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REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER

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neue Technologien zu finanzieren. Gleichzeitig schuf ein sicheres Jahreskontingent von<br />

Auswanderern diesen Unternehmen die Möglichkeit, das Luxusangebot für die Erste Klasse<br />

zu verbessern. Die Agenten erhielten von den Reedereien eine Prokopfprämie. Darüberhinaus<br />

kassierten sie von den Auswanderern Provision und in vielen Fällen erhielten sie auch<br />

Zahlungen von den Gemeinden oder den Angehörigen und Freunden der Auswanderer in<br />

Übersee. Je schwieriger ihr Auftrag, um so höher der Verdienst. Die Gemeinden brauchten<br />

die Schlepper und Werbeagenturen, um ihre überschüssige Bevölkerung wegzuschaffen.<br />

Darüber hinaus waren viele Honoratioren, wie auch Handwerker, Bauern und Wirtsleute des<br />

jeweiligen Ortes als Subagenten der Agenturen tätig und führten somit auch einen Teil der<br />

Verdienste am Einwanderungsgeschäft wieder in die Gemeindewirtschaft zurück. Schließlich<br />

brauchten die Auswanderungswilligen die Reedereien, Reisebüros, und Schlepper, um sie mit<br />

Information über die zahlreichen und äußerst komplizierten Details der Auswanderung zu<br />

versorgen. Diese Beratung wäre bei einer staatlich sanktionierten Beratungsstelle besser<br />

angesiedelt gewesen. In den Fällen, wo der Staat das Ausreisen verbot - wie etwa bei<br />

Wehrpflichtigen - mussten sich die Reedereien, die Gemeinden und die Auswandererfamilien<br />

auf die gut ausgebauten und ihnen allen wohlvertrauten illegalen Schleppernetzwerke der<br />

Agenturen verlassen können, damit die ehemaligen Gemeindemitglieder ihre Ausreise sicher<br />

und erfolgreich absolvieren konnten und sobald wie möglich Ersparnisse in die alte Heimat<br />

überweisen konnten.<br />

Die österreichische Sozialdemokratie ortete in dieser "wilde(n) Organisation" 219 der<br />

Auswanderung eines der Hauptübel des "entwickelten Kapitalismus". Analog ihres<br />

revisionistischen Gesellschafts- und Sozialismusverständnisses strebten sie die<br />

Demokratisierung und Bürokratisierung der Auswanderungspraxis durch die formelle<br />

Einbindung von Partei und Gewerkschaften in diesem Bereich an. Adressatin ihrer<br />

Reformbestrebungen war zwar die Zentralregierung in Wien, verwirklicht werden sollte die<br />

Reform jedoch auf allen Verwaltungsebenen.<br />

d. Die Arbeiterwanderung als Wesenszug des Kapitalismus<br />

"Wir mögen die Leiden, die den einzelnen zur Auswanderung treiben und die Gefahren,<br />

denen er entgegengeht, beklagen; aber wir wissen, dass 'Ein- und Auswanderung der Arbeiter

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