REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER

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14.02.2013 Aufrufe

352 und kulturell stark beeinflußten. Sowohl im Ersten wie im Zweiten Weltkrieg arbeiteten Tausende von Kriegsgefangenen und feindliche, zivile Ausländer im Tennengau. Hat die Bergbautradition Halleins und Dürrnbergs das Zusammenleben und Zusammenarbeiten von Inländern und Ausländern im Krieg beeinflußt? Kann man vom einer eigenständigen österreichischen Kriegsalltag sprechen? 1. Ausländer im regionalen Raum - Hallein Als historisches Zentrum des Bergbaus war Hallein Nutznießer der Privilegien dieses Industriezweiges. Hierzu zählten im Mittelalter die Zollfreiheit 506 bei der Einfuhr "von Rohprodukten und Lebensmittel, damit Fertigfabrikate nicht durch den Einfuhrzoll belastet werden" (Philippovich 1935, 183) und eine eigenständige Berggerichtsbarkeit, die der Landesfürst im Rahmen der Bergfreiheit an die sogenannten Gewerkschaften - d.h. die Unternehmer, die des Fürsten Metallerze und Salz abbauten - verlieh (Stadlober 1968, 279). Die Beherrschung der Techniken der Bergbaukunst galt im Mittelalter als einer Art internationaler Reisepaß. Da die Bergarbeiter den Zugang zum Beruf anfangs allein kontrollierten, waren die Geheimnisse ihrer Kunst sicher. Sie konnten sich somit, je nach wirtschaftlicher Lage, in Europa und darüber hinaus frei bewegen und stellten im ausgehenden Mittelalter eine Rasse für sich dar. Kunst (im Sinne eines besonderen gewerblichen Könnens) machte somit frei. "Die kraft ihrer Beherrschung der Abbautechnik und Schmelzgeheimnisse faktisch unabhängigen und begehrten Bergleute werden persönlich frei (...) und auch freizügig, und aus dieser Freizügigkeit, in welcher sie noch gegen Ende des Mittelalters geradezu im Schwärmen von Fundort zu Fundort wanderten (noch Luthers Vater gehörte dazu), erwuchs dann der - schon im Mittelalter umkämpfte - Satz von der Bergbaufreiheit." (Ebel 1963 16). a. Militärbefreiung Als eine besondere Begünstigung sowohl der Gewerkschaften wie der einzelnen Bergarbeiter galt die Militärbefreiung. Seit 1525 waren die montanistischen Bezirke grundsätzlich von der 506 In Hallein durften “(v)or allem (…)Getreide, Wein und andere Handelsgüter mautfrei für den Eigenbedarf eingeführt werden.” (Schatteiner 1991, 2672)

353 Werbung zum Militär befreit. Dadurch sollten die für die Wirtschaft wichtigen Facharbeiter erhalten und junge Männer ermutigt werden, den Beruf des Knappen zu ergreifen. Dies war in Anbetracht der Tatsache, dass der Militärdienst viel länger dauerte als heute und somit den Bergwerksunternehmern dringend benötigte Mitarbeiter dauerhaft entzog werden konnten um so bedeutender. Nach den Bestimmungen der Militärbefreiung mussten die Bergwerksbezirke nur in Ausnahmefällen kurzfristig Arbeiterkontingente zum Mineurdienst abgeben, vor allem dann, wann ihre Fachkenntnisse bei der Kriegsführung dringend gebraucht wurden (Pferschy 1971). "Den Bergleuten gleichgestellt waren die Salniter- und Südknechte in den Salinen, und zwar für die Zeit, für die sie sich für diese Arbeit verstanden." (Gundacker 1967, 7) 1715 wurde die Befreiung noch erweitert und verallgemeinert. Bei der militärischen Rekrutierung durfte niemand, der in einem Bergwerk - "Gruben oder Hütte" - arbeitete, angeworben werden. Lediglich "jene Arbeiter, die nur zu mechanischen Arbeiten gebraucht werden und leicht zu ersetzen sind, (waren) unter dieser Befreiung nicht begriffen". Die umfassende Befreiung unterstützte sowohl die staatlichen wie die gleichgestellten privaten Bergwerken und Hüttenbetrieben im Zeitalter des Merkantilismus bei der Stabilisierung ihrer Beschäftigungslage. "Diese Vorschriften waren ein starker Anreiz für junge Männer in der Bergarbeit einzutreten, weil ja, wie viele Entlassungsscheine aus dem Militärdienst zeigen, die Dienstzeit sieben und auch mehr Jahre betrug." (Gundacker 1967, 7) Im Rahmen der allgemeinen Liberalisierung der Wirtschaft in West- und Mitteleuropa wurden dann die Privilegien des Bergbaus aufgehoben. Das österreichische Berggesetz von 1854 galt als ein Versuch, die wirtschaftlichen Entwicklungen am Berg während der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts Rechnung zu tragen und nachträglich zu sanktionieren (Sensenig 1990, 80). Die Militärbefreiung als wichtigstes Privileg der Bergarbeiter wurde 1828 abgeschafft. Dies geschah auf Drängen der nicht privilegierten Industrien und vor allem der Bergwerksbezirke selber. Bei der Reform der Militärbefreiung im Jahre 1757 wurde nämlich die umfassende Befreiung für den jeweiligen gesamten montanistischen Bezirk aufgehoben und auf die unmittelbar im Bergbau und in der Aufbereitung Beschäftigten eingeengt. Die Bergarbeiter wurden zwar bei der Erstellung der Werbequoten mitberücksichtigt, die Gemeindekontingenten jedoch nicht ermäßigt. Dadurch waren die Werber gezwungen, ihren Soll aus den Reihen der Restbevölkerung zu erfüllen, was zu einer erhöhten Belastung der um Arbeitskräfte konkurrierenden benachbarten Industrien führte. Im Namen des Gleichheitsgrundsatzes wurde beschlossen, "dass die Wehrpflicht eine ausnahmslose für alle

