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REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER

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247<br />

Das hier dargestellte Beispiel aus einer der drei 358 mehrsprachigen (sprich multikulturellen)<br />

Reichsratsländer im Alpenraum zeigt, dass um als eingelebter Österreicher zu gelten, man<br />

nachweisen sollte, dass man sich als Deutscher verstand.<br />

"Landesregierung Klagenfurt an Exz. Feldzuegmeister von Schleyer, 25. Juni 1915<br />

Laut einer mir zugekommenen Mitteilung des Herren Ministerpräsidenten wurde der 18-<br />

jährige Reichsitaliener Norbert Ferrari aus Spital a/d Drau kürzlich in Leibnitz interniert.<br />

Ferrari, Sohn der Witwe Elise Ferrari, verwitwete Pesentheimer, geboren Ertl, soll ganz<br />

deutsch erzogen und ein begeisterter Deutscher sein. (...)"<br />

Stellungnahme k.k. Ministerpräsident in Klagenfurt<br />

"Der Abgeordnete Professor Dr. Steinwender hat sich kürzlich wegen ausnahmsweiser<br />

Behandlung eines jungen Mannes Norbert Ferrari in Spital an der Drau, der formell<br />

Reichsitaliener, den faktischen Verhältnissen nach ein ganz eingelebter Oesterreicher an mich<br />

in angelegentlicher Weise gewendet." (MdI,1915,19/3,1815,12669)<br />

Aus den Direktiven und dem ministeriellen Briefverkehr dürften bei der Feststellung des<br />

Assimilierungsgrades folgende Kriterien ausschlaggebend gewesen sein 359 :<br />

- bisherige tadellose Aufführung, vollkommene Unbedenklichkeit<br />

- vieljähriger Aufenthalt in Österreich<br />

- durch ihre Familienbeziehungen den Einheimischen gleichzukommen<br />

- Geburt in Österreich<br />

358 Betrachtet man den sechs Reichsratsländer des heutigen Österreichs nach dem Gesichtspunkte der modernen<br />

Multikulturalität so sind nur zwei davon, Salzburg und Oberösterreich, eindeutig monokulturell deutsch gewesen. Tirol,<br />

Steiermark und Kärnten waren offiziell mehrsprachig. Niederösterreich, obwohl offiziell (subjektiv) deutsch war tatsächlich<br />

(objektiv) multikulturell, berücksichtigt man den modernen Schätzungen, wonach ca. 10% der inländischen Bevölkerung<br />

tschechisch- oder slowakischsprachig war (Glettler 1972; John/Lichtblau 1990).<br />

359 Vgl. Stellung des K.u.k Kriegsüberwachungsamt: „Mit dem h.o. Zirkulartelegramme vom 17. Juni d.J. K.Ü.A. 31064<br />

wurde in teilweiser Änderung der h.o. telegraphischen Weisung vom 10.Juni l.J. K.U.A. 30240 auf Grund des mit dem<br />

Kommando der Südwestfront geflogenen Einvernehmens festgesetzt, dass von der Ausserlandschaffung diejenigen<br />

vertrauenswürdigen Angehörigen feindlichen Staaten ausgenommen werden können, die nur formell die Angehörigkeit des<br />

feindlichen Staates besitzen, in Wirklichkeit aber im Inlande geboren und erzogen den Einheimischen ganz assimiliert sind<br />

und eventuell auch gar nicht die Sprache des Heimatlandes beherrschen. Wenn diese Voraussetzungen tatsächlich zutreffen,<br />

so müssen die betreffenden Ausländer auch nicht nach Nieder- oder Oberösterreich abgeschafft, sondern können in ihren<br />

früheren Aufenthaltsorten konfiniert werden. (...) Ausser diesem kommen für die Konfinierung in Niederösterreich oder<br />

Oberösterreich höchstens solche Angehörige der sonstigen feindlichen Staaten in Betracht, welche zwar Jahre im Inlande<br />

ansässig und unbedenklich sind, aber nicht als Assimilierte angesehen werden können. Da bezüglich der Reichsitaliener<br />

besonders rigoros vorzugehen ist, sind Reichsitaliener der letzterwähnten Art, wenn sie wehrfähig sind zu internieren, sonst<br />

aus der Monarchie auszuweisen.‟ (MdI,1915,19/3,1816,13433) In diesem Zusammenhang kann man relativ sicher sein, daß<br />

Assimilierung mit Germanisierung gleichzusetzen ist.

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