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REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER

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war die nach bloßer Deklaration erworbene Staatsbürgerschaft von in Deutschösterreich<br />

Nichtheimatberechtigten ungültig. Das Ansuchen musste nochmals unter verschärften<br />

Bedingungen eingereicht werden. Wer dies nicht erfüllen konnte, drohte die Gefahr<br />

nachträglich zum Staatenlosen degradiert zu werden. Auch diejenigen, Alt- und<br />

Neoausländer, die noch nicht angesucht hatten, bekamen aber eine zweite Chance<br />

österreichische Staatsbürger zu werden.<br />

5. Reethnisierung durch Sprache und Rasse<br />

Der zweite Anlauf zur Einbürgerung der durch den Kollaps der Monarchie geschaffenen<br />

Neoausländer gestaltete sich anders als der erste. Ab diesem Zeitpunkt gab es offiziell nur<br />

noch ein Einbürgerungsverfahren anstatt wie bisher zwei. Dafür beinhaltete das neue<br />

Einbürgerungsverfahren eine Bestimmung, die rein theoretisch genauso die Tschechen und<br />

Italiener wie die Galizier und Magyaren hätte gefährden können. Nach dem Staatsvertrag von<br />

St. Germain wurden alle Nachfolgerstaaten Cisleithaniens - also auch Österreich -<br />

verpflichtet, ihre im Ausland lebenden Volksangehörigen neuerlich die Möglichkeit zu geben,<br />

sich um die Staatsbürgerschaft ihres Herkunfts- oder Stammlandes 417 zu bewerben. In der<br />

dazugehörigen Vollzugsanweisung vom 20. August 1920 bezeichnete sich Österreich als -<br />

nach den Kriterien der Sprache und Rasse - Teil des deutschen Volkes. Ehemalige Bürger<br />

Cisleithaniens, die keine Heimatberechtigung in einer Gemeinde der Österreichischen<br />

Republik vorweisen konnten, bekamen die - nun nach einheitlichen Bestimmungen gestaltete<br />

- Möglichkeit, sich um die Staatsbürgerschaft des Landes zu bewerben. Diese Bewerbung -<br />

Option genannt - stand jedem Neoausländer zu, der nachweisen konnte, dass er Deutsch als<br />

Umgangssprache sprach und zur deutschen Rasse 418 gehörte. 419 Somit führte die<br />

österreichische Nationalversammlung erstmals - neben dem Deutschnationalismus - auch den<br />

Rassismus aus Grundpfeiler der Ersten Republik ein. Diese Wende kurz nach der<br />

Republiksgründung geschah im offenen Widerspruch zum Staatsvertrag mit den<br />

Siegermächten.<br />

417 Sinngemäß hieß es im Vertrag: das Land in dem die Bevölkerungsmehrheit die gleiche Sprache spricht und die gleiche<br />

Volk angehört wie der Bewerber. Unter Volk verstanden die Amerikaner, die bei den Verhandlungen mit den<br />

Nachfolgerstaaten federführend waren, eine Gruppe mit gemeinschaftlicher Organisation, Leben und Traditionen<br />

(„community of organisation, of life and of tradition), und ausdrücklich nicht gemeinsamer biologischen Abstammung oder<br />

Blut (Stourzh 1994, 79).<br />

418 Zahlreiche Vereine in Österreich boten ab diesem Zeitpunkt ihre Mitglieder Ariernachweise an, um das<br />

Einbürgerungsverfahren zu beschleunigen. (Grandner 1995, 78).

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