REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER
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268 nicht angegeben 381 , ist aber anzunehmen. Mitte November wurde die BH Feldkirch gebeten die Internierten zu befragen, ob sich Freiwillige für die neu entstehende, antirussische Polnische Legion bei den Insassen im Lager Frastanz rekrutieren ließen. 382 Schließlich wurde 82 Russen und Rumänen - nach fast vier Monaten Haft im improvisierten Internierungslager Frastanz - am 27. November auf Veranlassung des Statthalters in Tirol und Vorarlberg nach Kufstein verlegt. "Wie anlässlich einer Besichtigung der Internierungsräume auf der Festung in Kufstein festgestellt wurde, lässt sich dortselbst noch eine grosse Anzahl Internierter unterbringen, so dass durch Ueberstellung der derzeit in Frastanz Internierten nach Kufstein das dortige Konzentrationslager (sic!, E.S.) ganz aufgelassen werden kann. Damit nun in Kufstein die für die Erhöhung der Belagsziffer notwendigen Vorbereitungen getroffen werden können, lade ich Euer Hochwohlgeboren ein, sich direkte mit der Bezirkshauptmannschaft Kufstein ins Einvernehmen zu setzen und ihr die genaue Anzahl der dort internierten Personen, gesondert nach Männern, Frauen und Kindern bekannt zu geben. Auch die Anzahl der vorhandenen leeren Strohsäcke, Menageschalen, Decken etz. Wird der Bezirkshauptmannschaft Kufstein mitzuteilen sein." 383 (BH/Feldkirch,1914,591,2598/572) 381 Vgl. detaillierte Speiseplan von 7. Nov. 1914: „Laut Zuschrift des k.u.k. Militärkommandos vom 31. Oktober 1914, Zl.3470 hat das Kriegsministerium mit dem Erlasse Abt. 11, No.4851 res. vom 25. Oktober 1914, angeordnet, dass allen aus politischen Gründen inhaftierten Personen als „Gefangenenkost‟ die Kostgebühr in dem für Kerkersträflinge I. Kategorie festgesetzten Ausmasse zu verabfolgen ist. Die betreffende Gebühr zeigt die zuliegende Speiseordnung. Eine Zubusse zu dieser Verköstigung, oder eine Abweichung hinsichtlich der Zusammenstellung der Kostportion darf als Krankenkost nur über ärztlich bestätigte Notwendigkeit vom Kommandanten des Gefangenenlagers (Bezirkshauptmann) bewilligt werden. Die Beschaffung von Nebengenüssen aus eigenen Mitteln ist den Inhaftierten gestattet, Art und Ausmass dieser Kostaufbesserung bestimmt der mit der Ueberwachung der Häftlinge betraute Kommandant. Der Ankauf von alkoholischen Getränken jeder Art ist unbedingt verboten. Für die Möglichkeit zur Beschaffung von Nebengenüssen haben die Kommandanten (BH) durch Bestellung eines Traiteurs (Kantineurs, Marketenders) vorzusorgen. Der Ankauf von Tabakfabrikaten aus eigenen Mitteln der Inhaftierten zum Verschliesspreise kann vom Kommandanten (BH) nach eigenen Ermessen gestattet werden.‟ (BH/Feldkirch,1914,591,2598/543prs) 382 „Ferner wollen die Namen solcher russischer Untertanen polnischer Nationalität anher gemeldet werden, die ihre Einteilung bei der polnischen Legion als Kombattanten freiwillig anstreben und hiezu die Eignung besitzen.‟ (BH/Feldkirch,1914,591,2598/588pr) Diese Politik deckte sich mit dem Versuch, auch Ukrainer zu animieren gegen die Russen zu kämpfen (Rappersberger 1988). Auch die Russen betrieben mit den italienischen Irredentisten im Kriegsgefangenenlager Krisanow eine ähnliche Strategie. „Diese Gefangenen erfahren in Rußland eine vorzügliche Behandlung und die russische Regierung hat sich mit dem Gedanken getragen, sie nach Italien ziehen zu lassen, doch sei dieser Plan aufgegeben worden, weil der Weg nach Süden für Rußland abgesperrt ist.