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REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER

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368<br />

um die Ausgrenzung der Juden bzw. jüdischen Slawen und ihrer Nachkommen (Besenböck<br />

1992; Grandner 1995; Mussak 1995). 514<br />

Die Erste Republik ging - genau wie die Tschechoslowakei und Jugoslawien - sofort daran<br />

den Zugang zum Arbeitsmarkt für Staatsfremde zu erschweren. Dieser Politik lagen sowohl<br />

nationalistische wie auch sozialpolitische Überlegungen zugrunde. Von Pinzgau ausgehend<br />

wurde zu Beginn der Bausaison 1921 die Rückkehr der traditionsreichen Trentiner<br />

Hochgebirgsbauarbeiterbrigaden (Mineure und Steinmaurer) durch die dortigen<br />

Bauarbeitergewerkschaft angeprangert (MfSVer,1921,61/27788). Mit Unterstützung der<br />

Salzburger Arbeiterkammer und Landesregierung wurde durchgesetzt, dass bei der<br />

Arbeitsplatzbestellung Deutschösterreicher und Reichsdeutsche allen anderen<br />

Arbeitsuchenden vorgezogen wurden (MfSVer,1922,21/21391). Diese deutschnationale<br />

Schlagseite der Beschäftigungspolitik wurde in Salzburg und Vorarlberg bereits 1923<br />

abgeschwächt. Mit dem Beginn der Masseneinwanderung reichsdeutscher Arbeitslosen,<br />

verursacht durch die Wirtschaftskrise der Weimarer Republik, konnte die Bevorzugung von<br />

deutschsprachigen Ausländern nicht mehr aufrechterhalten werden. Die von den beiden<br />

Landesregierungen verabschiedeten ethnisch neutralen Inländerschutzbestimmungen wurden<br />

zwar von der Bundesregierung wieder aufgehoben, sie erhöhten jedoch den Druck auf Wien,<br />

eine umfassende Ausländerbegrenzung einzuführen. Das Inlandsarbeiterschutzgesetz wurde<br />

darauf 1925 vom Nationalrat verabschiedet (Pelz 1994). Es richtete sich sowohl gegen<br />

Reichsdeutsche wie gegen Italiener, Jugoslawen, Polen, Tschechoslowaken und Ungarn, war<br />

also formalrechtlich ethnisch neutral.<br />

Auch in einem zweiten wesentlichen Bereich waren die Bestimmung der Zwischenkriegszeit,<br />

die Ausländer diskriminierten eher sozialpolitisch als ethnisch ausgerichtet, nämlich beim<br />

Zugang von Fremden zur betrieblichen Mitbestimmung. Das 1919 verabschiedete<br />

Betriebsratsgesetz sah ausdrücklich vor, dass die "Staatsbürgerschaft (...) für die<br />

Wahlberechtigung ohne Bedeutung" sei. (MfSVer,1919,509,15584); dies im Gegensatz zum<br />

dem Deutschen Reich und der Tschechoslowakei. 515 Diese liberale und ethnisch tolerante<br />

514 Dies wird u.a. dadurch erkennbar, daß nichtjüdische Italiener beim Staatsbürgerschaftserwerb nach 1918 sich auch dann<br />

leicht taten, wenn sie der deutschen Sprache nicht mächtig waren (Rudigier 1996, 162).<br />

515 In der Tschechoslowakei hieß es: “Ausländer (sind) nur dann wahlberechtigt (…), wenn die Heimatstaaten<br />

tschechoslowakischen Bürgern dasselbe Recht gewähren; wählbar sind die Ausländer aber nicht” (Stein 1921, 143). Im<br />

Deutschen Reich hingegen: “Wahlberechtigt sind alle mindestens 18 Jahre alten männlichen und weiblichen Arbeitnehmer,<br />

die sich im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte befinden.” (MfSVer,1919,509,20822) Somit wird klar, daß

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