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REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER

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133<br />

Umstände, welche gerade in Ischl die Vermeidung unliebsamer Vorkommnisse solcher Art<br />

vorzugsweise wünschen lassen.” 188<br />

Die skizzierten, unzulänglichen Versuche des MdI, durch die Einbürgerungspolitik<br />

dynastiefeindliche Elemente aus Cisleithanien zu verbannen, zeigten kaum Wirkung. Dem<br />

Evangelischen Bund wie den Irrendentisten ist es in ihren jeweiligen Wirkungskreisen<br />

gelungen, die nationalistischen Gefühle zu stärken und die Treue zum Kaiserreich als<br />

Vielvölkerstaat noch weiter zu lockern. Das verwaltungstechnische Aussondern bestimmter<br />

ethnischer und ideologischer Gruppen für eine besondere Beobachtung und Schikane kann -<br />

im Nachhinein betrachtet - sicherlich als ein Vorbote der Verfolgung "österreichfeindlicher”<br />

Aktivität nach dem Ausbruch des Weltkrieges angesehen werden. Von der Zahl der<br />

Betroffenen her nur von geringerer Bedeutung, unterstützte die Bekämpfung von "Italia<br />

Irredente” und "Los von Rom” in Friedenszeiten die politische Weichenstellung für eine<br />

Ausdehnung dieser Verfolgungsstrategie auf russophile Juden, Ruthenen und Polen ab<br />

August 1914. Die Grenzen zwischen dem Nationalitätenstreit in der Politik und der<br />

Fremdenfeindlichkeit am Arbeitsmarkt begannen sich zu verwischen. Bis zum Ende des<br />

Krieges würden sich antiitalienische, antitschechische und antisemitische Ressentiments<br />

weiterhin vermischen, bestätigen und gegenseitig verstärken. Die liberalen und<br />

sozialdemokratischen Befürworter der Freizügigkeit und Internationalismus kamen dagegen<br />

aber kaum an.<br />

Das 19. Jahrhundert hatte mit der Übertragung des aufgeklärten Liberalismus auf die<br />

Ausländerpolitik begonnen. Die Koppelung von Konzepten der wirtschaftlich begründeten<br />

Verkehrsfreiheit mit der ideologisch begründeten Vorstellung der Freizügigkeit und<br />

Solidarität erlaubte es der staatlichen Bürokratie, die letzten Reste des Feudalismus -<br />

Leibeigenschaft und Zunftzwang - abzubauen. Der daraus entstandene freie Arbeitsmarkt war<br />

ungerecht und für die Betroffenen oft weder liberal noch aufgeklärt oder solidarisch. Als<br />

Reaktion auf die sozialpolitische Misere forderten viele Arbeitnehmervertreter eine radikale<br />

Einschränkung der Freizügigkeit am Arbeitsmarkt. Noch eine Minderheit in der Monarchie,<br />

wurden die politischen Kräfte nach Kriegsende, die den sozialpolitischen Protektionismus der<br />

Gewerkschaften auch ethnisch verstanden haben wollten, immer stärker. Das Ergebnis wurde<br />

188 Statthalterei Linz an MdI, betr. Einbürgerung in Ischl, 27.12.1903, ÖStA/AVA, MdI, Präs. 8, PN: 525/1903, Präs.<br />

Kt.662, (AIS: I/4/225/1903)

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