‟ (MdI,1916,19/3,1823,6844) 383 Das Konzept der flächendeckenden Konzentration von politisch, ethnisch und rassisch unliebsamen Elementen im Massenlager wurde im Ersten Weltkrieg bereits eingeführt. In den Akten werden Interniertenlager immer wieder auch als Konzentrationslager bezeichnet. Die zwei Begriffe scheinen fast austauschbar zu sein. Auch die brutale Behandlung - bis zur willkürlichen Ermordung - wurde zu dieser Zeit bei der Verhaftung, Transport und Internierung von KZ-Häftlingen praktiziert. Das neue an dem Konzentrationslager des Zweiten Weltkriegs war die planmäßige Vernichtung der Insassen. Bei den schweren Mißhandlungen von Internierten in den KZs des Ersten Weltkriegs waren fast immer inländische Juden, Ruthenen und Polen die Opfer. Vgl. hierzu Abgeordneter Roman Czajkowski im Haus der Abgeordneten, 28.Juni 1917: „Es war ein groß angelegter und im großen Stile systematisch durchgeführter Ausrottungsplan einer Kategorie der Staatsbürger gegenüber, welche für jemanden, sei es für einzelne Personen oder für einige politische Parteien unliebsam waren. (...) Sie haben, meine hochverehrten Herren, gehört wie viele Internierte in Thalerhof grausam ermordet und wie viele bis zum Tode
269 Das es den Internierten im Konzentrationslager 384 Frastanz gar nicht so schlecht gegangen sein durfte im Vergleich zu ihren neuen Unterkunft auf der Festung in Kufstein wird indirekt dadurch belegt, dass so lange diese russische Staatsangehörige in Vorarlberg waren es kein einzige Beschwerde über ihr Verhalten gab. Sobald sie jedoch nach Tirol kamen müßte eine Aufstand der Frastanzer Russen mit Waffengewalt unterdrückt werden. Somit ist anzunehmen, dass in Kufstein eher ähnliche Verhältnisse herrschten wie im steirischen KZ Thalerhof (Mentzel 1985). Im folgende ein ausführliche Zitat aus dem Tiroler Grenzbote, das in den Akten der BH Feldkirch aufbewahrt wurde. Obwohl diese Schilderungen etwas einseitig sein dürften widerspiegeln sie nicht nur den ungefähren Ablauf der Unterdrückung des Interniertenaufstandes, sondern geben genauso einen äußerst seltenen Einblick in dem Verhältnis der Zivilbevölkerung zu den zivilen Gefangenen am Anfang des Krieges. "Allerlei von den Festungsgefangenen, 12. Dezember 1914: Seit der Internierung der vor einiger Zeit neu eingetroffenen 136 russischen Zivilgefangenen aus Frastanz (Vorarlberg) ist im Gefangenenlager auf der Festung Geroldseck ein merklicher 'Stimmungsumschlag' eingetreten. Die Zahl der hier internierten serbischen und russischen Gefangenen beträgt nunmehr 333, darunter befinden sich etwa 100 Weiber und Kinder. (...) Ein noch stärkeres Stück leistete sich diese Bande jedoch am vergangenen Montag früh, wo sie sich alle ohne Ausnahme weigerten, zur Arbeit anzutreten (die sie doch bezahlt erhalten!). Auf diesen neuen Zwischenfall hin ließ der Schützenhauptmann die ganze Gesellschaft im Festungshof antreten, ebenso die gesamte im Dienst gewesene Mannschaft, die die Gewehre scharf geladen hatte. Als durch die Dolmetscher das Nötige bekanntgegeben und mit schweren Strafen gedroht wurde, bequemte sich das Gesindel endlich, die Arbeit aufzunehmen. Ein junger, etwa 25jähriger Russe zeigte hiebei ein besonders freches Benehmen, weswegen er 24 Stunden Einzelarrest erhielt. Als nun am Dienstag mittags der Posten in seiner Zelle Nachschau hielt, fand er ihn an einem Nagel erhängt vor. Rasch schnitt bestialisch gemartet wurden. Ich füge noch hinzu, daß viele Hunderte in Thalerhof Hungers gestorben sind. (SoWiDok/AK Wien). 384 Die erste Verwendung dieses Begriffes stammt aus der Zeit der Unterdrückung der kubanischen Befreiungsbewegung durch das Spanische Königreich (campos de concentración) im Jahre 1896. Sowohl die USA wie Großbritannien haben KZs im Jahre 1900 (concentration camps) benützt, um Aufstände in ihren Kolonien (Philippinen bzw. Südafrika) vorzubeugen bzw. zu unterdrücken. In allen drei Fällen wurden ethnisch bzw. politisch verdächtige Bevölkerungsgruppen massenhaft und flächendeckend unter menschenunwürdigen Verhältnissen lange Zeit konzentriert. Sowjetrußland hat konzentrazionnyje lagerja im Jahre 1918 aus rein politischen Gründen eingeführt (Kaminski 1990, 34-35, 72). In all diesen Lagern waren die Verhältnis genauso schlimm, wenn nicht wesentlich schlimmer wie im österreichisch-ungarischen Lager für Juden und Ruthenen, Thalerhof bei Graz.
