REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER
REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER
264 Raum aufgezeigt werden. Ausgehend von der Lage im Ersten Weltkrieg wird die Zuwanderung und Beschäftigung von Staatsfremden bis Mitte der 20er Jahre hinauf verfolgt. Hierbei stehen die zivilen Ausländer im Vordergrund. Um die Kontinuitäten in der Ausländerpolitik gegenüber Militärangehörigen im Ersten und Zweiten Weltkrieg zu untersuchen, wird die Montanindustrie - mit Schwerpunktlegung beim traditionsreichen Salzbergbau in Salzburg - dargestellt. Dieses Fallbeispiel bietet sich besonders an, da in beiden Kriegen vorwiegend Italiener bei der Saline beschäftigt wurden. Darüber hinaus kann am Beispiel der Salzverarbeitung ansatzweise verdeutlicht werden, dass die Zustände beim alpinen Bergbau - mit seiner jahrtausendealten Geschichte und seinen festgefügten Sitten - sich wesentlich vom relativ jungen und geschichtslosen Kohlebergbau unterscheiden. A. Russen, Galizier, Irredentisten und Reichsdeutsche im Bezirk Feldkirch Durch seine Grenzlage wurde der Bezirk Feldkirch bereits in den ersten Tagen des Ersten Weltkrieges mit der Unterbringung von feindlichen Ausländern konfrontiert. Der Grenzübergang in der Schweiz bei Buchs hatte bereits in den Jahren unmittelbar vor Kriegsausbruch 374 dafür gesorgt, dass die Gemeinden um die Stadt Feldkirch immer wieder mit der Ausländerfrage - und hier vor allem mit dem illegalen Grenzübertritt - konfrontiert wurden. Anfang August 1914 musste sich Vorarlberg als eine der ersten Regionen der Monarchie auf die neue Realität in einem Europa ohne offene Grenzen einstellen. Russen, Serben, Engländer, Belgier und Franzosen, die durch den unerwarteten Kriegsausbruch auf ihrer Reise am Grenzübergang in die Schweiz scheiterten, mussten im Raum Feldkirch bleiben. Bei Kriegsausbruch befanden sich viele Menschen im falschen Land. Die sogenannten feindlichen Ausländer in Österreich durften über Sonderabkommen die Heimreise antreten. Auch sie mussten dies über die Schweiz tun, da sie für das Deutsche Reich eine zusätzliche Erlaubnis und Legitimation benötigten. 375 Hierzu kamen eine geringere Zahl von in Vorarlberg ansässigen feindlichen Ausländern, die als Internierte in den 374 Siehe Abschnitt über Schlepper weiter oben. 375 Nach dem Abkommen mit Großbritannien (Jänner 1915) konnten österreichisch-ungarische Reichsangehörige und britische Staatsangehörige folgender Kategorien ungehindert heimreisen: Frauen und Kinder; Männern unter 18 und über 50 Jahren; Militärdienstuntaugliche (kranke, bzw. mit schweren Gebrechen behaftete Personen); Militärärzte. „Heimreisebewilligungen über Deutschland sind nur dann zulässig, wenn der Bewilligungswerber eine bezügliche Erlaubnis der deutschen Behörden vorweisen vermag.‟ (BH/Feldkirch,1915,591,21/15/prs) Das Abkommen mit Frankreich deckte sich mit dem von England mit Ausnahme der Altersgrenzen für Männer, die restriktiver waren (17 bis 55 Jahre) (BH/Feldkirch,1915,591,21/1120/prs). Das Abkommen mit Rußland war großzügiger (17 bis 45 Jahre) und sah vor, daß mittellose Russen unter bestimmten Umständen um Fahrtunterstützung ansuchen konnten. (BH/Feldkirch,1915,591,21/1120/prs).
