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REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER

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299<br />

Rücksichtnahme im Einzelfalle begründete Optionspraxis wird aber (...) die<br />

Überbevölkerung 433 , an der der Staat leidet, noch durch Elemente, die der Rasse nach<br />

verschieden sind, vermehrt." (Besenböck 1992, 123-124)<br />

Hätte man den Waber-Erlaß der Wiener Bundesregierung in Vorarlberg so angewendet, wie<br />

es in der amtlichen Stellungnahme wortwörtlich verordnet war, denn hätten die meisten<br />

italienischen Optanten abgelehnt werden müssen. Die Erhebung von Rudigier zeigt aber<br />

überzeugend, dass man - wenigstens im Fall Bludenz - bei den Italiener nicht nach Gründen<br />

gesucht hatte, das Einbürgerungsprozeß zu erschweren. Kann man die Option im Bezirk<br />

Bludenz als annähernd repräsentativ für die Staatsbürgerschaftsanträge der ehemaligen<br />

cisleithanischen Untertanen italienischer Umgangssprache betrachten, so herrschte bei dieser<br />

Gruppe nicht nur eine ausgeprägt kulante Athmosphäre am Amt, sondern offene<br />

Gesetzlosigkeit. Ausschlaggebend bei der Einbürgerung der Neoausländer in Vorarlberg<br />

scheint nicht die Stellungnahmen aus dem fernen Wien, sondern das dringende Bedürfnis der<br />

Trentiner gewesen zu sein, ihren Status als Inländer zurück zu erhalten. 434 Dabei waren die<br />

Bewerber, trotz italienischnationalistischer und oft sogar irredentistischer Vergangenheit auch<br />

bereit, dem deutschen Nationalstaat Österreich ergebenst ihre Treue zu erweisen. So schrieb<br />

ein Bludenzer Arbeiter anläßlich seines Optionsantrages über sich und seine Familie: "Ich<br />

habe in Italien nichts zu erhoffen u. sind wir mit Leib und Seele Österreich und wollen von<br />

Österreich nicht getrennt werden." Ein anderer Optant bewarb sich in der gleichen<br />

untertänigen Manier: "Nach dem ich also bereits mein ganzes Leben in Deutsch Österreich<br />

verbrachte u. weder ich noch meine Frau unter italienische Herrschaft will so ist unser<br />

sehnlichster Wunsch gute Deutsch Österreicher zu bleiben (...)." (Rudigier 1995, 163).<br />

433 Zu dieser Zeit gab es eine Arbeitslosenrate von 1,4%, also Vollbeschäftigung. (Stiefel 1979, 29).<br />

434 So schrieb bereits bei der ersten Einbürgerungsrunde am 23. Dezember 1918 einer in Canal S.Bovo heimatberechtigten<br />

Kohlenarbeiters bei den Staatsbahn, der erst sieben Jahre (seit 1911) in Bludenz wohnhaft war bezüglich seiner Absicht in<br />

Bludenz zu bleiben, folgendes: „Da nun di Südtiroler meistentheils in ihre Heimat zurük gestellt werden, möht ich di<br />

löbl.k.u.k. Bezirkshauptmannschaft höflichst ersuchen, um das verbleiben in Bludenz. Da ich mit Frau (...) welche hier im<br />

Bezirk Bludenz gebohren ist, u. 3 minderjährigen Kinder welche auch alle hier gebohren sind, u. ich mich samt Familie ganz<br />

fremd bin in Italien. Möcht ich nochmals mich mit der bitte, u. höflichsten zufericht an di lobl.k.u.k.Bezirkshauptmannschaft<br />

wenden dass ich hier mit meiner Familie verbleiben kan.‟ Wäre dieser Mann Reichsitaliener gewesen, so hätte man im auf<br />

keinen Fall, 1915 als vollkommen assimiliert eingestuft. Er wäre nach Katzenau, seine in Vorarlberg geborenen Frau und<br />

Kinder in die fremde Heimat nach Canal S. Bovo geschickt worden. Statt dessen erhielt der Einbürgerungswilliger von der<br />

BH eine Aufforderung sich auf korrekte Weise nochmals zu bewerben. Als er diese Aufforderung nicht gänzlich nach kam<br />

erhielt der Kohlarbeiter am 24.1.1919 trotzdem eine Bescheinigung über den Erhalt der deutschösterreichischen<br />

Staatsbürgerschaft ausgefertigt. Ganz offensichtlich hatte irgendjemand bei der BH ein großes Interesse daran, daß möglichst<br />

viele Bludenzer Italiener vor den Wahlen zum Deutschösterreichischen Verfassunggebenden Nationalversammlung am 16.<br />

Feber wahlberechtigt wurden!

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