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REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER

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Diesem Verhalten kam man in den Gemeindestuben und bei der BH - wo es nur ging -<br />

entgegen. In Gegensatz zur Rechtspraxis gegenüber den Juden in Wien, wo die<br />

österreichischen Gesetze und Bestimmungen des Staatsvertrages zuungunsten der Bewerber<br />

gebogen und gar gebrochen wurden, wurden die gleichen Regelungen in Vorarlberg<br />

zugunsten der Italiener gebogen und gebrochen. Bei der Gruppe von Optionswerbern, die bei<br />

Rudigier dargestellt werden, stimmt in fast allen Fällen eines überein: sie sprachen nur<br />

gebrochen deutsch und verkehrten in ihrer Freizeit und vor allem zuhause fast ausschließlich<br />

in italienisch. So hätten sie nach einer strengen Auslegung des Staatsvertrags eindeutig als<br />

Italienischsprachige ausscheiden müssen. Da im Sinn der deutschnationalen Rassenlehre, auf<br />

die sich sowohl der Verwaltungsgerichtshof am 9 Juni 1921 435 wie der deutschnationale<br />

Innenminister Waber bezogen, Italiener nicht als reinrassige Arier eingestuft werden könnten,<br />

erfüllten die Trentiner in Vorarlberg - trotz Zugehörigkeit zur römisch-katholischen Kirche 436<br />

- auch die zweite Einbürgerungsbedingung nicht. Waren also die italienischen Optanten<br />

weder der Sprache noch der Rasse nach deutsch, so hätte ihre Einbürgerung auf Grund der<br />

Vollzugsanweisung ganz ausgeschlossen sein müssen. 437<br />

Die Bludenzer BH war sich auch bewußt, dass viele Trentiner keinen Anspruch auf Option<br />

besaßen. So scheinen in den unterschiedlichen Optionsansuchen Bemerkungen wie die<br />

folgenden auf:<br />

- "Beim Genannten wird an der Zugehörigkeit zur deutschen Mehrheit der Bevölkerung<br />

Österreichs nach Rasse und Sprache gezweifelt, da sich der Gesuchsteller heute noch der<br />

italienischen Schreibweise seines Taufnamens mit Giuseppe bedient."<br />

- "1910 hatte er als Umgangssprache italienisch angegeben."<br />

- "Den Nachweis einer deutschen Schulbildung kann dieselbe nicht erbringen. Es muß<br />

besonders festgestellt werden, dass die Genannte der deutschen Sprache kaum mächtig ist."<br />

435 Nach Besenböck bezogen sich die Richter bei ihren internen Verhandlungen u.a. auf den Begründern der modernen<br />

Rassenlehre, Houston Steward Chamberlain und Josef Arthur Comte de Gobineau. Passagen wie die folgenden, die für die<br />

Entscheidungsfindung wichtig waren und im ursprünglichen Referentenantrag standen, wurde dann aus der offiziellen<br />

Endfassung gestrichten: „Persönlichkeit und Rasse hängen auf das Engste zusammen, (...) die Macht der Persönlichkeit ist an<br />

gewisse Bedingungen des Blutes geknüpft.‟ „Der Begriff der Rasse hat nur dann einen Inhalt, wenn wir ihn nicht möglichst<br />

weit, sondern möglichst eng nehmen.‟ (Besenböck 1992, 105).<br />

436 Im Gegensatz zum katholischen Antisemitismus, stützte sich die deutschnationale Rassismus auf der Vorstellung einer<br />

biologisch-erbfähigen Überlegenheit des Deutschtums. Einer ihre Hauptlösungen war: ‘Religion ist einerlei, in der Rasse<br />

liegt die Schweinerei.’<br />

437 Das Königreich Italien - wie allen anderen Nachfolgerstaaten außer der Tschechoslowakei - unternahm auch keine<br />

Schritt, um eine Benachteiligung der auf seinem Gebiet Heimatberechtigten bei der Option in Österreich zu schützen.<br />

(Mussak 1995, 307-316). Es kann jedoch angenommen werden, daß die Anwesenheit von mehrerer Hunderttausend<br />

Deutschen auf dem Gebiet des Königreichs präventiv wirken müßte bei eventuellen Versuche mit rassistischen Argumente<br />

gegen italienischen Staatsbürger vorzugehen.

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