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REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER

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172<br />

abzustecken. Überall dort, wo das Wanderungsgeschäft gesetzlich verhindert wurde, konnte<br />

das ungesetzliche Geschäft gedeihen. 251<br />

Begünstigt durch ihre jahrzehntelange Erfahrung in Deutschland, Skandinavien, der Schweiz<br />

und Deutschösterreich, begannen die reichsdeutschen Agenturen bereits während der 1870er<br />

Jahre mit der Vorbereitung des tschechischen und nordungarischen Markts. Die<br />

gesamtösterreichischen Werbungsverbote aus den Jahren 1833, 1852, 1863 und 1865, sowie<br />

die transleithanischen aus den Jahren 1881 und 1903 bzw. cisleithanische aus dem Jahr 1897<br />

trugen nur dazu bei, die legale Konkurrenz vom Markt zu verbannen. Bereits 1874<br />

beschwerte sich der österreichisch-ungarischen Geschäftsträger in Berlin in einer Note vom<br />

15. September über den Auswanderungsexpedienten Charles Börnstein aus Bremen, der in<br />

Österreich und Ungarn für die Auswanderung nach Brasilien geworben hat. 252<br />

Auswanderungswerbung und Schlepperei im großen Stil sind mit dem Ort Oswiecim<br />

(Ausschwitz) und der Person Friedrich Mißler zwangsläufig in Verbindung zu bringen. Da<br />

sich die großen international tätigen Reedereien mit dem schmutzigen Geschäft des<br />

Menschenhandels nicht öffentlich in Verbindung bringen lassen wollten, unterhielten sie<br />

selber zuerst keine eigenen Büros in Ungarn und Österreich. Die für sie tätigen Schlepper<br />

rekrutierten die Klientel vor Ort und brachten sie vorwiegend in beziehungsweise in der Nähe<br />

der österreichisch-preußischen Grenzstation Oswiecim ins Ausland. Der Bremer Agent<br />

Mißler galt als der Prototyp eines internationalen Schleppergroßunternehmers. Mit Deckung<br />

seiner Heimatstadt und der reichsdeutschen Regierung konnte er von Budapest aus<br />

unbehelligt die vermutlich größte professionelle Menschschmuggeloperation dieser Epoche<br />

auf die Beine stellen. Im Gegensatz zu den konzessionierten legal arbeitenden<br />

Auswanderungsagenturen betrieb Mißler eine offene und aggressive Werbung für die<br />

Ausreise nach Übersee.<br />

In Form von getarnten Prospekten und fingierten Briefen deckten Bremer und Hamburger<br />

Agenturen ihre Märkte von Deutschland aus und später von dezentralen Absenderadressen im<br />

Inland mit Arbeitsangeboten, Reisebeschreibungen und Erfolgsgeschichten bereits<br />

ausgewanderter Österreicher und Ungarn ein.<br />

251 Deák 1974,167-169.<br />

252 Just 1988, 46.

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