REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER

REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER

14.02.2013 Aufrufe

434 Grundgedanken an das BRG.-19 anknüpfte; es ist als Fortbildung des BRG.-19 anzusehen und bringt keine neue Konzeption." Diese Einschätzung übersieht die Bedeutung des Betriebsratsverbots für die Konsolidierungsversuche der Gewerkschaftsführung. Durch die Überleitung des rassistischen Gedankengutes des Ständestaates in das neue Betriebsratsgesetz zog man im Mitbestimmungsbereich mit den anderen Ausländerbestimmungen gleich. Ab 1947 handelte man ausländerpolitisch in allen wesentlichen Bereichen im Gleichschritt. Zeittafel Überleitung und Novellierung der Ausländergesetzgebung des Ständestaates und Dritten Reiches 567 in der Zweiten Republik 1.5 1945 Rechts- NS-Ausländerpolizeiverordnung Überleitungsgesetz von 22.08.1938 (APVO/1938) 1.5.1945 Rechts- Weimarer Verordnung über Überleitungsgesetz ausländische Arbeitnehmer von 23.1.1933 (AuslVO/1933) 28.3.1947 Betriebsratsgesetz Überleitung des Betriebsratsverbots aus dem Werksgemeinschaftsgesetz von 1934 (BGBl.II,Nr.153/34) 9.1.1948 Erlaß Eliminierung des Arbeitserlaubnis und des Befreiungsscheins aus der AuslVO/1933 Quelle: Floretta/Strassen 1973; Wollner 1996; Hofmann 1936 Mit dem Erlaß vom 20. Juni 1951 waren ÖGB und AK in die Lage versetzt worden, eventuelle Versuche des Staates oder der Arbeitgeber, die Ausländerpolitik zu liberalisieren erfolgreich abzuwehren. "So strebte die BWK (Bundeswirtschaftskammer, E.S.) seit Mitte Provisorische Staatsregierung, St.GBl. Nr. 20/45 festgelegt. Damit entzog der Gesetzgeber den Betriebsvertretungen im Sinne des AOG. die Grundlage ihres Bestandes.‟ (Floretta/Strasser 1973, 8). 567 Dafür trat „die Nazi-Verordnung über den Arbeitsplatzwechsel vom 1. September 1939 gemäß einem Nationalratsbeschluß außer Kraft‟ mit Wirkung von 1.1.1948. Allein die Aufhebung dieser faschistischer Verordnung machte eine Neuordnung der Ausländerpolitik nicht notwendig, da die AuslVO/1933 weiterhin in Kraft blieb. Der Nationalrat hob lediglich die Zwangsgestaltung der Beschäftigung durch die Arbeitsämter für Inländer auf. Ab 1. Jänner wird also aus den Inseratenteil der Zeitungen der bekannte Satz: „Die Einstellung von Arbeitskräften ist an die Zustimmung des Arbeitsamtes gebunden‟ verschwunden sein. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind berechtigt, ohne Vermittlung des Arbeitsamtes miteinander zu verhandeln, die Fälle ausgenommen, wo andere geltende Gesetze, wie etwa das Wirtschaftssäuberungs-, das Invalideneinstellungs- oder das Betriebsratsgesetz, dies einschränkt. Ebenso müssen die Dienstnehmer nach die vor für die Beschäftigung von Ausländern die ausdrückliche Genehmigung des Arbeitsamtes noch

435 der 1950er Jahre eine Liberalisierung des Arbeitsmarktes an, stieß jedoch mit dieser Forderung auf den heftigsten Widerstand der Gewerkschaften und der Landesarbeitsämter sowie des Sozialministeriums." (Wollner 1996, 33). Diese Strategie war um so besser abgesichert, da man die Betroffenen selber - die staatsfremden Arbeitnehmer aus Ost- und Südosteuropa - sämtlicher Rechte beraubt hatte. Die restriktive Ausländerpolitik der frühen 50er Jahre wurde zwar ab 1961 etwas lockerer. An der grundsätzlichen Haltung der Gewerkschaften hat sich jedoch bis heute nichts geändert. C. Verfeindete und befreundete Ausländer Einige Monate vor dem Erlaß vom 26.April 1946 bezüglich der Einführung der Parität bei der Arbeitsmarktverwaltung stellte die US-Besatzungsbehörde fest, dass feindliche Ausländer - im Gegensatz zu den bevorzugten freundlichen Ausländer - sehr wohl zur Arbeit gezwungen werden konnten. Hunderttausende Staatsfremde wurden somit auf den österreichischen Arbeitsmarkt gedrängt. Von den circa 1,6 Millionen Ausländern, die sich im Frühjahr 1945 auf dem Staatsgebiet der Republik Österreich befanden, waren Anfang 1946 rund ein Drittel noch anwesend. Hiervon waren knapp eine Halbe Million feindliche Ausländer deutscher Umgangssprache 568 . Diese Ausländer in Österreich wurden nach den Kriterien der Vereinigten Nationen unterteilt und versorgt. Hierüber hatten die österreichischen Stellen - also auch der ÖGB - anfangs keine Einflußmöglichkeiten. "Den Planung und Richtlinien der Alliierten und der 1943 gegründeten United Nations Relief and Rehabilitation Agency (UNRRA) gemäß, wurden die sich auf der Flucht befindlichen Personen in verschiedene Gruppen eingeteilt und unterschiedlich behandelt. Bürger von Staaten, die Mitglieder der Vereinigten Nationen waren (etwa Sowjets, Briten oder Franzosen, E.S.), bildeten die erste Gruppe, Personen aus Staaten, die auf der Seite der Alliierten gekämpft hatten, die zweite Kategorie. Diese beiden Gruppen sowie Personen, die als Opfer der faschistischen Diktaturen galten, wurden von der UNRRA betreut. Flüchtlinge aus ehemaligen Feindstaaten, also dem Deutschen Reich und seinen Verbündeten als auch Staatenlose (d.h. vor allem Volksdeutsche, E.S.) bildeten die dritte und vierte Kategorie, deren Betreuung durch österreichische Stellen vor der Einstellung einholen. Dadurch soll vermieden werden, daß Österreichern Arbeitsplätze vorenthalten werden.‟ Neues Österreich, 31.12.1947, in: SoWiDok der AK Wien. 568 Zu den enemy aliens gehörten die aus dem Altreich stammenden Reichsdeutsche, die Volksdeutsche aus der Tschechoslowakei, Ungarn, Jugoslawien und Rumänien aber auch die mit dem Deutschen Reich kollaborierenden fremdsprachigen Ausländern, z.B. faschistische kroatische „Ustascha, russische Schutzkorps, Angehörige der ersten

