REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER

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14.02.2013 Aufrufe

466 - Betriebe, die die Kontingente gemäß ihrer Branchenzugehörigkeit nutzen konnten, waren berechtigt, beim Arbeitsamt Beschäftigungsbewilligungen zu beantragen. "Beschäftigungsbewilligungen im Rahmen der festbesetzten Kontingente sind nur jenen Betrieben zu erteilen, die im allgemeinen die vorgeschriebenen Lohn- und Arbeitsbedingungen einhalten. Nur wegen schwerwiegender Verstöße ist die Beschäftigungsgenehmigung zu versagen." Wurde der Antrag binnen zehn Tagen nicht abgelehnt, galt er als genehmigt. Jedem Betrieb stand es frei, auch das Einzelgenehmigungsverfahren zu nutzen. - Arbeitsplätze streikender Inländer durften nicht mit Ausländern besetzt werden, "doch ist während der Dauer eines Streiks eine Versetzung der Ausländer in nicht bestreikte Abteilungen oder Betriebe (...) möglich." - "Bei Abbbaumaßnahmen (...) müssen vor den inländischen Arbeitskräften zuerst die Fremdarbeiter abgebaut werden." - Die Betriebe waren den Arbeitsinspektoren über die Einhaltung dieser Bestimmungen auskunftspflichtig. - Die Beschäftigugnsgenehmigung erhielt Arbeitgeber nur für jene ausländischen Arbeitskräfte, "deren Unterkunft gesichtert erscheint." Für einige Kontingente und Branchen wurden auch zusätzliche Vereinbarungen getroffen, so z.B. für die Bauwirtschaft. Hier dürften maximal 50% der Beschäftigten pro Betrieb Ausländer sein"." (Wollner 1996, 67-68; Farnleitner 1977, 68-69) Diese Kontingentregelung stellt gegenüber der Kontingentregelung von 1925/1926 ein wesentlicher Fortschritt für die Interessen der Arbeitgeber und die Vertretung der inländischen Arbeitgeber dar. Im Gegensatz zur Ersten Republik konnten Kontingente nun für den gesamten Arbeitsmarkt 603 vereinbart werden. Die Kontingentvereinbarungen wurden 603 "Der Erlaß zur Kontingentvereinbarung 1962 besagt nun, daß die darin erklärten Bestimmungen über die Beschäftigten ausländischer Arbeitskräfte für alle in Österreich beschäftigten ausländischen Arbeitskräfte Gültigkeit besitzen sollten." (Wollner 1996, 110) "Ab 1964 wurden auch über landwirtschaftliche Saisonarbeitskräfte Kontingente zwischen dem ÖGB und der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammer ausgehandelt." Die Landwirtschaft war auch die Bereich in dem

467 von vorneherein als eine sozialpartnerschaftliche Domäne aufgefaßt, worin der ÖGB jederzeit effektiv bremsend wirken konnte, da sich die jährlichen Verhandlungen ausschließlich an der wirtschaftlichen Lage zu orientieren hatten. Durch Verkoppelung von restriktiven Einreise-, Aufenthalts- und Rückreisebestimmungen war nämlich ein aktives Eingreifen durch den ÖGB jederzeit gewährleistet. Durch die Überleitung des faschistischen Betriebsratsverbots für Ausländer (siehe oben) aus dem Ständestaat im Jahre 1947 auf die Zweite Republik wurde es verboten und effektiv verunmöglicht, dass Zuwanderer innerhalb des ÖGB Druck ausüben und somit die ausländerfeindliche Politik der Paritätischen Kommission gefährden könnten. Die Voraussetzungen für eine gesellschaftliche und politische Definition von Ausländern als Objekte 604 der österreichischen Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik wurden somit in den Jahrzehnten vor Beginn der Massenzuwanderung ideologisch hergestellt und rechtlich abgesichert. Nach dieser Fertigstellung des Fundaments musste der Vollzug - also die Überbausystematik 605 - nur noch perfektioniert werden. Die Kontingentregelung entwickelte sich von einem vorübergehenden Krisenmanagement zur prägenden Dauereinrichtung. Die Länge ihrer Lebensdauer (12 Jahre) ist mit der Ausländerregelungen der Ersten Republik und Ständestaat (13 Jahre) vergleichbar, aber auch der Phase der gesetzlosen Parität in den Jahren unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg (13 Jahre). Im Gegensatz zur damaligen Selbsteinschätzung der Wirtschafts- und Arbeiterkammern war die politische und wirtschaftliche Tragweite der Kontingente alles andere als eine Übergangsregelung beziehungsweise Übergangslösung (Wollner 1996, 57). Nationalratsabgeordnete Pius Schneeberger eigenhändige Kontingentenerfahrung mit sich brachte. Nach Adolf Schärf (1955, 229) war Schneeberger eine der Sozialdemokraten, der die Kontinuität zwischen den Ersten und Zweiten Weltkrieg verkörperten. So könnten Schneeberger durch die Verabschiedung des Landarbeitergesetzes am 2.6.1948 (BGBl.140/48), ein "mehr als zwanzigjähriger Kampf der Landarbeitergewerkschaft endlich" erfolgreich zu Ende führen. Schneeberger (1992-1969) war von 1923 bis 1934 und wieder von 1945 bis 1962 im Nationalrat aktiv und hatte somit das Inlandarbeiterschutzgesetz (1925) und die Kontingentvereinbarungen von 1961 mit zu beeinflußen. 604 Der ÖGB verfolgte seit längerem das Ziel, ausländische Arbeitnehmer die Integration zu erschweren. Mit dieser Lösung - v.a. mit der Einführung des last hired, first fired Prinzips im Rahmen der Kündigungsregelung - schiente er das Vorhaben der vollständigen Entrechtlichung der ausländischen Arbeitnehmer erfolgreich umgesetzt zu haben. Im Rahmen des Inländerprimats und der Gastarbeiterrotation könnten "saisonale Anspannungen in Perioden der Hochkonjunktur" gelockert werden (AK Probleme des österreichischen Arbeitsmarktes, Wien 1962, S. 42 zitiert in Wollner 1996, 48) ohne diese Gastarbeiter unabsichtlich die Möglichkeit zu bieten, in Österreich soziale, kulturelle, oder politische Rechte zu erwerben. 605 Das sozialpolitische Verhältnis zwischen Basis und Überbau wurde in der politischen Forschung nirgendwo so vollkommen vernachlässigt wie bei der Einwanderungs- und Ausländerbeschäftigungspolitik. Durch die Tätigkeit des Autors als ehrenamtlicher Experte für die Südtiroler Landesexekutive (Arbeitskammer) des AGB/CGIL im Rahmen der Arge Alp der Gewerkschaften läßt sich feststellen, daß sowohl in Italien wie in der Schweiz und Deutschland diese Objektwerdung der Ausländer - sprich ihre Reduzierung auf ihren Wert als Ware Arbeitskraft - zwar durch den Arbeitgeber und den bürgerlichen Regierungsparteien beabsichtigt wurde, von den Gewerkschaften und Arbeitnehmerparteien jedoch teilweise verhindert werden könnte. Beispiele für diese Gegenstrategie sind Betriebsratswahlrecht, Minderheitenvertreter bzw. Sprecher in den Gewerkschaften und politischen Parteien und Ausländerbeiräte in den Gemeinden und auf Landesebene. In Österreich hingegen wurde die an sich bürgerlichkapitalistische Objektwerdungsstrategie von der Sozialdemokratie und den Gewerkschaften entwickelt und teilweise gegen den Widerstand der Arbeitgeber durchgesetzt.

