REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER
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4. Mitbestimmung 260 Die Mitbestimmungsfrage stellte sich auch am Ende des Krieges wieder. 1907 wurde nach jahrzehntelangem Kampf das allgemeine und direkte Wahlrecht für Männer auf Parlamentsebene in Cisleithanien endlich durchgesetzt. Sieben Jahre später (März 1914) führten wiederholte parlamentarische Krisen zur fast völligen Ausschaltung des Reichsrats unmittelbar vor Kriegsausbruch durch Karl Graf Stürgkh. Erst 1917 wurde der Reichsrat wieder einberufen. Im sozialpolitischen Bereich gestaltete sich der Reformprozeß nicht minder zähe. Seit dem Hainfelder Gründungsparteitag der SDAP 1889 versuchte die Sozialdemokratie eine paritätische Beteiligung für den Ausbau, die Umsetzung und Anwendung der Sozialpolitik zu gewinnen. Damit erhoffte sie sich, die Hegemonie der Liberalen und Christlichsozialen in dieser Frage zu brechen. Mit dem Untergang des Liberalismus in Österreich ab der Jahrhundertwende standen sich in der Sozialfrage Sozialdemokraten und Christlichsoziale im Kampf um die Vorherrschaft gegenüber. Mit der Ausrufung der Republik im November 1918 konnte sich die Sozialdemokraten dann auch in wesentlichen Mitbestimmungsfragen - unter anderem Arbeiterkammergesetz und Betriebsratsgesetz - endlich durchsetzen. Die weiter oben erwähnten Forderungen der Sozialdemokratie bezüglich einer paritätisch gestalteten Wanderungspolitik wurden durch die Beteiligung der Gewerkschaften bei den Industriellen Bezirkskommissionen (Arbeitsmarktbehörde) und ihren Einfluß auf das Wanderungsamt (siehe weiter unten) unmittelbar nach dem Krieg erreicht. Sieht man diese vier Bereiche - internationale Solidarität, Bekämpfung der Ineffizienz, Chauvinismus und Mitbestimmung - in einem Zusammenhang, so lässt sich feststellen, dass sich mit Ausnahme des erstgenannten eine gewissen Synergie bis Ende des Ersten Weltkrieges eingestellt hat. Die Aufgabe des Prinzips der internationalen (sprich multikulturellen) Solidarität seitens der Sozialdemokratie ermöglichte bereits in der Ersten Republik in wenigstens einem relevanten politischen Bereich eine Annäherung zwischen den zwei sonst verfeindeten ideologischen Lagern. In wesentlichen Punkten stimmten Christlichsoziale und Sozialdemokraten in der Ausländerfrage nämlich überein. Beide Parteien waren deutschnational und bewußt monokulturell eingestellt. Mit der Einrichtung des Sozialministeriums in Oktober 1917 und die Ernennung von Victor Mataja zum Posten des ersten österreichischen Sozialministers signalisierte das christlichsoziale Lager, dass sie
261 bereit waren, auf die wesentlichsten Forderungen der Sozialdemokraten einzugehen. Bereits 1917 wurde die paritätische Überwachung der Arbeitsnachweise (Arbeitsmarktservice) vereinbart. (Schmidt 1991, 65-66). Im Oktober 1918 legt dann der Sozialminister Mataja eine Gegenentwurf zum bereits im Jahre 1917 im Nationalrat von der SDAP eingebrachten Arbeiterkammergesetzentwurf vor. (MföA,1918,730,68560) Diese Maßnahmen waren auch dazu gedacht die für die Monarchie aber vor allem den Weltkrieg typische Ineffizienz im Bereich der Arbeitsplatzvermittlung zu beseitigen. Schließlich waren sich - aller Verbalradikalismus zum Trotz - beide Parteien einig, dass ein Ausbau des Sozialstaats zwar allen Inländern zur Gänze, die Staatsfremden jedoch nur bedingt schützen sollte. Dies wurde im Laufe der 20er Jahre mehr als eindeutig. Historisch gesehen scheint die Ausländerfrage der einzige sozialpolitische Sachbereich gewesen zu sein, in dem sich Rote und Schwarze immer einigen konnten.
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Arbeiterkammergesetzentwurf vor. (MföA,1918,730,68560) Diese Maßnahmen waren auch<br />
dazu gedacht die für die Monarchie aber vor allem den Weltkrieg typische Ineffizienz im<br />
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Verbalradikalismus zum Trotz - beide Parteien einig, dass ein Ausbau des Sozialstaats zwar<br />
allen Inländern zur Gänze, die Staatsfremden jedoch nur bedingt schützen sollte. Dies wurde<br />
im Laufe der 20er Jahre mehr als eindeutig. Historisch gesehen scheint die Ausländerfrage<br />
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