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REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER

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Es wurde vorgesorgt, dass die Internierten, die zumeist unbedenklich und gute Arbeiter sind,<br />

zu Arbeiten verwendet und zu diesem Zwecke in größeren oder kleineren Partien an<br />

verschiedene Unternehmungen, namentlich für Bahn - und sonstige Bauten, Erdarbeiten etz.<br />

vergeben werden. Bis zum 13. Juli l.J. wurden in Sammeltransporten über die Schweizer<br />

Grenze 12.779 nicht wehrfähige Reichsitaliener aus Österreich abgeschafft. Mit der<br />

Abschaffung wird fortgesetzt und dürfte die Zahl der noch Abzuschaffenden 6000 - 7000<br />

betragen." (MdI,1915,19/3,1816,15160)<br />

Feindliche Ausländer, und hier vor allem Frauen, wurden aus der strengen Internierungs- und<br />

Abschaffungspolitik ausgenommen, wenn nachweisbar war, dass sie den Einheimischen ganz<br />

assimiliert und durchaus verläßlich waren. Während sich der Begriff verläßlich sich vor<br />

allem auf die Ablehnung des italienischen Irredentismus, des Panslawismus und der<br />

Russophilie 356 bezog, wurde das Konzept Assimilierung nicht näher definiert. Da<br />

Cisleithanien offiziell ein Vielvölkerstaat war, hätten die Reichsitaliener im dreisprachigen<br />

Reichsratsland Tirol theoretisch nur beweisen müssen, dass sie sich der heimischen<br />

italienisch-ladinischen Bevölkerung 357 assimiliert hatten.<br />

"Von der Internierung beziehungsweise Abschaffung wurden lediglich diejenigen<br />

ausgenommen, welche im Inlande geboren, erzogen, den Einheimischen ganz assimiliert und<br />

durchaus verläßlich sind; aber auch diese werden in dem engeren Operationsraum gewöhnlich<br />

nicht geduldet, sondern im Hinterland konfiniert." (MdI,1915,19/3,1816,15160)<br />

Das Verfahren zur Feststellung des Grades der Assimilierung scheint nirgends objektiviert<br />

worden zu sein. Aus den Akten geht klar erkennbar hervorgeht, dass unter dem Begriff<br />

assimiliert das vollständige Aufgehen in die Kultur und den Sitten der Einheimischen und die<br />

restlose Aufgabe der eigenen Nationalität und Traditionen verstanden wird. Implizit, aber<br />

nirgends direkt ausgesprochen ist die Annahme, dass das einheimische Volk deutsch wäre.<br />

356 Im damaligen Sprachgebrauch hieß diese panslawische Einstellung Russophilität (Mentzel 1985, 19).<br />

357 1910 sprachen von 1,049,169 Tiroler, 651.858 Deutsch und 391.557 Italienisch-Ladinisch als Umgangssprache. Zu den<br />

numerisch wichtigen Umgangssprachen der cisleithanischen Zuwanderer im Reichsratsland galten Böhmisch-Mährisch-<br />

Slovakisch (4.372), Slowenisch (609), Polnisch (414) und Ruthenisch (267). Serbisch-Kroatisch (60), Magyarisch (17) und<br />

Rumänisch (15) waren marginal.

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