REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER

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14.02.2013 Aufrufe

240 müßten, mit Hilfe der Militärgewalt in so menschenunwürdigender Weise handeln zu können?" (Schacherl 1918) 348 B. Internierte und Konfinierte Zivilinternierte Italiener, Russen, Serben, Rumänen, Albaner, Franzosen, Belgier und Briten wurden einen Stammlager zugewiesen. Sie arbeiteten jedoch genauso wie die Militärangehörigen mehrheitlich in der Industrie und Landwirtschaft außerhalb ihres Lagers. Konfinierte feindliche Zivilisten unterlagen weniger strengen Bestimmungen wie ihre internierten und kriegsgefangenen Landsleute. "Sie mussten sich in einem bestimmten Gebiet aufhalten, unterlagen Meldepflichten und Beschränkungen im Postwesen. Ihre Post wurde von den Konfinierungsstationen, mitunter von Bezirksmannschaften oder Polizeikommissariaten, zensuriert, mit einem Stempel versehen, nachdem sie bei diesen Stellen offen abgeben worden war." (Köhler 1991, 71) Die Gesamtzahl der Konfinierten wird sich wahrscheinlich nie erheben lassen. Bei Köhler findet sich eine "Aufstellung jener Orte, in denen sich entweder kleine Internierungslager oder freilebende Konfinierte zumindestens zeitweise befunden haben sollen, bzw. soweit dies belegt ist, auch tatsächlich befunden haben. (...) Es fällt auf, dass die meisten der in der Aufstellung angeführten Orte in Niederösterreich liegen. Dies hängt wohl damit zusammen, dass sich bei Kriegsbeginn die meisten feindlichen Ausländer in Wien oder dessen Umgebung befanden und daher zweckmäßigerweise in nächster Nähe untergebracht wurden." (Köhler 1991, 78). Bei dieser zugegebenermaßen unvollständige Aufstellung, die die gesamte Kriegszeit abdecken soll, befinden sich keine Orte in Vorarlberg, der Region mit der höchsten pro Kopf Konzentration ausländischer Zivilisten aus Feindländern. 1. das Lagersystem 348 Das Anlegen von Spangen war zwar als Disziplinarmaßnahmen ausdrücklich vorgesehen, nicht aber das Aufhängen von Bäume. Darüber hinaus dürfte dies nie in der Öffentlichkeit stattfinden. Hansak berichtet von einem weiteren Beispiel bei dem die Sozialdemokraten gegen das öffentliche Anbinden von Kriegsgefangenen bei den Staatsbahnwerkstätte in Knittelfeld erfolgreich intervenierten (1991, 148). Eine Untersuchungskommission des Kriegsministerium in Trofaiach/Stmk. stellte fest, daß die Brutalität gegen Ausländer oft ethnisch unterschiedlich gelagert war. Während Russen in der Regel entgegenkommend behandelt wurden, wurden die Italiener von einigen Chargen und deren dienstführenden Feldwebel regelmäßig geschlagen. Den österreichisch-ungarischen Soldaten wurden hierfür militärrechtlich bestraft (Hansak 1991, 149). Von der sozialdemokratischen Presse zu urteilen, nahm vor allem nach der russischen Revolution 1917 die Sympathie der österreichischen Arbeiter für den Russen deutlich zu.

241 Für die Internierungsfrage lässt sich wenigsten für die ersten zwei Kriegsjahre (bis 25. Mai 1916) anhand des Protokolls einer "im Kriegsministerium stattgefundene(n) vom Kriegsüberwachungsamte einberufene(n) Sitzung 349 in Angelegenheit der Refundierung der aus Anlass der Internierung feindlicher Staatsangehöriger und politisch verdächtiger eigener Staatsangehöriger" ein grobes Bild zeichnen. Hiernach wurden zu dieser Zeit die Internierungsstationen in Tirol sowie die Gemeindelager in Salzburg (angeblich wegen Frontnähe) aufgelöst. Auch im ausländerpolitischen Bereich waren Tirol/Vorarlberg und Kärnten - mit ihren hohen Reichsitalieneranteile - noch stärker als Salzburg und die Steiermark vom Beginn des Krieges mit Italien betroffen. feindliche Zivilisten in Nordtirol, Osttirol und Vorarlberg (Rußland und dem Königreich Italien nach der Volkszählung von 1910, vergleichen mit cisleitanischen Italiener) Bezirke Angehörige italienischsprachige Reichsitaliener Rußlands Cisleithanier Imst 2 40 19 Innsbruck 6 822 672 Kitzbühel 1 56 58 Kufstein 2 42 251 Landeck 1 200 77 Lienz -- 53 408 Reutte -- 30 64 Schwaz -- 96 49 Bludenz 5 1.724 207 Bregenz 16 1.953 531 349 Bei dieser Sitzung ging es darum, die Finanzierung für das ganz Reich zu vereinheitlichen und der Heeresverwaltung direkt zu unterstellen. Nach Kriegsausbruch wurden die Internierten in den ersten Wochen nämlich bei den Gemeinde in Arrest gebracht. Ein Zentrum der gemeindezentrierten Überwachung und Inhaftierung war das Reichsratsland Salzburg. Noch in Oktober 1915 hat das Militär, wie das Innenministerium immer noch die Einstellung vertreten, daß die Internierung Gemeindesache sei. „(Bei) hisherigen Verhandlungen mit dem k.k. Ministerium des Innern (wurde) insoferne von irrigen Voraussetzungen ausgegangen (...), als hiebei auch von einer gemeindeweisen Unterbringung der Internierten gesprochen wurde. Folgenden Gründen wurden angegeben für die nunmehrige Übernahme seitens der Heeresverwaltung für sämtliche Kosten der Interniertenunterbringung: „1.) Die Internierung ist eine militärische, im unmittelbaren Interesse der Kriegführung erfolgte Massnahme, da es sich darum handelt, hauptsächlich aus dem Kriegsgebiete Personen zu beseitigen (...). 2.) Die Internierungen erfolgen zumeist über Verlangen, vielfach auch über direkte Veranlassung der militärischen Kommandanten (...). 3.) Bei den Internierten-Kosten handelt es sich schon deshalb um gemeisame von der ganzen Monarchie zu tragende Auslagen, da sie vornehmlich fremde Staatsangehörige aus den Kriegszonen, vielfach auch Personen aus den besetzten feindlichen Gebieten (z.B. Russisch-Polen, Serbien, Albanien) betreffen, daher logischerweise nicht nur einem Staate angelastet werden können. 4.) Die Heeresverwaltung hat bereits im allgemeinen die Geneigtheit zur Übernahme der Internierungs-Kosten ausgesprochen (...). 5.) Einzelne Internierten-Lager befinden sich tatsächlich in militärische Verwaltung und werden alle damit verbundenen Auslagen vom Heeresetat getragen (so z.B. in Thalerhof für russophile Inländer aus Galizien und der Bukowina, Internierten-Lager in Nezsider, Arad etc.); es ginge nicht an, die Frage nicht einheitlich zu behandeln, d.h. die Kosten zum Teile von der Heeresverwaltung, zum Teile von der politischen Verwaltung tragen zu lassen.‟ (MdI,1916,19/3,1825,15202)