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Werbung zum Militär befreit. Dadurch sollten die für die Wirtschaft wichtigen Facharbeiter<br />

erhalten und junge Männer ermutigt werden, den Beruf des Knappen zu ergreifen. Dies war in<br />

Anbetracht der Tatsache, dass der Militärdienst viel länger dauerte als heute und somit den<br />

Bergwerksunternehmern dringend benötigte Mitarbeiter dauerhaft entzog werden konnten um<br />

so bedeutender. Nach den Bestimmungen der Militärbefreiung mussten die Bergwerksbezirke<br />

nur in Ausnahmefällen kurzfristig Arbeiterkontingente zum Mineurdienst abgeben, vor allem<br />

dann, wann ihre Fachkenntnisse bei der Kriegsführung dringend gebraucht wurden (Pferschy<br />

1971). "Den Bergleuten gleichgestellt waren die Salniter- und Südknechte in den Salinen, und<br />

zwar für die Zeit, für die sie sich für diese Arbeit verstanden." (Gundacker 1967, 7) 1715<br />

wurde die Befreiung noch erweitert und verallgemeinert. Bei der militärischen Rekrutierung<br />

durfte niemand, der in einem Bergwerk - "Gruben oder Hütte" - arbeitete, angeworben<br />

werden. Lediglich "jene Arbeiter, die nur zu mechanischen Arbeiten gebraucht werden und<br />

leicht zu ersetzen sind, (waren) unter dieser Befreiung nicht begriffen". Die umfassende<br />

Befreiung unterstützte sowohl die staatlichen wie die gleichgestellten privaten Bergwerken<br />

und Hüttenbetrieben im Zeitalter des Merkantilismus bei der Stabilisierung ihrer<br />

Beschäftigungslage. "Diese Vorschriften waren ein starker Anreiz für junge Männer in der<br />

Bergarbeit einzutreten, weil ja, wie viele Entlassungsscheine aus dem Militärdienst zeigen,<br />

die Dienstzeit sieben und auch mehr Jahre betrug." (Gundacker 1967, 7)<br />

Im Rahmen der allgemeinen Liberalisierung der Wirtschaft in West- und Mitteleuropa<br />

wurden dann die Privilegien des Bergbaus aufgehoben. Das österreichische Berggesetz von<br />

1854 galt als ein Versuch, die wirtschaftlichen Entwicklungen am Berg während der ersten<br />

Hälfte des 19. Jahrhunderts Rechnung zu tragen und nachträglich zu sanktionieren (Sensenig<br />

1990, 80). Die Militärbefreiung als wichtigstes Privileg der Bergarbeiter wurde 1828<br />

abgeschafft. Dies geschah auf Drängen der nicht privilegierten Industrien und vor allem der<br />

Bergwerksbezirke selber. Bei der Reform der Militärbefreiung im Jahre 1757 wurde nämlich<br />

die umfassende Befreiung für den jeweiligen gesamten montanistischen Bezirk aufgehoben<br />

und auf die unmittelbar im Bergbau und in der Aufbereitung Beschäftigten eingeengt. Die<br />

Bergarbeiter wurden zwar bei der Erstellung der Werbequoten mitberücksichtigt, die<br />

Gemeindekontingenten jedoch nicht ermäßigt. Dadurch waren die Werber gezwungen, ihren<br />

Soll aus den Reihen der Restbevölkerung zu erfüllen, was zu einer erhöhten Belastung der um<br />

Arbeitskräfte konkurrierenden benachbarten Industrien führte. Im Namen des<br />

Gleichheitsgrundsatzes wurde beschlossen, "dass die Wehrpflicht eine ausnahmslose für alle

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