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REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER

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288<br />

16. Februar 1919 auch für die SDAP von größter Bedeutung. Ausländer einzubürgern gehörte<br />

zum politischen Kalkül. 412 Für die Italiener und anderen Neoausländern in Vorarlberg<br />

bedeutete das deutschösterreichische Staatsbürgerrechtsgesetz vom 5. Dezember 1918 vor<br />

allem die vorübergehende Wiederherstellung der Aufenthaltssicherheit, die sie mit Ausrufung<br />

des Nationalstaat der Deutschen in Österreich am 12. November verloren hatten. Vor dem<br />

Inkrafttreten des Friedensvertrags von Saint-Germain (16.Juli 1920) waren nämlich alle -<br />

nicht in Galizien heimatberechtigten - Personen, die nach dem Gesetz vom 5. Dezember 1918<br />

eine Erklärung abgegeben hatten, der österreichischen Republik als getreue Staatsbürger<br />

angehören zu wollen, als heimatlose deutschösterreichische Staatsbürger nach dem<br />

Heimatrechtsgesetz 1863 zu behandeln und durften daher aus dem Gebiete der Republik<br />

(Deutsch)Österreich nicht abgeschafft werden (Rudigier 1995, 155).<br />

Für den Arbeiterbezirk Bludenz wurde das Einbürgerungsverhalten der italienischen<br />

Minderheit bereits aufgearbeitet 413 . Nach Rudigiers Erhebung kamen bei der<br />

Staatsbürgerschaftserklärung 1918/1919 im Bezirk Bludenz 600 Trentiner<br />

erklärungsberechtigte Neoausländer und 9 erklärungsberechtigte reichsitalienische<br />

Altausländer in Frage. Von dieser Gesamtsumme von 609 betroffenen Italienern haben sich -<br />

im Zeitraum vom 15 Dezember 1918 bis 30. September 1919 - bei der BH Bludenz 214 in<br />

schriftlicher Form zum neugegründeten deutschösterreichischen Nationalstaat bekannt. Geht<br />

man von dem Bevölkerungsanteil, der nach der Volkszählung von 1910 bestand aus, so gab<br />

es kurz vor dem Krieg in Bludenz 1.724 Personen italienischer Umgangssprache mit<br />

cisleithanischer Staatszugehörigkeit (1912, Tabellen 58) und 207 Reichsitaliener 414 (1913,<br />

Tabellen 7). Von rund 2.000 Italienern im Bezirk Bludenz im Jahre 1910 waren also im Jahre<br />

1919 607 Österreicher.<br />

verschwindend klein war. Kann es sein, daß man hier zum ersten Mal einer - in der Zweiten Republik wohl weitverbreiteten<br />

- expliziten Tschuschenfeindlichkeit gegenüber Südslawen begegnete?<br />

412 Die stärke der SDAP in den jeweiligen Gemeindestuben und bei der jeweiligen Bezirkshauptmannschaften dürfte gerade<br />

bei der in solchen Fällen oft nötigen behördlichen Kulanz gegenüber Ausländer ausschlaggebend gewesen sein. Das<br />

Einbürgerungsverhalten und die Rate der erfolgreichen Einbürgerungsfälle dürfte regional stark beeinflußt worden sein von<br />

dieser Engagement der SDAP.<br />

413 Obwohl die Vorarlberger Bezirke Bludenz und Feldkirch wirtschaftlich und sozial unterschiedlich strukturiert sind,<br />

können die von Rudigier (1995) gezogen Schlüsse als grobe, wenn schwer übertragbare Anhaltspunkte für die Lage in der<br />

Industriestadt Dornbirn dienen.<br />

414 Wobei anzunehmen ist, daß die reichsitalienische Bevölkerung durch Internierungen und Abschaffungen und die<br />

männliche Welschtiroler Bevölkerung durch den Kriegsdienst stark dezimiert wurde.

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