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REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER

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Erstgenannten entwickelte. Um diesen eklatanten Mißbrauch der montanen<br />

Versorgungswirtschaft - und dadurch den sich zuspitzenden Arbeiterunruhen -<br />

entgegenzuwirken, wurde dieses System - die sogenannte Pfennwirtschaft oder Trucksystem -<br />

in den böhmischen Ländern verboten. Da dies wegen der entlegenen Lage der alpinen<br />

Bergwerke oft nicht möglich war, regelte die Ferdinandeische Bergordnung von 1553 den<br />

Pfennhandel. Diese Regelung - die auch nach der Verabschiedung des österreichischen<br />

Berggesetzes von 1854 in den westlichen Reichsratsländern in seinen Grundzügen in Kraft<br />

blieb - stufte die Pfennwirtschaft als grundsätzlich nützlich ein, setzte jedoch ihre<br />

Freiwilligkeit voraus. Die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden modernen<br />

Arbeitnehmervertretungen achten stets darauf, dass die extreme Ausbeutung - die das<br />

Trucksystem potentiell ermöglichte - die Arbeitgeber nicht wieder zu einem Verhalten wie im<br />

Mittelalter verleitete (Sensenig 1990, 54-55). Diese organische Abwehrhaltung sowohl der<br />

Sozialdemokratie wie der christlichsozialen Arbeiterbewegung in der Ernährungsfrage prägte<br />

die Einstellung der Salzburger Berg- und Hüttenarbeiter zu den ab 1916 entstehenden<br />

Versorgungsengpässen im Ersten Weltkrieg. Hierdurch wird die Radikalität und der Umfang<br />

ihrer Kampfmaßnahmen, die ab 1917 zu einer regelrechten Streikwelle in den westlichen<br />

Reichsratsländern führte (Aggermann 1927, 205-207), verständlich.<br />

Inwiefern die vorwiegend sozialdemokratisch geprägte Bergarbeitertradition Salzburgs des<br />

19. und frühen 20. Jahrhunderts zum Zusammenhalt zwischen den inländischen und<br />

ausländischen Arbeitern im Ersten Weltkrieg geführt hat, ist schwer zu beurteilen. Einige<br />

Indizien deuten jedoch darauf hin, dass dies der Fall war. Bereits am 2.August 1917 trat die<br />

gesamte Belegschaft der Mitterberger Kupfer AG - Inländer wie Ausländer - wegen<br />

ungenügender Lebensmittelversorgung in den Streik. Am 3. August konnte dann<br />

telegraphisch berichtet werden: “ausstand muehlbach heute beigelegt wegen morgiger<br />

lebensmittelfassung faehrt arbeiterschaft erst naechsten montag an = revierbergamt”<br />

(MföA,1917,719,88854). Von noch größerer Aussagekraft ist eine am Ersten Mai 1917 von<br />

den Sudhüttenarbeiter unerlaubt abgehaltene, jedoch am 4. Mai nachträglich genehmigte<br />

Friedensdemonstration (FM,1917,39139). Es ist anzunehmen, dass sich die Halleiner Arbeiter<br />

bei so einer Manifestation mit ihren hungernden russischen Kollegen solidarisiert haben.<br />

Bereits am 10.Mai 1917 traten 30 stabile russische Kgf. wegen “angeblich mangelhafte(r)<br />

Verpflegung” bei der Sudhütte in den Ausstand. Dieser Streik wurde - in Gegensatz zu

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