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REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER

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303<br />

Italiener in Vorarlberg - wurden als willkommene Feindbilder und Sündenböcke sehr früh<br />

(1921/1922) entdeckt, um parteipolitische Agenden zu fördern und von dem Versagen der<br />

eigenen nationalen Sozialpolitik abzulenken.<br />

Die Einwanderungspolitik der Deutschen in Österreich unterschied sich zwischen 1921 und<br />

1925 nur in ihrer technischen Anwendung von jener der Slowaken, Tschechen, Südslawen,<br />

Reichsdeutschen und Italiener. Während sich Belgrad, Berlin, Bratislava, 439 Prag und Rom<br />

rasch auf den Betrieb als geeigneten Ort der Ausgrenzung konzentrierten, setzte Wien auf die<br />

Visumerteilung und öffentliche Arbeitslosenvermittlung 440 . Als sich die Kontrolle der<br />

Ausländerbeschäftigung - vermittelt über die Einwanderungspolitik - als wenig effektiv und<br />

teilweise kontraproduktiv erwies, griff auch Österreich auf die bereits in den Nachbarländern<br />

praktizierte staatliche Kontrolle der Beschäftigungspolitik zurück. Die alte Forderung der<br />

sozialdemokratischen Arbeiterbewegung nach Gleichheit und Schutz für alle Arbeitnehmer<br />

eines Arbeitsmarktes wurde somit bereits Mitte der 20er Jahre endgültig ad acta gelegt. Diese<br />

Politik der gegenseitig sich abschottendenen Beschäftigungsräume wurde in den Jahren des<br />

Ständestaates, Nationalsozialismus und der österreichischen Neutralität fortgesetzt. Mit dem<br />

Beitritt zur Europäischen Union (EU) wurde diese Logik lediglich auf den wesentlich<br />

größeren Abschottungsraum des Binnenmarktes, beziehungsweise Schengens, ausgedehnt.<br />

439 Als ehemalige Kolonie von Ungarn hÄtte die Slowakei eigentlich eine Geschichte mit den Magyaren und nicht mit den<br />

Deutschen gehabt. Überraschend ist, daß die ausländerfeindliche Welle in der Tschechoslowakei von Bratislava und nicht<br />

von Prag ausgegangen ist. Hauptopfer der österreichischen Gegenmaßnahmen im Sommer 1922 waren jedoch die<br />

Tschechen, da die Slowaken hauptsächlich im bevorzugten, vom Inländerschutz geschützten Bereich der Landwirtschaft<br />

arbeiteten. Die gezielte Benachteiligung von Tschechen als Volksgruppe bei den öffentlichen Arbeitsnachweisen und IBK<br />

wurde nicht als Verstoß gegen den Staatsvertrag von St. Germain gewertet. Diese Einschätzung wird durch folgende<br />

Stellungnahme belegt. Eine diesbezügliche, an die österreichische Gewerkschaftskommission gerichtete vertrauliche<br />

„Mitteilung (wurde) noch zum Anlass (genommen), vorläufig wenigstens mit möglichst Bevorzugung der österreichischen<br />

Arbeitslosen bei der inländischen öffentlichen Arbeitsvermittlungen zu reagieren. Den Oesterreichern sind hiebei deutsche<br />

Reichsangehörige gleichzustellen. Eine Verletzung des Friedensvertrags ist hierdurch nicht gegeben.‟<br />

(MfSVer,1922,61,21391)<br />

440 Die Einrichtung der öffentlichen, von den Zünften und Arbeitgeber unabhängigen Arbeitsnachweise waren - wie oben<br />

dargestellt - ein Produkt des Linksliberalismus (Kathedersozialisten oder Fabianer). SDAP und die Freien Gewerkschaften<br />

hatte diese Einrichtung zuerst bekämpft, dann versucht die Drittelparität durchzusetzen. Die Christlichsozialen und<br />

Sozialdemokraten einigten sich noch im Weltkrieg unter Sozialminister Mataja auf die Einrichtung des ersten paritätischen<br />

Arbeitsnachweis, in der Bauindustrie. Eine der Hauptaufgaben der bereits in November 1918 paritätisch reformierten<br />

Arbeitsnachweisen war der Inländerschutz.

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