sicherlich korrekt ist, ist<br />

die Annahme, daß der ÖGB unter Druck stand, um die Probleme der Doppelbesteuerung und Nichtanerkennung von<br />

Sozialversicherungsansprüche bei seiner vorübergehend im Ausland beschäftigten inländischen Mitgliedern zulösen. Auch<br />

die Arbeitgeber befanden sich in eine Zwangslage, da sie v.a. im den Bereiche Baugewerbe und Fremdenverkehr dringend<br />

Ausländer brauchten. Was bei der Kuhhandeltheorie jedoch bisher fehlte war eine Berücksichtigung der Bedeutung des<br />

ablehnden Erkenntnis der Verfassungsgerichtshof von 1959, d.h. die Abschaffung der außerrechtlichen Novellierungen der<br />

Weimarer Ausländerverordnung von 1933 durch die Ausländererlässe 1946, 1948 und 1951 (siehe oben.<br />

611 Diese staatsstreichähnliche Einschränkung der parlamentarischen Demokratie ist vergleichbar mit einem friedlichen<br />

Militärputsch mit dem wesentlichen Unterschied, daß nicht die Streitkräfte, sondern die Unternehmer und den Vertreter der<br />

inländischen Arbeitgeber das Parlament entmachteten. Bedenkt man welche Macht der ÖGB im Lande nun besaß ist es

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