REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER
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130 Der evangelische Bund verschickte Vikare vorwiegend in jene Orte, wo der Übertritt zum Protestantismus im Rahmen der Los-von-Rom-Bewegung in größerer Zahl erfolgt war. Diese Vertreter Deutschlands sollten der Bewegung neuen Aufschwung verleihen. Sobald diese Bekehrungskampagne im einer Region zu greifen begann, bekam es aber der EB sofort mit der Obrigkeit zu tun. "Als diese Aktion ausgeweitet wurde, kam es prompt zu Schwierigkeiten. Von den 1899 präsentierten sieben ausländischen Vikaren erhielten noch allen die kirchliche Genehmigung, fünf die Staatsbürgerschaft und die staatliche Bestätigung, von den achtzehn im Jahre 1900 präsentierten nur zwölf die kirchliche Genehmigung, sechs die Staatsbürgerschaft und nur fünf die staatliche Bestätigung. Die entsprechenden Zahlen für das Jahr 1901 waren noch deutlicher: 22 präsentiert, acht durch den Oberkirchenrat genehmigt, einer erhielt die Staatsbürgerschaft, keiner wurde durch die staatliche Stellen bestätigt. Trotz dieser Schwierigkeiten konnte der EB bereits im Jahre 1910 von 56 Vikaren berichten, die von ihm mit Mitteln in der Höhe von jährlich 80,000 Mark in den habsburgischen Ländern unterstützt wurden (...)”. 185 Weil der EB zugleich als deutschnational und antikatholisch eingestuft wurde, galt diese Bewegung für die Habsburger Dynastie als doppelte Gefahr. Im Sinne des populistischen Wiener Bürgermeisters Lueger wurde die griffige Gegenparole "Los-von-Rom! Los von Gott! Los vom Kreuz! Los von Österreich! Los von Habsburg! Los auf Rom! Hin zu Berlin!” geprägt. 186 Da man sich jedoch in Rücksichtnahme auf die evangelische Kirche noch weniger gegen die Einwanderung von nationalgesinnten Reichsdeutschen zu Wehr setzen konnte wie beim Vergleichsbeispiel der Irredentisten aus dem Königreich Italien, setzte man als einzige zur Verfügung stehende allgemeine Gegenmaßnahme die Einbürgerungsverweigerung ein. Vikare mussten aber nicht unbedingt eingebürgert werden. Die Verzögerung war somit eher eine Schikane. Die zehn Fälle, die aus der Sammlung des MdI beim AVA in Wien für die Zeit zwischen 1900 und 1918 aktenkundig sind, betreffen evangelische Vikare und Pfarrer in Wallern in Oberösterreich (1900), Waiern in Kärnten (1901), Olmütz (1901), Mährisch Trübau (1901), Klagenfurt (1902), St. Ruprecht bei Villach (1902), Gablonz in Böhmen (1903), Bad Ischl (1903), Arriach in Kärnten (1903)und Salzburg (1905). An dieser Stelle soll 185 Reingrabner 1986 ,264. 186 Leeb 1997, 5.
