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REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER

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233<br />

III. INTERNATIONALISMUS <strong>UND</strong> KRIEG (1914-1918)<br />

Die Lage der Ausländer in Österreich änderte sich mit dem Beginn der Feindseligkeiten im<br />

Sommer 1914 radikal. Wie in allen anderen kriegführenden Ländern wurden die Angehörigen<br />

feindlicher Staaten zuerst einmal als militärische Gefahr gesehen. Für den Bereich des<br />

heutigen Österreich befand sich die überwiegende Mehrzahl aller feindlichen Staatsfremden<br />

in der Reichshauptstadt und Umgebung (Köhler 1991, 78). Auf die Internierung und das<br />

Konfinieren größerer Gruppen von Ausländern 342 war man vollkommen unvorbereitet.<br />

"(M)angels einer gesetzlichen Handhabe (war) in Friedenszeiten betreffs der Internierungen<br />

(...) nichts vorgesehen, auch mit einer so langen Dauer der Internierungen" wurde nicht<br />

gerechnet (MdI,1916,19/3,1825,15202). Im Verhältnis zu den gegen bestimmte<br />

Inländergruppen gesetzten Schritten 343 im ersten Kriegsjahr waren die Maßnahmen im<br />

ausländerpolitischen Bereich jedoch unspektakulär. Die Ausländerfrage blieb bis zum<br />

Kriegsausbruch mit Italien marginal. Neben vereinzelten Zivilisten aus Feindstaaten waren es<br />

vor allem russische und serbische Kriegsgefangene, die das Bild des Ausländers in der<br />

cisleithanischen Öffentlichkeit prägten. Viel auffallender in Erscheinung getreten sind jedoch<br />

die hunderttausenden fremdsprachigen Evakuierten und Flüchtlinge aus den Grenzregionen<br />

nahe der Front zu Rußland gewesen. Mit dem Ausbruch des Krieges mit Italien änderte sich<br />

die Lage für die Reichsitalier in Österreich, vor allem für die in unmittelbarer Frontnähe<br />

Lebenden, im Reichsratsland Tirol. Die Reichsitaliener stellten nach den Reichsdeutschen die<br />

zweitgrößte Ausländergruppe dar. 344 Die italienischen Zuwanderer stammten großteils aus<br />

den an Österreich angrenzenden Alpenregionen und hatten sich mit den Welschtirolern<br />

freundschaftlich und verwandtschaftlich vermischt. Kriegsbedingt gesellten sich ab dem Juni<br />

1915 Zehntausende Südtiroler Flüchtlinge deutscher und italienischer Nationalität zu den<br />

bereits vorhandenen feindlichen Zuwanderern, Flüchtlingen und Kriegsgefangenen. Die Lage<br />

für die in Cisleithanien lebenden Reichsdeutschen, insofern sie nicht zum aktiven<br />

Kriegsdienst eingezogen wurden, glich sich jener der österreichischen Staatsangehörigen an.<br />

342 In Cisleithanien befanden sich aus den führenden Feindstaaten - nach der Volkszählung von 1910 - aus Großbritannien<br />

3.054, Frankreich 2.928 und Rußland 40.587 Personen; wobei die meisten Russen (32.536) in den Karpathenländern lebten<br />

(Volkszählungen 1913, 6 und 10).<br />

343 Für die migrationsspezifische Aspekte der Kriegsdiktatur im Ersten Weltkrieg vgl. Mentzel 1995; Hoffmann-Holter<br />

1995/1. Fragen zur Bekämpfung des italienischen Irredentismus oder Verfolgung des Panslawismus werden hier nur<br />

behandelt, wenn sie sich mit der Ausländerfrage unmittelbar überschneiden. Ein Beispiel hierfür wäre die Politik in Tirol in<br />

bezug auf die staatsbürgerschaftlich gemischte italienische Bevölkerung nach dem Kriegsausbruch mit Italien.

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