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Das es den Internierten im Konzentrationslager 384 Frastanz gar nicht so schlecht gegangen<br />
sein durfte im Vergleich zu ihren neuen Unterkunft auf der Festung in Kufstein wird indirekt<br />
dadurch belegt, dass so lange diese russische Staatsangehörige in Vorarlberg waren es kein<br />
einzige Beschwerde über ihr Verhalten gab. Sobald sie jedoch nach Tirol kamen müßte eine<br />
Aufstand der Frastanzer Russen mit Waffengewalt unterdrückt werden. Somit ist<br />
anzunehmen, dass in Kufstein eher ähnliche Verhältnisse herrschten wie im steirischen KZ<br />
Thalerhof (Mentzel 1985). Im folgende ein ausführliche Zitat aus dem Tiroler Grenzbote, das<br />
in den Akten der BH Feldkirch aufbewahrt wurde. Obwohl diese Schilderungen etwas<br />
einseitig sein dürften widerspiegeln sie nicht nur den ungefähren Ablauf der Unterdrückung<br />
des Interniertenaufstandes, sondern geben genauso einen äußerst seltenen Einblick in dem<br />
Verhältnis der Zivilbevölkerung zu den zivilen Gefangenen am Anfang des Krieges.<br />
"Allerlei von den Festungsgefangenen, 12. Dezember 1914:<br />
Seit der Internierung der vor einiger Zeit neu eingetroffenen 136 russischen Zivilgefangenen<br />
aus Frastanz (Vorarlberg) ist im Gefangenenlager auf der Festung Geroldseck ein merklicher<br />
'Stimmungsumschlag' eingetreten. Die Zahl der hier internierten serbischen und russischen<br />
Gefangenen beträgt nunmehr 333, darunter befinden sich etwa 100 Weiber und Kinder. (...)<br />
Ein noch stärkeres Stück leistete sich diese Bande jedoch am vergangenen Montag früh, wo<br />
sie sich alle ohne Ausnahme weigerten, zur Arbeit anzutreten (die sie doch bezahlt erhalten!).<br />
Auf diesen neuen Zwischenfall hin ließ der Schützenhauptmann die ganze Gesellschaft im<br />
Festungshof antreten, ebenso die gesamte im Dienst gewesene Mannschaft, die die Gewehre<br />
scharf geladen hatte. Als durch die Dolmetscher das Nötige bekanntgegeben und mit<br />
schweren Strafen gedroht wurde, bequemte sich das Gesindel endlich, die Arbeit<br />
aufzunehmen. Ein junger, etwa 25jähriger Russe zeigte hiebei ein besonders freches<br />
Benehmen, weswegen er 24 Stunden Einzelarrest erhielt. Als nun am Dienstag mittags der<br />
Posten in seiner Zelle Nachschau hielt, fand er ihn an einem Nagel erhängt vor. Rasch schnitt<br />
bestialisch gemartet wurden. Ich füge noch hinzu, daß viele Hunderte in Thalerhof Hungers gestorben sind. (SoWiDok/AK<br />
Wien).<br />
384 Die erste Verwendung dieses Begriffes stammt aus der Zeit der Unterdrückung der kubanischen Befreiungsbewegung<br />
durch das Spanische Königreich (campos de concentración) im Jahre 1896. Sowohl die USA wie Großbritannien haben KZs<br />
im Jahre 1900 (concentration camps) benützt, um Aufstände in ihren Kolonien (Philippinen bzw. Südafrika) vorzubeugen<br />
bzw. zu unterdrücken. In allen drei Fällen wurden ethnisch bzw. politisch verdächtige Bevölkerungsgruppen massenhaft und<br />
flächendeckend unter menschenunwürdigen Verhältnissen lange Zeit konzentriert. Sowjetrußland hat konzentrazionnyje<br />
lagerja im Jahre 1918 aus rein politischen Gründen eingeführt (Kaminski 1990, 34-35, 72). In all diesen Lagern waren die<br />
Verhältnis genauso schlimm, wenn nicht wesentlich schlimmer wie im österreichisch-ungarischen Lager für Juden und<br />
Ruthenen, Thalerhof bei Graz.