REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER

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14.02.2013 Aufrufe

26 ausschlaggebend sein, ob die EU von der Mehrheit seiner Mitglieder eher als politische oder als wirtschaftliche Größe gesehen wird. Unabhängig davon, ob vorübergehender Protektionismus oder sofortige Freizügigkeit ausschlaggebend sind, diese Entscheidung wird die Zukunft der Union in Mitteleuropa präjudizieren. Eine großzügige Auslegung zugunsten der neuen Mitglieder dürfte bei den Verhandlungen mit den Staaten der zweiten und dritten Runde 18 als Präzedenzfall herangezogen werden. Eine restriktive Beitrittspraxis könnte leicht zu einer allgemeinen Abschottung der EU gegenüber den noch weniger „europareifen‟ Reformstaaten am Balkan und in Osteuropa führen. Mittelfristig strebt die Europäische Union eine Harmonisierung der Politik der Mitgliedsstaaten gegenüber Drittausländer an (Imbusch 1992, Sensenig 1992). Derzeit werden lediglich EU-Ausländer durch die Gleichstellungs- und Antidiskriminierungsbestimmungen der Union geschützt (de Lary de Latour 1990). Die Maßnahmen der EU gegen Ausländerfeindlichkeit und Rassismus am Arbeitsplatz - wie in den Bereichen Aufenthaltsrecht, Bildung und politische beziehungsweise betriebliche Mitbestimmung - sind von nur empfehlendem Charakter (Wrench 1996). Die einzelnen Staaten können ihre Drittausländerpolitik noch frei gestalten. Österreich steht derzeit bei der Integration, Gleichstellung und Förderung von Immigranten aus Drittländer im EU-Vergleich an letzter Stelle (Cinar 1995). Als einziges EU-Mitglied verfolgt Österreich noch bei der Mehrheit aller Drittausländer (Südslawen) weiterhin die 1961 eingeleitete Politik der Gastarbeiterrotation. Am anderen Ende der Integrationsskala befinden sich Länder wie Großbritannien und die Niederlände, die nicht nur eine aktive ethnische Integrationsstrategie verfolgen, sondern bereits die Politik der Antidiskriminierung und positiven Aktion (best pratice) gegenüber allen Ausländern, also auch Nicht-Unionsbürger anwenden (Cinar 1995; Wrench 1996). Diese Integrationsstreuung innerhalb der Union ist von sowohl migrationspolitischer wie von forschungsimmanenter Bedeutung. Die von der EU-Norm extrem abweichende Haltung Österreichs hat das Frauen- und Minderheitenförderungsgremium der EU-Kommission (Dublin Foundation) gezwungen, ihre Antidiskriminierungs- und Förderungskriterien neu zu überdenken. Seit Einrichtung der Dublin Foundation lag der Arbeit des Fonds die Überlegung zugrunde, dass die verstärkte Einbindung der Gewerkschaften der EU-Staaten in die Antidiskriminierungs- und Förderungsarbeit diese tendenziell begünstigen würde. Seit dem Beitritt Österreichs zu EU 18 Für Österreich sind vor allem die Slowakei, Rumänien und Kroatien von besonderer Bedeutung.

27 musste diese - auf den westeuropäischen Erfahrungen basierende - Arbeitshypothese revidiert werden (Wrench 1996, 118). Die Erfahrungen in Österreich beweisen nämlich genau das Gegenteil. Die derzeit noch unverbindlichen sozialpolitischen Harmonisierungsbestrebungen der EU sehen die Einführung von best pratice vor. Hiernach soll sich die Förderung von Frauen und Minderheiten an den fortschrittlichsten Praxisbeispielen innerhalb der Union orientieren. Angesichts der Machtverhältnisse innerhalb der EU dürfte sich bei einer allmählichen Einführung von verbindlichen und einheitlichen Regelungen gegenüber legal ansässigen Drittausländern das österreichische Gastarbeitersystem 19 kaum behaupten können. 19 Als potentielle Verbündete Österreichs kämmen möglicherweise den neuen mitteleuropäischen Mitgliedsstaaten Polen, Tschechien, Ungarn und Slowenien in Frage. Da diese Länder kaum zivilgesellschaftliche Erfahrung mit eingewanderten Minderheiten haben, könnten sie leicht für restriktive Maßnahmen vor allem gegenüber Einwanderer aus Ost- und Südosteuropa zu gewinnen sein. Der zukünftige Umgang der tschechischen Behörden mit der aus der Slowakei eingewanderten in Tschechien ansässigen Roma-Minderheit könnte hierbei als Gradmesser gelten.

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musste diese - auf den westeuropäischen Erfahrungen basierende - Arbeitshypothese revidiert<br />

werden (Wrench 1996, 118). Die Erfahrungen in Österreich beweisen nämlich genau das<br />

Gegenteil. Die derzeit noch unverbindlichen sozialpolitischen Harmonisierungsbestrebungen<br />

der EU sehen die Einführung von best pratice vor. Hiernach soll sich die Förderung von<br />

Frauen und Minderheiten an den fortschrittlichsten Praxisbeispielen innerhalb der Union<br />

orientieren. Angesichts der Machtverhältnisse innerhalb der EU dürfte sich bei einer<br />

allmählichen Einführung von verbindlichen und einheitlichen Regelungen gegenüber legal<br />

ansässigen Drittausländern das österreichische Gastarbeitersystem 19 kaum behaupten können.<br />

19 Als potentielle Verbündete Österreichs kämmen möglicherweise den neuen mitteleuropäischen Mitgliedsstaaten Polen,<br />

Tschechien, Ungarn und Slowenien in Frage. Da diese Länder kaum zivilgesellschaftliche Erfahrung mit eingewanderten<br />

Minderheiten haben, könnten sie leicht für restriktive Maßnahmen vor allem gegenüber Einwanderer aus Ost- und<br />

Südosteuropa zu gewinnen sein. Der zukünftige Umgang der tschechischen Behörden mit der aus der Slowakei<br />

eingewanderten in Tschechien ansässigen Roma-Minderheit könnte hierbei als Gradmesser gelten.

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