240<br />

müßten, mit Hilfe der Militärgewalt in so menschenunwürdigender Weise handeln zu<br />

können?" (Schacherl 1918) 348<br />

B. Internierte und Konfinierte<br />

Zivilinternierte Italiener, Russen, Serben, Rumänen, Albaner, Franzosen, Belgier und Briten<br />

wurden einen Stammlager zugewiesen. Sie arbeiteten jedoch genauso wie die<br />

Militärangehörigen mehrheitlich in der Industrie und Landwirtschaft außerhalb ihres Lagers.<br />

Konfinierte feindliche Zivilisten unterlagen weniger strengen Bestimmungen wie ihre<br />

internierten und kriegsgefangenen Landsleute. "Sie mussten sich in einem bestimmten Gebiet<br />

aufhalten, unterlagen Meldepflichten und Beschränkungen im Postwesen. Ihre Post wurde<br />

von den Konfinierungsstationen, mitunter von Bezirksmannschaften oder<br />

Polizeikommissariaten, zensuriert, mit einem Stempel versehen, nachdem sie bei diesen<br />

Stellen offen abgeben worden war." (Köhler 1991, 71) Die Gesamtzahl der Konfinierten wird<br />

sich wahrscheinlich nie erheben lassen. Bei Köhler findet sich eine "Aufstellung jener Orte, in<br />

denen sich entweder kleine Internierungslager oder freilebende Konfinierte zumindestens<br />

zeitweise befunden haben sollen, bzw. soweit dies belegt ist, auch tatsächlich befunden<br />

haben. (...) Es fällt auf, dass die meisten der in der Aufstellung angeführten Orte in<br />

Niederösterreich liegen. Dies hängt wohl damit zusammen, dass sich bei Kriegsbeginn die<br />

meisten feindlichen Ausländer in Wien oder dessen Umgebung befanden und daher<br />

zweckmäßigerweise in nächster Nähe untergebracht wurden." (Köhler 1991, 78). Bei dieser<br />

zugegebenermaßen unvollständige Aufstellung, die die gesamte Kriegszeit abdecken soll,<br />

befinden sich keine Orte in Vorarlberg, der Region mit der höchsten pro Kopf Konzentration<br />

ausländischer Zivilisten aus Feindländern.<br />

1. das Lagersystem<br />

348 Das Anlegen von Spangen war zwar als Disziplinarmaßnahmen ausdrücklich vorgesehen, nicht aber das Aufhängen von<br />

Bäume. Darüber hinaus dürfte dies nie in der Öffentlichkeit stattfinden. Hansak berichtet von einem weiteren Beispiel bei<br />

dem die Sozialdemokraten gegen das öffentliche Anbinden von Kriegsgefangenen bei den Staatsbahnwerkstätte in<br />

Knittelfeld erfolgreich intervenierten (1991, 148). Eine Untersuchungskommission des Kriegsministerium in<br />

Trofaiach/Stmk. stellte fest, daß die Brutalität gegen Ausländer oft ethnisch unterschiedlich gelagert war. Während Russen<br />

in der Regel entgegenkommend behandelt wurden, wurden die Italiener von einigen Chargen und deren dienstführenden<br />

Feldwebel regelmäßig geschlagen. Den österreichisch-ungarischen Soldaten wurden hierfür militärrechtlich bestraft (Hansak<br />

1991, 149). Von der sozialdemokratischen Presse zu urteilen, nahm vor allem nach der russischen Revolution 1917 die<br />

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