435<br />

der 1950er Jahre eine Liberalisierung des Arbeitsmarktes an, stieß jedoch mit dieser<br />

Forderung auf den heftigsten Widerstand der Gewerkschaften und der Landesarbeitsämter<br />

sowie des Sozialministeriums." (Wollner 1996, 33). Diese Strategie war um so besser<br />

abgesichert, da man die Betroffenen selber - die staatsfremden Arbeitnehmer aus Ost- und<br />

Südosteuropa - sämtlicher Rechte beraubt hatte. Die restriktive Ausländerpolitik der frühen<br />

50er Jahre wurde zwar ab 1961 etwas lockerer. An der grundsätzlichen Haltung der<br />

Gewerkschaften hat sich jedoch bis heute nichts geändert.<br />

C. Verfeindete und befreundete Ausländer<br />

Einige Monate vor dem Erlaß vom 26.April 1946 bezüglich der Einführung der Parität bei der<br />

Arbeitsmarktverwaltung stellte die US-Besatzungsbehörde fest, dass feindliche Ausländer -<br />

im Gegensatz zu den bevorzugten freundlichen Ausländer - sehr wohl zur Arbeit gezwungen<br />

werden konnten. Hunderttausende Staatsfremde wurden somit auf den österreichischen<br />

Arbeitsmarkt gedrängt. Von den circa 1,6 Millionen Ausländern, die sich im Frühjahr 1945<br />

auf dem Staatsgebiet der Republik Österreich befanden, waren Anfang 1946 rund ein Drittel<br />

noch anwesend. Hiervon waren knapp eine Halbe Million feindliche Ausländer deutscher<br />

Umgangssprache 568 . Diese Ausländer in Österreich wurden nach den Kriterien der<br />

Vereinigten Nationen unterteilt und versorgt. Hierüber hatten die österreichischen Stellen -<br />

also auch der ÖGB - anfangs keine Einflußmöglichkeiten. "Den Planung und Richtlinien der<br />

Alliierten und der 1943 gegründeten United Nations Relief and Rehabilitation Agency<br />

(UNRRA) gemäß, wurden die sich auf der Flucht befindlichen Personen in verschiedene<br />

Gruppen eingeteilt und unterschiedlich behandelt. Bürger von Staaten, die Mitglieder der<br />

Vereinigten Nationen waren (etwa Sowjets, Briten oder Franzosen, E.S.), bildeten die erste<br />

Gruppe, Personen aus Staaten, die auf der Seite der Alliierten gekämpft hatten, die zweite<br />

Kategorie. Diese beiden Gruppen sowie Personen, die als Opfer der faschistischen Diktaturen<br />

galten, wurden von der UNRRA betreut. Flüchtlinge aus ehemaligen Feindstaaten, also dem<br />

Deutschen Reich und seinen Verbündeten als auch Staatenlose (d.h. vor allem Volksdeutsche,<br />

E.S.) bildeten die dritte und vierte Kategorie, deren Betreuung durch österreichische Stellen<br />

vor der Einstellung einholen. Dadurch soll vermieden werden, daß Österreichern Arbeitsplätze vorenthalten werden.‟ Neues<br />

Österreich, 31.12.1947, in: SoWiDok der AK Wien.<br />

568 Zu den enemy aliens gehörten die aus dem Altreich stammenden Reichsdeutsche, die Volksdeutsche aus der<br />

Tschechoslowakei, Ungarn, Jugoslawien und Rumänien aber auch die mit dem Deutschen Reich kollaborierenden<br />

fremdsprachigen Ausländern, z.B. faschistische kroatische „Ustascha, russische Schutzkorps, Angehörige der ersten

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!