14.02.2013 Aufrufe

REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER

REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER

REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

468<br />

Als Fundament der österreichischen Gastarbeiterregelung trugen die Kontingente im<br />

wesentlichen dazu bei, das Bewußtsein der Sozialpartner wie auch der Gastarbeiter selber<br />

über den Stellenwert der Ausländerbeschäftigung in Österreich in den formierenden 60er<br />

Jahren zu prägen. In einer Periode also, in der in den benachbarten Ländern wie der Schweiz<br />

oder der Bundesrepublik Deutschland die Gewerkschaften - teils freiwillig, teils unter Druck<br />

der gewerkschaftlichen Basis - ihre Position zu Gastarbeitern radikal änderten, blieb die Lage<br />

in Österreich konstant. Während der sozialdemokratisch dominierte Schweizer<br />

Gewerkschaftsbund (SGB) und Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) 606 ihre tendenziell<br />

ablehnende Haltung zur Gastarbeitern, Immigranten und Grenzgängern ablegten, zementierte<br />

sich in Österreich innerhalb des ÖGB (Traschütz 1983; Schäppi 1987; Langguth 1993;<br />

Marquis/Grossi 1990; Kühne 1994) Ausländerfeindlichkeit 607 . Der ÖGB übernahm mit den<br />

von ihm entworfenen und durchgesetzten Kontingentregelung nationalstaatliche Aufgaben. Er<br />

behielt jedoch die politischen Mittel in der Hand, um jederzeit in der Lage zu sein, zum<br />

System der Einzelgenehmigungen zurückzukehren.<br />

"Bis zum Inkrafttreten des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 1976 legten die Vorschriften der<br />

Kontingentierungen als Ergebnisse jährlicher sozialpartnerschaftlicher Verhandlungen die<br />

Bedingungen der Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte fest. Die<br />

Kontingentvereinbarungen selbst ergingen in Form von Erlässen des BMfsV an die<br />

Landesarbeitsämter. Darüberhinaus fanden gesonderte Vorschriften wie zum Beispiel im Fall<br />

von Verfahrensänderungen gleichermaßen in Erlässen des BMfsV ihren Ausdruck. (...) Der<br />

Erlaß von 1962 wies auch auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme des<br />

Einzelgenehmigungsverfahrens hin. Demgemäß wurde festgelegt, dass "Anträge auf Erteilung<br />

606 Die Tatsache, daß der SGB und DGB keine signifikante Einfluß auf der Zuwanderungsstrategien ihrer Ländern in den<br />

Jahren der massiven Einwanderungspolitik bis 1973 ausüben könnte hat sicherlich dazu geführt, daß sie in einem wesentlich<br />

geringeren Ausmaß an den politischen Ausrichtung der Ausländerpolitiken ideologisch und strategisch gebunden waren. Als<br />

es 1973 darum ging den Gastarbeiter abzubauen, stellte die ausländerfreundliche Flügel innerhalb der jeweiligen<br />

Gewerkschaften - gemeinsam mit den Ausländer selber - bereits eine potente Kraft dar. Hierzu kommt, daß die Gastarbeiter<br />

in den meisten westeuropäischen Staaten aus anderen westeuropäischen Staaten bzw. aus den hoch politisierten islamischen<br />

Raum (Türkei, Algerien) stammten. Österreich ist das einzige Land der EU, in dem weit über 50% aller Ausländern aus den<br />

Ländern des ehemaligen Realen Sozialismus stammen. Erst mit dem Beitritt Österreichs zur EU ist man innerhalb der Union<br />

auf diesen wesentlichen Divergenz aufmerksam geworden (Wrench 1996, 118). Die politische Apathie der Südslawen hat<br />

sicherlich bestätigend wenn nicht fördernd bei der Etablierung und Festigung einer ausländerfeindlichen bzw. rassistischen<br />

Ausländerpolitik des ÖGB in Österreich und ab 1995 auch in der EU (siehe unten) gewirkt.<br />

607 Nach Wrench könnte man diese Politik auch als offen rassistisch (racist) bezeichnen (1996, 72). Die Begriffe nativism<br />

und racism haben jedoch im Englischen - die Arbeitssprache der EU Dublin Foundation - ein anderer Beigeschmack wie<br />

Ausländerfeindlichkeit und Rassismus im Deutschen. Da die Debatte über trade union racism im englischen Sprachraum<br />

seit über Hundert Jahre aktive geführt wird, hat die Anwendung dieser oben genannten Begriffe in Zusammenhang mit der<br />

absichtlichen und ungewollten Diskriminierung von ethnischen Minderheiten und Einwanderer sowohl in der Forschung wie<br />

innerhalb der Gewerkschaften selber etablieren können. Im deutschen Sprachraum wird Rassismus und<br />

Ausländerfeindlichkeit in der Regel mit dem Nationalsozialismus zusammengebracht und dadurch tabuisiert.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!