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REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER

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341<br />

genehmigungspflichtigen Landwirtschaft wurde die vorwiegend sozialdemokratischen<br />

Gewerkschafts- und Arbeiterkammervertreter mit Mitglieder der faschistischen<br />

Gewerkschaften ersetzt. Bei der Festlegung der jährlichen Kontingentierung blieb die von<br />

sozialdemokratischen Vorsitzender der Gewerkschaft für Land- und Forstwirtschaft Pius<br />

Schneeberger durchgesetzte Paritätische Beirat im Amt. Die Arbeitnehmerinteressen wurden<br />

nun von Dr. Gustav Neubner, Sekretär der gleichgeschalteten niederösterreichischen<br />

Landarbeiterschaft wahrgenommen (MfLFW,1937,604,57119). 501 Lediglich im unmittelbaren<br />

betrieblichen Bereich gab es für den Staatsfremden eine bedeutende Änderung ihrer Lage.<br />

Nach dem Betriebsratsgesetz von 1919 war bei der Kandidatur zum Betriebsrat "die<br />

Staatsbürgerschaft (...) für die Wahlberechtigung ohne Bedeutung" (Adler 1925, 44), dies<br />

kam vor allem den zahlreichen Reichsdeutsche und Tschechoslowaken zu Gute 502 . Nach der<br />

faschistischen Machtergreifung in Februar Jahre 1934 wurden die Sozialdemokraten und<br />

Kommunisten aus der betrieblichen Vertretungskörperschaften entfernt. Viele dieser<br />

Betriebsratsmitglieder waren entweder tschechoslowakische oder jüdische Abstammung, oder<br />

beides zugleich. 503 Die katholischfaschistischen Vaterländische Front befand sich in einem<br />

Konkurrenzkampf mit den verbotenen österreichischen Nationalsozialisten und drängte nun -<br />

analog der Deutschen Arbeitsfront (DAF) der Nazis im Deutschen Reich - dass auch in<br />

Österreich die Betriebsratsarbeit gleichgeschalten werden sollte. Durch den Ausschluß der<br />

Nazis aus dem Betriebsratsarbeit wurden - bei den Ausländer - vor allem den<br />

Reichsdeutschen betroffen. Es ist anzunehmen, da einen Großteil der von den<br />

Austrofaschisten bekämpften politisch engagierten Ausländern, durch ihre Zugehörigkeit zur<br />

einer der drei verbotenen Parteien ohnehin aus der betrieblichen Mitbestimmung ausgegrenzt<br />

wurden, dass eine direkte Ausschluß von Staatsfremde als unnotwendig erachtet wurde.<br />

"Seinerzeit wurde bei dem Verbot der sozialdemokratischen Partei angeordnet, dass<br />

Betriebsräte, die auf Grund sozialdemokratischer oder freigewerkschaftlicher Vorschlag<br />

gewählt wurden, ihr Mandat zurückzulegen haben. Eine ähnliche Verfügung für die<br />

Arbeit der zukünftigen Arbeiterkammer ausgrenzen. Die Tradition dieser kaiserlichen Rassentrennung in der<br />

Arbeiterkammerpolitik Österreichs hat sich bis heute fortgesetzt.<br />

501<br />

Es sollte hier betont werden, daß die Gewerkschaften nie den Anspruch erhoben haben, die Interessen der tschechischen<br />

und slowakischen Landarbeiter zu vertreten. Es wurde seit 1918 einen a priori Widerspruch zwischen den inländischen und<br />

ausländischen Arbeitnehmer vorausgesetzt.<br />

502<br />

Allein in Wien lebten 1934 58.166 Tschechoslowaken, 13.288 Reichsdeutsche, aber auch 21.324 Polen und 9.598<br />

Ungarn.<br />

503<br />

Nach Hautmann hatten bereits bei den revolutionäre Arbeiterräte am Ende der Ersten Weltkrieges die Tschechen eher zu<br />

den Sozialdemokraten tendiert. Die jüdischen Arbeiter teilten sich zwischen dem kommunistischen Poale Zion und<br />

sozialdemokratischen Bund (1987, 504).

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