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REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER

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308<br />

Transportindustrie (Flösser) noch Ende 1922 - trotz rasch ansteigender Arbeitslosigkeit -<br />

Ausländer weiterhin in ihrer jeweiligen Heimatwährung ausgezahlt. 449<br />

Etwa eine Woche vor der Stellungnahme der Klagenfurter IBK übt der Grazer<br />

Arbeitsnachweis (Ende Mai 1921) Kritik an der unkontrollierten Zuwanderung 450 von<br />

italienischen Erd- und Ziegelarbeitern beim Arnoldsteiner Grenzübergang zwischen<br />

Österreich und Italien. Die steirischen Behörden erschien zwar "der Zuzug von italienischen<br />

Arbeiter(n) (…) erwünscht", sie beanstandeten jedoch die nachlässige Einhaltung der<br />

Beschäftigungsrichtlinien, wonach die Arbeitgeber verpflichtet waren, ausländischen Arbeiter<br />

mindestens genau so viel wie inländischen zu bezahlen und "nach Beendigung der Arbeit<br />

(…), den Arbeitern auf ihre Kosten die Heimreise zu ermöglichen." (MfSVer,1921,61,14523)<br />

Beide Kritikpunkte - Devisenbelastungen, Lohn- und Reisekosten- bezogen sich eher auf<br />

wanderungstechnische Schwierigkeiten und verraten eine zuwanderungsfreundliche<br />

Grundhaltung seitens des Sozialministeriums und den Kärntner und steirischen Behörden.<br />

Ausländerbeschäftigung wird als eine Belastung für die Bürokratie, nicht aber für den<br />

Arbeitsmarkt dargestellt. Ein grundsätzlicher Interessensgegensatz zwischen den inländischen<br />

und ausländischen Arbeitnehmern wird nicht postuliert. Ausländer waren als Sündenböcke<br />

für die sich langsam wieder verschlechternde soziale Lage noch nicht entdeckt worden.<br />

Mitten im Sommer des Vollbeschäftigungsjahres 1921 platzte dann eine Stellungnahme der<br />

Salzburger Kammer für Arbeiter und Angestellte. In einem Schreiben vom 20. Juli an das<br />

Departement III der Salzburger Landesregierung teilte die AK mit, dass sie "auf Grund von<br />

Mitteilungen in Erfahrung gebracht hat, dass in einer Reihe von Gewerben, speziell aber im<br />

Baugewerbe fremdsprachige 451 ausländische Arbeiter verwendet werden." Der<br />

Landesregierung gegenüber wird betont, dass "bei einigem guten Willen für alle<br />

449 Vgl.: Bundesmin.f.SozVer, Sammelakt/13669,Kt.61 (MfSVer,1923,61,29348); (MfSVer,1922,61,30700);<br />

(MfSVer,1922,61,31015); (MfSVer,1922,61,41636).<br />

450 Es wäre hier wichtig zu bemerken, daß es beim Inländerschutz um drei unterschiedliche Bereiche geht: 1) Kontrolle der<br />

Zuwanderung aus dem Ausland, 2) Beschäftigung von Neuzuwanderern aus dem Ausland, aber genauso aus anderen<br />

Wirtschaftszweigen, z.B. das Wechseln von der Landwirtschaft in die Industrie, 3) die Beschäftigung und<br />

Aufenthaltssicherheit von Langansässigen, wobei es am Anfang der Ersten Republik sowohl im dritten Bereich um<br />

Altausländer wie Neoausländer (etwa Wiener Tschechen, die für die Tschechoslowakei optierten) gehen kann. Die hier<br />

beschriebenen Maßnahmen müssen hiernach unterschieden werden, da sich gerade in dieser Zeit erste Ansätze der<br />

erzwungenen Komplementarität feststellen lassen, wie dieses Phänomen von Gächter (1995) beschrieben wurde.<br />

451 Diese interne Debatte zwischen AK, Freien Gewerkschaften, SDAP-Fraktionen der Landesregierungen, IBK und<br />

Sozialministerium (Juli/August 1921) fällt zeitgleich mit dem Waber-Erlaß (Juni 1921) des deutschnationalen<br />

Innenministers in bezug auf die Rassenbestimmungen der österreichischen Option zusammen. Die Betonung auf<br />

fremdsprachige Ausländer ist wesentlich, da sich 1921 der deutschnationale, antisemitische Konsens der drei großen

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