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REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER

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234<br />

Im zivilen Bereich ist das Zusammenleben zwischen Inländern und Ausländern im Ersten<br />

Weltkrieg heute schwer rekonstruierbar. Konzepte wie einheimisch und fremd lassen sich<br />

nicht auf die Ebene der Staatszugehörigkeit übertragen, da beispielsweise galizische<br />

Flüchtlinge kulturell von den Vorarlbergern viel weiter entfernt waren als die feindlichen<br />

Staatsfremden aus Veneto, die teilweise im Land geboren und aufgewachsen waren. Im<br />

militärischen Bereich stießen zwangsbeschäftigte Kriegsgefangene aus Rußland, Serbien und<br />

Italien auf einheimische Landsturmarbeiter, die ihrerseits auch unfrei waren, da sie der<br />

Militärdisziplin unterstanden und sich nur durch Eintritt in den aktiven Kriegsdienst ihren<br />

Arbeitgebern entziehen konnten. Schließlich versuchten die cisleithanischen Behörden -<br />

nachdem das Deutsche Reich und Österreich-Ungarn 1916 größere Teile Russischpolens<br />

erobert hatte - zivile Zwangsarbeiter aus dem besetzten Gebiete anzuwerben. 345<br />

Zusammengenommen ergibt sich das Bild einer äußerst heterogenen und teilweise<br />

uneinheitlichen Ausländerpolitik im Krieg.<br />

Zuverlässiges und vollständiges Zahlenmaterial über Kriegsgefangene und Internierte in<br />

Österreich-Ungarn gibt es nicht. So gibt Köhler (1991, 7) mit Hinweis auf Clement (1991) die<br />

Gesamtzahl aller durch das gemeinsame österreichisch-ungarische Heer<br />

gefangengenommenen feindlichen Militärangehörigen mit 1,309,000 an, wovon 908.000 der<br />

Armee des Russischen Reiches angehören sollten. Hansak (1991, 47), hingegen, gibt mit<br />

Hinweis auf Scheidl (1943, 97) die viel höhere Zahl von insgesamt 1,861,000<br />

Kriegsgefangenen an, wobei 1,270,000 Russen sein sollen. Über die genaue Gesamtzahl der<br />

Internierten und Konfinierten gibt es nicht einmal widersprüchliche Schätzungen für das<br />

gesamte Reich. Nach Köhler lassen sich im Gebiet des heutigen Österreich Lager für<br />

zivilinternierte feindliche Ausländer in Katzenau bei Linz, Nezsider (Neusiedl am See) und<br />

Thalerhof/Zettling bei Graz bestätigen. Nach den Unterlagen des Ministeriums des Inneren zu<br />

urteilen, ist aber kaum zwischen Lager für feindlichen Staatsangehörige und politisch<br />

verdächtige Inländer zu unterscheiden. In vielen Fällen gehörten sie der gleichen Nationalität<br />

- etwa italienische, polnische, rumänische oder serbische - an. Übereinstimmend als Lager<br />

(wenn nicht ausschließlich) für ausländische Internierte während des gesamten Krieges<br />

344 Nach der Volkszählung von 1910 lebten rund 64.000 Reichsdeutsch, 30.000 Reichsitaliener 6.500<br />

Schweizer/Liechtensteiner und 5.000 Russen in den Alpenländer und Niederösterreich.<br />

345 Im Gegensatz zur reichsdeutschen Erfahrung (Elsner 1961) ist die Zivilarbeiteraktion Österreichs kläglichst gescheitert<br />

(MdI,13/6,1916,33576).

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