131 in Erinnerung gerufen werden, dass nur die Anträge der "politisch bedenklichen” Vikare bei dieser Stelle des Innenministeriums bearbeitet werden mussten. Alle anderen wurden von den Behörden der Reichsratsländer direkt erledigt. In zwei Fällen finden sich aktenkundige Erwähnungen von Bemühungen, die Verleihung der Staatsbürgerschaft bewußt zu verweigern beziehungsweise verschleppen, um die "Los-von- Rom-Bewegung” beziehungsweise den politischen Protestantismus organisatorisch und politisch zu schwächen, nämlich in Bad Ischl und Olmütz beziehungsweise Mährisch Trübau. Bezüglich Böhmen und Mähren hat sich der Minister für Cultus und Unterricht am 14. Jänner 1901 - also relativ am Anfang der politischen Evangelisierungsbewegung - an das Innenministerium mit der Bitte gewandt, bei der Unterdrückung der "Verhetzung” des Volkes nicht die Kirche an sich unnötig hart zu treffen. "Ich beehre mich dem k.k. Ministerium in der Anlage einen Bericht des evangelischen Oberkirchenrathes A.B. von 4. December 1900 Z. 3175 zu übermitteln, welcher über die Schierigkeiten Klage führt, die der Installierung beziehungsweise Einbürgerung der in den hierländischen evangelischen Kirchendienst gewählten Ausländer seitens der Landesstellen Böhmens und Mährens bereitet werden. Wenngleich den Klagen der Oberkirchenrathes eine gewisse Berechtigung in der Richtung nicht abgesprochen werden kann, dass die Pastorierung der evangelischen Glaubensgenossen dieser Länder thatsächlich unter dem seitens der politischen Behörden eingehaltenen Vorgänge leidet, so kann doch wohl deswegen nicht gänzlich von Massregeln abgesehen werden, welche der politischen und confessionellen Verhetzung zu steuern geeignet scheinen”. Nach dem der Wiener Kultusminister angeführt hatte, wie wichtig er eine Bekämpfung der religiösen Hetzer fand - wohlgemerkt am Anfang des 20. Jahrhundert - versucht er dann doch den Innenminister davon zu überzeugen, bei der Bekämpfung dieser Erscheinung etwas vorsichtiger vorzugehen. "Immerhin aber können die Ausführungen des Oberkirchenrathes bei der Erwägung in Betracht kommen, ob und in welcher Weise sich die gedachten Massregeln derart treffen
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Der evangelische Bund verschickte Vikare vorwiegend in jene Orte, wo der Übertritt zum<br />
Protestantismus im Rahmen der Los-von-Rom-Bewegung in größerer Zahl erfolgt war. Diese<br />
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Bekehrungskampagne im einer Region zu greifen begann, bekam es aber der EB sofort mit<br />
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"Als diese Aktion ausgeweitet wurde, kam es prompt zu Schwierigkeiten. Von den 1899<br />
präsentierten sieben ausländischen Vikaren erhielten noch allen die kirchliche Genehmigung,<br />
fünf die Staatsbürgerschaft und die staatliche Bestätigung, von den achtzehn im Jahre 1900<br />
präsentierten nur zwölf die kirchliche Genehmigung, sechs die Staatsbürgerschaft und nur<br />
fünf die staatliche Bestätigung. Die entsprechenden Zahlen für das Jahr 1901 waren noch<br />
deutlicher: 22 präsentiert, acht durch den Oberkirchenrat genehmigt, einer erhielt die<br />
Staatsbürgerschaft, keiner wurde durch die staatliche Stellen bestätigt. Trotz dieser<br />
Schwierigkeiten konnte der EB bereits im Jahre 1910 von 56 Vikaren berichten, die von ihm<br />
mit Mitteln in der Höhe von jährlich 80,000 Mark in den habsburgischen Ländern unterstützt<br />
wurden (...)”. 185<br />
Weil der EB zugleich als deutschnational und antikatholisch eingestuft wurde, galt diese<br />
Bewegung für die Habsburger Dynastie als doppelte Gefahr. Im Sinne des populistischen<br />
Wiener Bürgermeisters Lueger wurde die griffige Gegenparole "Los-von-Rom! Los von Gott!<br />
Los vom Kreuz! Los von Österreich! Los von Habsburg! Los auf Rom! Hin zu Berlin!”<br />
geprägt. 186 Da man sich jedoch in Rücksichtnahme auf die evangelische Kirche noch weniger<br />
gegen die Einwanderung von nationalgesinnten Reichsdeutschen zu Wehr setzen konnte wie<br />
beim Vergleichsbeispiel der Irredentisten aus dem Königreich Italien, setzte man als einzige<br />
zur Verfügung stehende allgemeine Gegenmaßnahme die Einbürgerungsverweigerung ein.<br />
Vikare mussten aber nicht unbedingt eingebürgert werden. Die Verzögerung war somit eher<br />
eine Schikane. Die zehn Fälle, die aus der Sammlung des MdI beim AVA in Wien für die<br />
Zeit zwischen 1900 und 1918 aktenkundig sind, betreffen evangelische Vikare und Pfarrer in<br />
Wallern in Oberösterreich (1900), Waiern in Kärnten (1901), Olmütz (1901), Mährisch<br />
Trübau (1901), Klagenfurt (1902), St. Ruprecht bei Villach (1902), Gablonz in Böhmen<br />
(1903), Bad Ischl (1903), Arriach in Kärnten (1903)und Salzburg (1905). An dieser Stelle soll<br />
185 Reingrabner 1986 ,264.<br />
186 Leeb 1997, 5.