265 Osten abgeschafft oder als Konfinierte innerhalb ihres unmittelbaren Wohnorts festgehalten wurden. 1. Das Frastanzer Konzentrationslager Am 31.Juli 1914 begann die Allgemeine Mobilisierung der gemeinsamen k.u.k. Streitkräfte, nachdem bereits am 25. Juli eine Teilmobilisierung erfolgt war. Etwa 75% der männlichen Bevölkerung zwischen 18 und 50 Jahren, rund 8,5 Millionen, wurden davon erfaßt. Zwei Tage später, am 2 August, schlossen Österreich-Ungarn, das Deutsche und das Osmanische Reich ein Kriegsbündnis. Am gleichen Tag schied das Königreich Italien aus dem 1882 gegründeten Verteidigungsbündnis - der Dreibund - mit der Begründung aus, dass Österreich einen Angriffskrieg gegen Serbien führte (Ackerl/Kleindel 1994, 459). Am 3. August überfiel Deutschland Belgien. Daraufhin erklärte Großbritannien am 4. August Deutschland den Krieg. Am 2. August legte der Dampfer Francesca der Austro-Americana im cisleithanischen Überseehafen Triest an. Er kam aus Südamerika und hatte 76 russische Rückwanderer 376 an Bord. "Da mit Rücksicht auf die obwaltenden Verhältnisse eine Rückbeförderung dieser Passagiere nach Russland oder an die russische Grenze unmöglich war, wurden dieselben an die Schweizer Grenze befördert, wo sie jedoch laut einer von ihnen telegraphisch an das hiesige Passagebureau der Austro-Amerikana gemachten Mitteilung nicht Schweizer Boden betreten dürften. Die Leute (waren) anscheinend unbedenklich, meistens Russisch-Polen, Juden und einige Deutsche." Für die anscheinende Unbedenklichkeit 377 übernahm die K.k. Polizeidirektion Wien die Haftung. (BH/Feldkirch,1914,591,S.B.1/14/A.Z.36) Am 6. August teilte die General-Repräsentanz der Canadian Pacific Railway Company Atlantic Steamship Lines der k.u.k. Polizeibehörde mit, dass eine Gruppe von jüdischen Auswanderern aus Rußland, die sie per Eisenbahn über Österreich und die Schweiz zum 376 Die durchschnittliche Rückwanderungsrate für jüdische Russen pendelte zwischen etwa 7% und 25%, je nach der wirtschaftlichen Entwicklung in Nord- und Südamerika und der politischen Entwicklung in Rußland und Russischpolen. (Sarna 1985). 377 Am 2.August 1914 teilte der k.k. Statthaltereirat und Leiter der BH allen Gendarmerie-Post-Kommanden und der Grenzkontrollstation Feldkirch im Auftrag des MdI mit, daß alle anscheinend wehrfähigen Russen - da sie noch nicht verhaftet werden durften - in den deutschen Gebieten zurückzuhalten sind, mit einigen Ausnahmen: „Es ist bedacht zu nehmen, dass durch Zwangsmassnahmen russische Staatsangehörige nicht betroffen werden, die sich infolge ihrer
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"Da mit Rücksicht auf die obwaltenden Verhältnisse eine Rückbeförderung dieser Passagiere<br />
nach Russland oder an die russische Grenze unmöglich war, wurden dieselben an die<br />
Schweizer Grenze befördert, wo sie jedoch laut einer von ihnen telegraphisch an das hiesige<br />
Passagebureau der Austro-Amerikana gemachten Mitteilung nicht Schweizer Boden betreten<br />
dürften. Die Leute (waren) anscheinend unbedenklich, meistens Russisch-Polen, Juden und<br />
einige Deutsche." Für die anscheinende Unbedenklichkeit 377 übernahm die K.k.<br />
Polizeidirektion Wien die Haftung. (BH/Feldkirch,1914,591,S.B.1/14/A.Z.36)<br />
Am 6. August teilte die General-Repräsentanz der Canadian Pacific Railway Company<br />
Atlantic Steamship Lines der k.u.k. Polizeibehörde mit, dass eine Gruppe von jüdischen<br />
Auswanderern aus Rußland, die sie per Eisenbahn über Österreich und die Schweiz zum<br />
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Grenzkontrollstation Feldkirch im Auftrag des MdI mit, daß alle anscheinend wehrfähigen Russen - da sie noch nicht<br />
verhaftet werden durften - in den deutschen Gebieten zurückzuhalten sind, mit einigen Ausnahmen: „Es ist bedacht zu<br />
nehmen, dass durch Zwangsmassnahmen russische Staatsangehörige nicht betroffen werden, die sich infolge ihrer