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REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER

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deutlich wird. Die verschwindend kleine Gruppe der Staatsfremden - vorwiegend aus dem<br />

Deutschen Reich und dem Italienischen Königreich - waren den österreich-ungarischen<br />

Staatsbürgern im Beschäftigungsbereich gleichgestellt. Nur bei der Ausübung eines Gewerbes<br />

oder dem Eintritt in den öffentlichen Dienst war die Staatsbürgerschaft ausschlaggebend, wie<br />

anderenorts dargestellt wurde.<br />

Die eigentliche Wanderungsfrage der Monarchie betraf die Auswanderung von<br />

cisleithanischen, die Durchwanderung von transleithanischen und bosnisch-herzegowinischen<br />

und die Ein- und Durchwanderung russischer Staatsbürger in (nach ihrer zahlenmäßigen<br />

Bedeutung gereiht) die Vereinigten Staaten, das Deutsche Reich, nach Kanada, Brasilien,<br />

Argentinien, in die Schweiz und das Osmanische Reich. Die Debatte hierüber spitzte sich, im<br />

Gegensatz zu den benachbarten Auswanderungsländern sehr spät zu. Erst als das k.k.<br />

Kriegsministerium mit der Behauptung an die Öffentlichkeit trat, "dass die Zahl der<br />

Stellungsabwesenden der drei berufenen Altersklassen im Jahre 1913 193.000 Mann<br />

betrug" 237 , begann man mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln, das Schlepperwesen zu<br />

bekämpfen. Gekoppelt wurden diese drakonische Kontrollmaßnahmen nicht mit<br />

entsprechenden - von den Christlichsozialen und der Sozialdemokratie geforderten - Schutz-,<br />

Beratungs- und Betreuungsmaßnahmen für die migrierende Bevölkerung selber. Man setzte<br />

allein auf polizeiliche Verbotsmaßnahmen, die in der Regel nur vorübergehende Wirkung<br />

zeigten. Die bestens organisierten und auf staatliche Verhinderungsversuche gut vorbereiteten<br />

Schlepperbanden leiteten die Wanderungsbewegungen einfach um. Effektiv gestoppt wurde<br />

der Menschenschmuggel erst dann, als sämtliche Grenzen beim Ausbruch des Ersten<br />

Weltkriegs schrittweise dicht gemacht wurden.<br />

Das wanderungspolitische Erbe der Monarchie in der Ersten Republik war die "Ratlosigkeit",<br />

wie Sylvia Pelz die Migrationspolitik der ersten Jahre unmittelbar nach 1918 treffend<br />

charakterisierte. 238 Es war nicht das Auseinanderbrechen der nationalen Bestandteile der<br />

Monarchie, die die Nachkriegsbehörden vor schier unbewältigbare Aufgaben stellte, sondern<br />

das Fehlen einer Migrationspolitik schlechthin. Das einzige was aus der jahrzehntelangen<br />

Erfahrung mit der Migration vor dem Weltkrieg und von den Erben des Kaiserreichs in Prag,<br />

237 vgl.: Daimand 1914, 359.<br />

238 vgl.: Pelz 1994, 37.

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