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- Betriebe, die die Kontingente gemäß ihrer Branchenzugehörigkeit nutzen konnten, waren<br />

berechtigt, beim Arbeitsamt Beschäftigungsbewilligungen zu beantragen.<br />

"Beschäftigungsbewilligungen im Rahmen der festbesetzten Kontingente sind nur jenen<br />

Betrieben zu erteilen, die im allgemeinen die vorgeschriebenen Lohn- und<br />

Arbeitsbedingungen einhalten. Nur wegen schwerwiegender Verstöße ist die<br />

Beschäftigungsgenehmigung zu versagen." Wurde der Antrag binnen zehn Tagen nicht<br />

abgelehnt, galt er als genehmigt. Jedem Betrieb stand es frei, auch das<br />

Einzelgenehmigungsverfahren zu nutzen.<br />

- Arbeitsplätze streikender Inländer durften nicht mit Ausländern besetzt werden, "doch ist<br />

während der Dauer eines Streiks eine Versetzung der Ausländer in nicht bestreikte<br />

Abteilungen oder Betriebe (...) möglich."<br />

- "Bei Abbbaumaßnahmen (...) müssen vor den inländischen Arbeitskräften zuerst die<br />

Fremdarbeiter abgebaut werden."<br />

- Die Betriebe waren den Arbeitsinspektoren über die Einhaltung dieser Bestimmungen<br />

auskunftspflichtig.<br />

- Die Beschäftigugnsgenehmigung erhielt Arbeitgeber nur für jene ausländischen<br />

Arbeitskräfte, "deren Unterkunft gesichtert erscheint." Für einige Kontingente und Branchen<br />

wurden auch zusätzliche Vereinbarungen getroffen, so z.B. für die Bauwirtschaft. Hier<br />

dürften maximal 50% der Beschäftigten pro Betrieb Ausländer sein"." (Wollner 1996, 67-68;<br />

Farnleitner 1977, 68-69)<br />

Diese Kontingentregelung stellt gegenüber der Kontingentregelung von 1925/1926 ein<br />

wesentlicher Fortschritt für die Interessen der Arbeitgeber und die Vertretung der<br />

inländischen Arbeitgeber dar. Im Gegensatz zur Ersten Republik konnten Kontingente nun<br />

für den gesamten Arbeitsmarkt 603 vereinbart werden. Die Kontingentvereinbarungen wurden<br />

603 "Der Erlaß zur Kontingentvereinbarung 1962 besagt nun, daß die darin erklärten Bestimmungen über die Beschäftigten<br />

ausländischer Arbeitskräfte für alle in Österreich beschäftigten ausländischen Arbeitskräfte Gültigkeit besitzen sollten."<br />

(Wollner 1996, 110) "Ab 1964 wurden auch über landwirtschaftliche Saisonarbeitskräfte Kontingente zwischen dem ÖGB<br />

und der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammer ausgehandelt." Die Landwirtschaft war auch die Bereich in dem

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