REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER

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14.02.2013 Aufrufe

356 Gemeinden von diesem Fremdenrecht auch häufig Gebrauch. Es entstand somit in vielen Industrieorten eine gewisse Abwehrhaltung, die mit allen Mitteln die Interessen der wohlhabenden angestammten Bevölkerung gegen die der minderbemittelten Zugereisten zu verteidigen versuchten (Spiegel 1898; Waldert 1926; Rudigier 1995). 2. Hallein im Krieg Am Vorabend des Ersten Weltkriegs stellten Hallein und Dürrnberg einen Raum dar, für den Einwanderung zwar nicht fremd war, dessen Zuwanderer jedoch großteils aus den deutschsprachigen Ländern stammten und somit nicht als kulturell fremd bezeichnet werden können. Mit dem Ausbruch der Feindseligkeiten im Juli 1914 würde sich diese Lage einschneidend verändern. Am 28. April 1915 traf das erste Kontingent russischer Kriegsgefangenen in dem neu errichteten Grödiger Lager ein. Im Laufe des Kriegs würde sich Grödig zum zweitgrößten Kriegs- und Flüchtlingslager Cisleithaniens entwickeln. Russische, italienische und serbische Kriegsgefangene, cisleithanische und staatsfremde Flüchtlinge fanden sowohl in der Landwirtschaft wie in der Industrie Beschäftigung. Nach dem Friedensvertrag mit Rußland wurden die russischen Kriegsgefangenen rasch repatriiert. Die in Hallein zahlreich vorhandenen Italiener wurden erst mit dem Zusammenbruch der Monarchie entlassen. In den zwei Jahrzehnten der Kleinstaatlichkeit zwischen dem Ersten und Zweiten Weltkrieg schütteten sich die Nachfolgerstaaten des ehemaligen Habsburger Reiches allmählich voneinander ab. Sowohl aus arbeitsmarktpolitischen Gründen wie aus nationalen Überlegungen wurden ehemals inländische Italiener und Tschechen - aber genauso bayrische Arbeitsuchende - aus Salzburg abgedrängt. Die Sozial- und Beschäftigungspolitik der deutschösterreichischen Ersten Republik nahm einen chauvinistischen Tenor an, der sich im Ständestaat und Nationalsozialismus radikal steigern sollte. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs kamen wiederum Zehntausende befreundete Gastarbeiter und Flüchtlinge sowie feindliche Kriegsgefangene und Fremdarbeiter nach Salzburg. Wie im Ersten Weltkrieg, wurden sie - neben der Landwirtschaft - in den traditionellen Ausländerindustrien, wie Bau und Bergbau eingesetzt.

a. Großwirtschaftsraum Cisleithanien 357 Bereits während der Mobilisierung der österreichisch-ungarischen Armee in Vorbereitung auf den Krieg mit Serbien und Rußland wurde deutlich, dass sich die Aufhebung der Militärbefreiung der Bergarbeiter für die Kriegsführung langfristig rächen wurde. Beschäftigung in den Salinen des heutigen Österreichs unmittelbar vor dem Ersten Weltkrieg Land/Arbeiter Personen Männer Weiber Jugendliche Kriegsgefang. Oberöst.1911 1912 1913 1914 Salzburg 1911 1912 1913 1914 Stmk. 1911 1912 1913 1914 Tirol 1911 1912 1913 1914 1.326 1.335 1.320 1.206 355 363 365 346 484 454 453 318 260 245 250 224 1.318 1.322 1.305 1.187 353 351 363 345 484 449 448 313 252 242 247 221 Quelle: Statistik des Bergbaus in Österreich 1911-1914, Wien 8 13 15 15 2 2 2 1 0 5 5 5 0 0 0 (1m., 3w.) 4 Die Beschäftigungslage in den Salinen der Reichsratsländer des heutigen Österreichs wie bei den anderen Bergwerken in Salzburg war in den Jahren unmittelbar vor Kriegsausbruch relativ stabil. Obwohl in der Tabelle nicht nachvollziehbar, gingen die Beschäftigungszahlen im Hochsommer 1914 in existenzbedrohender Weise zurück. Den Bergwerken und Hüttenbetrieben werden teilweise über 50% ihrer Arbeiter entzogen. Manche mussten sogar schließen, da sie nicht an Kohle, Dynamit oder Kapital heran kamen. 8 3 3 3 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0

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Gemeinden von diesem Fremdenrecht auch häufig Gebrauch. Es entstand somit in vielen<br />

Industrieorten eine gewisse Abwehrhaltung, die mit allen Mitteln die Interessen der<br />

wohlhabenden angestammten Bevölkerung gegen die der minderbemittelten Zugereisten zu<br />

verteidigen versuchten (Spiegel 1898; Waldert 1926; Rudigier 1995).<br />

2. Hallein im Krieg<br />

Am Vorabend des Ersten Weltkriegs stellten Hallein und Dürrnberg einen Raum dar, für den<br />

Einwanderung zwar nicht fremd war, dessen Zuwanderer jedoch großteils aus den<br />

deutschsprachigen Ländern stammten und somit nicht als kulturell fremd bezeichnet werden<br />

können. Mit dem Ausbruch der Feindseligkeiten im Juli 1914 würde sich diese Lage<br />

einschneidend verändern. Am 28. April 1915 traf das erste Kontingent russischer<br />

Kriegsgefangenen in dem neu errichteten Grödiger Lager ein. Im Laufe des Kriegs würde sich<br />

Grödig zum zweitgrößten Kriegs- und Flüchtlingslager Cisleithaniens entwickeln. Russische,<br />

italienische und serbische Kriegsgefangene, cisleithanische und staatsfremde Flüchtlinge<br />

fanden sowohl in der Landwirtschaft wie in der Industrie Beschäftigung. Nach dem<br />

Friedensvertrag mit Rußland wurden die russischen Kriegsgefangenen rasch repatriiert. Die in<br />

Hallein zahlreich vorhandenen Italiener wurden erst mit dem Zusammenbruch der Monarchie<br />

entlassen.<br />

In den zwei Jahrzehnten der Kleinstaatlichkeit zwischen dem Ersten und Zweiten Weltkrieg<br />

schütteten sich die Nachfolgerstaaten des ehemaligen Habsburger Reiches allmählich<br />

voneinander ab. Sowohl aus arbeitsmarktpolitischen Gründen wie aus nationalen<br />

Überlegungen wurden ehemals inländische Italiener und Tschechen - aber genauso bayrische<br />

Arbeitsuchende - aus Salzburg abgedrängt. Die Sozial- und Beschäftigungspolitik der<br />

deutschösterreichischen Ersten Republik nahm einen chauvinistischen Tenor an, der sich im<br />

Ständestaat und Nationalsozialismus radikal steigern sollte. Nach Ausbruch des Zweiten<br />

Weltkriegs kamen wiederum Zehntausende befreundete Gastarbeiter und Flüchtlinge sowie<br />

feindliche Kriegsgefangene und Fremdarbeiter nach Salzburg. Wie im Ersten Weltkrieg,<br />

wurden sie - neben der Landwirtschaft - in den traditionellen Ausländerindustrien, wie Bau<br />

und Bergbau eingesetzt.

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