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REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER

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ad 2): "Lediglich eine vom ho. Ressort vorgeschlagene Massregel, nämlich Ausweisung und<br />

Abschaffung der in Oesterreich befindlichen Arbeitslosen deutscher und<br />

tschechoslowakischer Staatsangehörigkeit und zwar unter der Voraussetzung, dass sie sich<br />

über Subsistenzmittel nicht ausweisen können (hierfür kämen also formell nur die<br />

ausgesteuerten Arbeitslosen in Betracht) wurde als diskutable bezeichnet."<br />

(MfSVer,1922,494,43324) Diese Drohung hätte die reichsdeutschen Behörden kaum<br />

beeindruckt, da diese Abschaffung von Mittellosen ohnehin durch die Bestimmungen des<br />

Heimatrechtes vorgesehen war.<br />

ad 3): "In diesem Zusammenhang wird bemerkt, dass schon auf die ersten vom<br />

Bundesministerium für Aeusseres dem ho. Ressort zugekommenen Berichte über die<br />

Ausweisung österreichischer Arbeiter aus der Tschechoslowakei die Industriellen<br />

Bezirkskommissionen beauftragt wurden, dafür Sorge zu tragen, dass bei der<br />

Arbeitsvermittlung in erster Reihe österreichische Arbeitslose berücksichtigt werden (Zl.<br />

21391 vom 6. September 1922). In diesem Erlasse wurde auch angeordnet, dass den eigenen<br />

Bundesbürgern deutsche Reichsangehörige gleichzuhalten sind - zweifellos ein Beweis<br />

grosstmöglichsten Entgegenkommens gegenüber diesen letzten." (MfSVer,1922,494,43324)<br />

Angesichts der Tatsache, dass allein in Wien über Hunderttausend Tschechoslowaken lebten,<br />

war diese Bestimmung sicherlich am effektivsten und grenzt bereits an die Einführung einer<br />

aktiven Ethnisierung der Beschäftigungspolitik. Diese Zurückreihung der nichtdeutschen<br />

Arbeitslosen ab 6. September 1922 kann als Geburtsstunde der modernen österreichischen<br />

Ausländerpolitik gewertet werden. Sie stellt die Basis für das moderne System der<br />

erzwungenen Komplementarität (Gächter 1995) dar. Zum ersten Mal wird der Versuch<br />

unternommen, die Aufenthaltssicherheit einer ethnischen Minderheit - durch die gezielte<br />

Verweigerung der öffentlichen Dienstleistungen der Arbeitsnachweise - systematisch zu<br />

untergraben. Die Tschechen und Slowaken, die nicht als Arbeitslose vermittelt wurden, waren<br />

von der Verarmung und Verelendung bedroht. Waren sie nämlich nicht in der Lage, auf<br />

eigene Faust Beschäftigung zu finden, so wurden sie früher oder später abgeschoben, ohne<br />

dass man direkt mit Repressalien seitens der Regierung in Prag rechnen musste.<br />

MdI den internationalistischen Verbalradikalismus der Sozialdemokratie noch ernst nimmt, obwohl die AK und<br />

Gewerkschaftskommissionen intern seit August 1921 gerade solche ausländerfeindliche Maßnahmen - allerdings nur gegen

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