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REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER

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“Parole! Bist Du für ein freies und deutsches, unabhängiges und soziales, für ein christliches<br />

und einiges Österreich! Für Friede und Arbeit und die Gleichberechtigung aller die sich zu<br />

Volk und Vaterland bekennen.” (Hanisch 1983, 22)<br />

Das Versprechen der zukünftigen Gleichberechtigung aller, die bei der Volksabstimmung mit<br />

“ja” stimmten, sollte die Sozialdemokraten und Kommunisten gezielt in den vaterländischen<br />

Kampf gegen den Nazis einbeziehen. (Hanisch 1983, 20; Garscha 1987, 265) Obwohl<br />

Österreich im Text als “deutsches” und “christliches” Land bezeichnet wurde, sollte dies<br />

nicht als eine gegen die Tschechen, Polen, Italiener oder Juden gerichtete Parole, sondern als<br />

eine plakative Betonung der Bedeutung Österreichs als zweiter deutscher Staat, als<br />

Alternative zum gehässigen Deutschtum des Nationalsozialismus gewertet werden. Besonders<br />

bei den christlichsozialen Arbeiterorganisationen war ein überschäumender<br />

Deutschnationalismus atypisch.<br />

“Ein auf seine Eigenständigkeit bedachtes Österreich als Träger des "universalen<br />

Deutschtums" (ergab, E.S.) ein Weder-noch: Weder sollte Österreich den Weg einer eigenen<br />

nationalen Entwicklung nach dem Modell der Schweiz oder Hollands gehen, noch sollte<br />

Österreich Provinz eines Deutschlands werden, dessen Geistigkeit offenbar von einem<br />

anderen, schlechteren, nicht universalen Deutschtums geformt war. “ (Pelinka 1972, 207)<br />

Das Deutsche Reich übernahm somit eine ostmärkische Provinz, die in sich tief gespalten<br />

war. Durch Verbot und Benachteiligung verbittert, waren die österreichischen<br />

Nationalsozialisten besonders brutal, sowohl gegenüber ihren ehemaligen Gegnern - den<br />

Christlichsozialen - wie auch gegen die in Österreich noch tolerierten Juden. Andererseits war<br />

die Durchschnittsbevölkerung der Ostmark noch nicht rassistisch radikalisiert gegen alles<br />

Jüdische bzw. Slawische. Es fehlten die fünf Jahre Umerziehungsarbeit, die die<br />

Nationalsozialisten zwischen 1933 und 1938 in Friedenszeiten im Deutschen Reich geleistet<br />

hatten. In dem einen Friedensjahr und den sechs Kriegsjahren, in der die Deutschen<br />

Österreichs Angehörige des Deutschen Reiches bleiben sollten, kristallisierte sich langsam<br />

ein österreichisches Nationalbewußtsein heraus. Dieses bildete sich einerseits aus den<br />

unmittelbare erfahrbaren Unterschieden zwischen dem heimischen Deutschtum und den<br />

reichsdeutschen Regionalkulturen und andererseits aus einer Abneigung gegen ein äußerst<br />

unterdrückerisches und schließlich dennoch erfolgloses Unrechtssystem heraus. Dieser

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