REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER

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14.02.2013 Aufrufe

346 den beiden deutschen Staaten war die Arbeitsmarktzugang für Österreich vor dem März 1938 bereits gegeben gewesen. Was sich mit der Übernahme der österreichischen Arbeitsämter durch das Reich zusätzlich mit sich brachte, war die Möglichkeit direkt vor Ort österreichischen Arbeitslose anzuwerben, beziehungsweise bereits beschäftigten abzuwerben. Das nachträgliche Verbot dieser wilden Werbetätigkeit hatte anscheinend nicht viel genutzt. "Arbeitskräfte dürfen aus Österreich nicht abgezogen werden. Der Arbeitseinsatz in Österreich. (Juni 1938, E.S.) Die Reichswirtschaftskammer hat nachstehenden Erlaß veröffentlicht: Nach übereinstimmenden Beobachtungen österreichischer Wirtschaftskreise wie der Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung hat in den letzten 14 Tagen durch eine umfangreiche Werbetätigkeit reichsdeutscher Firmen in Österreich eine sehr fühlbare Abwanderung von Fachkräften aus dem Lande Österreich eingesetzt, und zwar nicht nur aus den Reihen der Arbeitslosen, sondern auch aus den Reihen der Beschäftigten. Wir sehen uns daher (...) veranlaßt, darauf hinzuweisen, dass jede Art der unmittelbaren Anwerbung von Arbeitskräfte (...) unterbleiben muß. (...) Zur Vermeidung umfassender gesetzlicher Abzugsbeschränkungen sind wir mit der Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung übereingekommen, dass die Vermittlung von Arbeitskräften, die im Lande Österreich entbehrlich sind, nur durch die Dienststellen der Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung erfolgt." (Fachblatt 1938) Bei der Münchner Verhandlungen zwischen dem Deutschen Reich, Italien, Frankreich und Großbritannien wurde Hitler am 29. September 1938 das Sudetenland zugesprochen. "Durch die Angliederung der Rübenbaugebiete Südmährens und durch die Einschaltung der Ostmark in die Erzeugungsschlacht" stieg den Bedarf an ausländischen Arbeitskräfte in Österreich ständig an (MfLFW,1939,598,10527). Bis zur Einmarsch der reichsdeutschen Wehrmacht - nun gestärkt durch den Zusammenschluß mit dem österreichischen Heer - in Prag am 15. März 1939 war man gezwungen weiterhin mit der Tschechoslowakei als hartnäckigen Verhandlungspartner in der Saisonarbeiterfrage sich auseinanderzusetzen. Durch das Auftreten Frankreichs "als Werber für Wanderarbeiter in der Tschechoslowakei" wurde die Position des Deutschen Reichs nicht gerade verstärkt (MfLFW,1939,598,10527). Mit den Tschechen, Slowaken, Ungarn und Jugoslawen, die bereits in März 1938 angeworben waren und sich teilweise schon im Lande befanden, hatte man Verträge nach dem alten

347 Rechtssystem unterzeichnet. Offen war nun, ob die Entlohnung "in RM oder in der Währung des Heimatlandes des Arbeiters erfolgen sollt(te) (Pengö, Kronen). Nach dem Vertrag mit den ung. Wanderarbeitern (waren) die einzelnen Lohnsätze in Schillingen angegeben, doch (hatte) die Auszahlung an den Arbeiter in Pengö zu erfolgen (§5, Punkt 14). Im Vertrag mit den tschechosl. Wanderarbeitern (waren) die Löhne in tschechosl. Währung festgesetzt; der Lohn (war) den Arbeitern in tschechosl. Währung auszubezahlen (§ 5, Abs. 16 Normalarbeitsvertrages)." Eine einseitige Auszahlung in Reichsmark hätte eine Verletzung des Ressortübereinkommens dargestellt. Da die erste Rate bei der ersten Heimatbeurlaubung in Juni vorgesehen war, musste rasch entschieden werden. (MfLFW,1938,602,26832). So wurde für das Übergangsjahr 1938 für die tschechoslowakischen und ungarischen Arbeiter einen Kompromißlösung gesucht, wonach die Sätzen der im Altreich arbeitenden Wanderarbeiter als Vorgabe galten, Abweichungen entsprechend der Arbeitszeit und Saisondauer in Österreich jedoch zulässig waren. "Die im bisherigen Reichsgebiet geltende Regelung für den Transfer von Lohnersparnissen tschechoslowakischer und ungarischer landwirtschaftlicher Wanderarbeiter kann aus technischen Gründen nicht ohne weiteres auf die in Österreich tätigen Wanderarbeiter übertragen werden. Um jedoch eine materielle Gleichbehandlung zu erzielen, ersuchen ich folgendermassen zu verfahren, wobei die aus den beigefügten Allgemeinen Erlassen 22/38, 58/38 und 66/38 D.St. ersichtlichen Bestimmungen weitgehend entsprechend anzuwenden sind." Eine Obergrenze von umgerechnet 350 RM jährlich und 35 RM monatlich wurde festgelegt (MfLFW,1938,602,36613). Für die Auszahlung der Ungarn wurde ein Devisentransfer in Wert von 250.000 für die Tschechoslowaken in Wert von 700.000 RM von Berlin nach Wien von der Devisenstelle der Reichsanstalt bewilligt. (MfLFW,1938,602,32550). Ähnliche Kompromißlösungen wurden im Bedarfsfall für Arbeiter aus Polen, Jugoslawien und Italien in Aussicht gestellt (MfLFW,1938,602,36613). Ging die Umstellung im Jahr 1938 für die ostmärkische Landwirtschaft glimpflich über die Bühne, so wußten allen Beteiligte, dass das Jahr 1939 nicht mehr so einfach zu bewältigen sein wurde. In Berlin hatte Staatssekretär Dr. Friedrich Syrup bereits seit Mitte der 20er Jahre sich mit den österreichischen Arbeitsmarkt beschäftigt (siehe oben) und sicherte den ostmärkischen Bauernschaft bereits vor dem Einmarsch in Prag den Zufuhr von ausreichenden Slowakischen Arbeitskräfte zu. Angesichts der Entwicklung am

