14.02.2013 Aufrufe

REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER

REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER

REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

318<br />

Die vorläufige Krönung der reichsdeutschen Ausländerpolitik der Nachkriegsjahre waren die<br />

Verordnung über die Anwerbung und Vermittlung ausländischer Landarbeiter. Vom 19.<br />

Oktober 1922 und die Verordnung über die Einstellung und Beschäftigung ausländischer<br />

Arbeiter. Vom 2. Januar 1923. Beide Verordnungen waren mit paritätischen<br />

Genehmigungsverfahren versehen. 469 Diese Verordnungen waren arbeitsplatzorientiert, das<br />

heißt, sie regelten welche Arbeitsplätze für Ausländer zugelassen waren; verliehen den<br />

Ausländern aber dadurch keine Rechte. Bezeichnend ist auch, dass hier die Bereiche<br />

Landwirtschaft und Industrie getrennt geregelt wurden; diese Entwicklung sollte sich in<br />

Österreich wiederholen. Diese Reformphase hatte vier Jahre gedauert und wurde durch ein<br />

Tauziehen der divergierenden Interessensansprüche der Arbeitgeber, Arbeitnehmer,<br />

öffentlicher Arbeitsnachweise, Landesbehörden und des Reichsamts für Arbeitsvermittlung<br />

wesentlich geprägt. Obwohl die Reformen aus einen lang andauernden politischen Prozeß<br />

entstanden waren, war der Zeitpunkt ihrer Vervollständigung gut gewählt. Vollkommen<br />

unabhängig von der Entwicklung der Ausländerbeschäftigung brach Anfang 1923 eine<br />

wirtschaftlich vernichtende Krise über das Deutsche Reich herein. Die Ausländerpolitik<br />

scheint jedoch dieser Herausforderung gewachsen zu sein, denn reformiert wurde sie erst am<br />

Ende der Weimarer Republik, unter der Regierung General Kurt von Schleicher. 470<br />

d. Überflutung des heimischen Arbeitsmarktes durch deutsche Arbeitskräfte<br />

Fremdsprachige - wiederholt gefordert hatten.<br />

469 In Gegensatz zur Annahme mancher Historiker wurden diese Verordnungen nicht von der Alltagspolitik bestimmt. Diese<br />

Reformmaßnahmen ersetzte lediglich die auslaufende - am 3.12.1918 erlassene - Demobilisierungsermächtigung. „Mit der<br />

Ermächtigung des Reichsamtes für Arbeitsvermittlung, die Ausländerbeschäftigung zu regeln, blieben die weitgehenden<br />

Befugnisse der Demobilisierungsphase auf neuer gesetzlicher Grundlage erhalten. Die gesetzliche Verankerung wurde mit<br />

der Aufhebung der Demobilisierungsermächtigung formaljuristisch notwendig, um die Maßnahmen gegen gerichtliche<br />

Schritte betroffener einzelner Unternehmer abzusichern.‟ (Dohse 1991, 100-101)<br />

470 Da die Verordnung über ausländische Arbeitnehmer. Vom 23.Januar 1933 am 1.April 1941 auf die Ostmark übertragen<br />

wurde und bis 1976 in der Zweiten Republik in Kraft blieb, werden ihre wesentlichen Neuerungen hier dargestellt. 1) Das<br />

Mitspracherecht der Paritätischen Kommissionen bei den Arbeitsämtern wurden beseitigt. Das Genehmigungsverfahren<br />

wurde bei der Arbeitsbürokratie angesiedelt und auf Landesarbeitsamtebene zentralisiert. 2) Die Vielfalt im<br />

Genehmigungsverfahren wurde beseitigt. Ab diesem Zeitpunkt mußten sich sowohl Landarbeiter wie Industriearbeiter beim<br />

Arbeitsamt melden, um eine Arbeitserlaubnis zu bekommen; die Arbeitgeber wiederum mußten, wenn sie Ausländer<br />

beschäftigen wollten, bei der gleichen Stelle um eine Beschäftigungsgenehmigung ansuchen. Somit war diese Genehmigung<br />

sowohl arbeitsplatz- wie personenbezogen. 3) Schließlich wurde das Befreiungsscheinsystem eingeleitet. Nach 10 Jahren<br />

legaler Beschäftigung bzw. in besonderen Härtefällen konnte dem einzelnen Ausländer ein auf zwei Jahre befristeter<br />

Befreiungsschein erteilt werden. Dieser berechtigte zum freien Zugang im gesamten Reichsgebiet bzw. in sämtlichen<br />

Branchen. Der Befreiungsschein konnte jedoch durch Anordnung des Präsidenten der Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung<br />

„nur für einen bestimmten Teil des Reichsgebiets und für bestimmte Berufsgruppen gelten.‟ (Dohse 1981, 106-107)<br />

Bezeichnenderweise wurde diese, von demokratisch legitimierten Volksvertretern verabschiedete Verordnung, auch von den<br />

Nationalsozialisten als brauchbar gesehen und erst bei Kriegsausbruch durch zusätzliche Rassenverordnungen ergänzt,<br />

jedoch nicht novelliert oder gar aufgehoben. (Dohse 1981, 123-125)

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!