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REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER

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141<br />

Freizügigkeit". 204 Die Sozialdemokraten wichen zwar von dieser rein auf der Freizügigkeit<br />

basierenden Argumentation ab. Sie betonten aber ihre grundsätzliche Zustimmung zum<br />

Freizügigkeitsgrundsatz, hoben jedoch hervor, das Gesetz sei "nichts als Polizei!" Der<br />

"vollständige Mangel aller positiven Bestrebungen, die Auswanderungsbewegung für die<br />

Bevölkerung fruchtbar zu machen" und die "Spuren des Einflusses der Kriegsverwaltung"<br />

machen deutlich, "dass diese militärischen Forderungen den festen Kern der Sache bilden, um<br />

den der sozialpolitische Aufputz nur als eine lockere Hülle herumgewoben" ist. 205 In dieser<br />

sozialpolitisch eminent wichtigen Frage stimmten Christlichsoziale und Sozialdemokraten<br />

überein.<br />

Sowohl die "Oesterreichisch-Ungarische Colonialgesellschaft" wie auch die Regierung und<br />

Parlamentsparteien scheinen die Lage am internationalen Arbeitsmarkt im letzten Jahr der<br />

Massenauswanderung von Österreich-Ungarn nach Amerika vollkommen verkannt zu haben.<br />

Das "alte Österreich (war) der Staat (in Europa), der seiner Massenauswanderung mit<br />

beispielloser und beschämender Gleichgültigkeit" 206 gegenüberstand. Zu einer Änderung<br />

dieses Zustandes scheinen alle in Wien situierten Parteien weder fähig noch willig gewesen<br />

zu sein. Die Parteien vor Ort, also die Personen und Institutionen, die eine Regelung haben<br />

mussten - sei sie auch noch so unsozial, illegal oder verwerflich - blieben in diesem Vakuum<br />

selbstredend nicht untätig. Sie entwickelten ganz im Gegenteil einen zuvor noch nie<br />

dagewesenen Organisationsgrad und eine dementsprechende Gestaltungsfähigkeit. Ohne den<br />

nötigen politischen Willen, um die eigene Auswanderungsströme mitzugestalten, wurde die<br />

Donaumonarchie zum politischen Objekt degradiert. Im prägenden "Jahrzehnt der<br />

österreichischen Auswanderung" waren die österreichischen und ungarischen<br />

Zentralbehörden sowohl den Entscheidungen der großen Aufnahmeländer und Reedereien<br />

wie auch der spontanen Organisationsfähigkeit ihrer jeweiligen Untertanen hilflos<br />

ausgeliefert.<br />

b. Jahrzehnte der Gestaltungslosigkeit<br />

204 betr.: Interpellation der Abgeordneten Heilinger, ÖStA/AVA, MdI/Präs, Kt: 1551/P.Nr.13026/1913<br />

(AIS:I/17/13026/1913).<br />

205 Fischer 1914, 174 und 179.<br />

206 Mahr 1919, 7

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