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REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER

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422<br />

geschaffenen Landesarbeitsämter mit Sitz in Wien, Graz, Linz und Innsbruck vermittelt. 546<br />

Ihre Vermittlung war personenbezogen, die Kontingentenregelung wurde ausgesetzt. Diese<br />

verwaltungstechnische Reform in der Ostmark ist vermutlich in Zusammenhang mit dem für<br />

den Sommer geplanten Krieg gegen die Sowjetunion zu sehen. Da man die Arbeiter aus dem<br />

slawischen Raum vorwiegend in der Landwirtschaft einsetzte, liegt es auf der Hand, dass man<br />

nun, mit der bevorstehenden Erweiterung des Arbeitsmarktes, um einige Hundert Million<br />

Menschen die Rekrutierung und den Einsatz von Fremdarbeiter im ganzen Reich<br />

vereinheitlichen wollte. Das IASG war ein Produkt der restriktiven 20er Jahre. Es wurde nicht<br />

wegen seiner Liberalität, sondern aufgrund seiner auf Kompromissen aufgebauten Ineffizienz<br />

von einem fast gleich gelagerten Gesetz aus dem noch demokratischen Deutschen Reich<br />

abgelöst. Die Weimarer Verordnung von 1933 wurde noch während des Zweiten Weltkrieges<br />

von der provisorischen Regierung in Wien durch das Rechtsüberleitungsgesetz,<br />

Verfassungsgesetz vom 1. Mai 1945, StGBl. Nr. 6 über die Wiederherstellung der<br />

Rechtslebens in Österreich, §2 ins Rechtssystem der zweiten österreichischen Republik<br />

übernommen. Das faschismusgeprüfte Gesetz 547 blieb dann bis 1. Jänner 1976 in Kraft. Somit<br />

stellen sowohl das Inlandarbeiterschutzgesetz und die 1933er Verordnung über ausländische<br />

Arbeitnehmer eine ausländerpolitische und rechtskulturelle Klammer zwischen Demokratie<br />

und Faschismus 548 dar. Ihre jeweilige Anwendung in der Zeit von 1926 bis 1941<br />

beziehungsweise 1941 bis 1976 macht deutlich, dass die nationalistische und<br />

546<br />

Vgl. Gärtner (1940). Die Errichtung der Landesarbeitsämter in der Ostmark, 31.Mai, 1940, in: N.W.T., SoWiDok der AK<br />

Wien.<br />

547<br />

Noch wesentlich bedenklicher als die Überleitung eines Weimarer Gesetzes im Beschäftigungsbereich war die<br />

Überleitung der Ausländerpolizeiverordnung vom 22. August 1938 (RGBl. I, S.1053) ins österreichischen Rechtssystem<br />

(Wimmer 1986, 9). Hiermit wurde einen unmittelbaren Bestandteil des nationalsozialistischen Rassenterrors auf den<br />

Ausländer der Zweiter Republik angewendet. Die Verordnung (APVO) von 1938 stellt die Basis für die oben beschriebene<br />

Verordnung von 1939 dar. Sie ist in ihren Grundzügen antidemokratisch und menschenverachtend. Da diese Fortsetzung des<br />

Dritten Reichs in der Zweiten Republik bisher wenig Beachtung gefunden hat, soll hier einen kurzen Auszug aus Das neue<br />

deutsche Reichsrecht, Loseblattsammlung, Berlin (Ib16, S. 2) von Pfundtner-Neubert (1933-1944), den Charakter dieser<br />

Verordnung verdeutlichen. „Die APVO läßt in den leitenden Grundgedanken den Wandel gegenüber den Auffassungen des<br />

bisherigen Ausländerpolizeirechts erkennen. Die preußische APVO war von dem Gedanken beherrscht, daß grundsäzlich<br />

nur die subjektive Lästigkeit des Ausländers als Grundlage für ausländerpolizeiliche Maßnahmen dienen dürfe. In der<br />

vorliegende VO zeichnet sich die Weiterentwicklung zu dem Gedanken ab, nach dem den Belangen der Allgemeinheit und<br />

den Erfordernissen der Staatssicherheit andere Rücksichten in jedem Fall unterzuordnen sind. In Abkehr von dem im<br />

bisherigen Ausländerpolizeirecht beachteten Prinzip der Einzeltatbestände wird daher den Ausländerpolizeibehörde ein<br />

umfassender Ermessensbereich eingeräumt.‟ Diese Bestimmung blieb bei der Behandlung von Ausländern aus befreundeten<br />

Länder auch nach dem Inkrafttreten der APVO von 1939 aufrecht. Verstoße dagegen führten zur Ausweisung des<br />

Ausländers. (Dohse 1981, 122-123).<br />

548<br />

Diese Entwicklung war auch in der BRD erkennbar. In Jänner 1951 wurde - wie in Österreich 1945 - das<br />

nationalsozialistische APVO von 1938 für wiederanwendbar erklärt. Lediglich die rassistischen Bestimmungen des APVO<br />

von 1939, die eine völlige Entrechtlichung der Ausländer aus „Feindstaaten‟ vorsah, wurden nicht übernommen (Dohse<br />

1981, 141).

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