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den beiden deutschen Staaten war die Arbeitsmarktzugang für Österreich vor dem März 1938<br />

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durch das Reich zusätzlich mit sich brachte, war die Möglichkeit direkt vor Ort<br />

österreichischen Arbeitslose anzuwerben, beziehungsweise bereits beschäftigten abzuwerben.<br />

Das nachträgliche Verbot dieser wilden Werbetätigkeit hatte anscheinend nicht viel genutzt.<br />

"Arbeitskräfte dürfen aus Österreich nicht abgezogen werden. Der Arbeitseinsatz in<br />

Österreich. (Juni 1938, E.S.)<br />

Die Reichswirtschaftskammer hat nachstehenden Erlaß veröffentlicht: Nach<br />

übereinstimmenden Beobachtungen österreichischer Wirtschaftskreise wie der Reichsanstalt<br />

für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung hat in den letzten 14 Tagen durch eine<br />

umfangreiche Werbetätigkeit reichsdeutscher Firmen in Österreich eine sehr fühlbare<br />

Abwanderung von Fachkräften aus dem Lande Österreich eingesetzt, und zwar nicht nur aus<br />

den Reihen der Arbeitslosen, sondern auch aus den Reihen der Beschäftigten. Wir sehen uns<br />

daher (...) veranlaßt, darauf hinzuweisen, dass jede Art der unmittelbaren Anwerbung von<br />

Arbeitskräfte (...) unterbleiben muß. (...) Zur Vermeidung umfassender gesetzlicher<br />

Abzugsbeschränkungen sind wir mit der Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung<br />

übereingekommen, dass die Vermittlung von Arbeitskräften, die im Lande Österreich<br />

entbehrlich sind, nur durch die Dienststellen der Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und<br />

Arbeitslosenversicherung erfolgt." (Fachblatt 1938)<br />

Bei der Münchner Verhandlungen zwischen dem Deutschen Reich, Italien, Frankreich und<br />

Großbritannien wurde Hitler am 29. September 1938 das Sudetenland zugesprochen. "Durch<br />

die Angliederung der Rübenbaugebiete Südmährens und durch die Einschaltung der Ostmark<br />

in die Erzeugungsschlacht" stieg den Bedarf an ausländischen Arbeitskräfte in Österreich<br />

ständig an (MfLFW,1939,598,10527). Bis zur Einmarsch der reichsdeutschen Wehrmacht -<br />

nun gestärkt durch den Zusammenschluß mit dem österreichischen Heer - in Prag am 15.<br />

März 1939 war man gezwungen weiterhin mit der Tschechoslowakei als hartnäckigen<br />

Verhandlungspartner in der Saisonarbeiterfrage sich auseinanderzusetzen. Durch das<br />

Auftreten Frankreichs "als Werber für Wanderarbeiter in der Tschechoslowakei" wurde die<br />

Position des Deutschen Reichs nicht gerade verstärkt (MfLFW,1939,598,10527). Mit den<br />

Tschechen, Slowaken, Ungarn und Jugoslawen, die bereits in März 1938 angeworben waren<br />

und sich teilweise schon im Lande befanden, hatte man Verträge nach dem alten

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