REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER
REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER
126 geschah dies sogar gegen den Willen der betroffenen Person. Am 13. Oktober 1913 suchte die Gemeinde Nave S. Rocco bei der Stadt Bludenz um Aufnahme des Gregorio Stenak samt Familie an. Der Betroffene gab bei einer Befragung im April 1914 an: Ich ging nach Bludenz um eine bessere Arbeit und besseres Fortkommen für meine Familie zu finden. Die Heimat Nave S. Rocco aufzugeben, kam mir schon deshalb nie in den Sinn, weil mein Vater Grundbesitz dort hat, den ich einmal teilweise erben werde. Dennoch wies die Bezirkshauptmannschaft die Stadt Bludenz an, den in der Bleiche beschäftigten Arbeiter aufzunehmen”. 170 Von den vier wichtigsten reichsfremden Ausländernehmergruppen - Reichsdeutsche, Reichsitaliener, Schweizer/Liechtensteiner und Russen war bei den Italienern der Anteil der Industriearbeiter am höchsten und der der freien Berufen am niedrigsten. Prozent der wichtigsten reichsfremden Zuwanderer in Cisleithanien in den Berufen 1910 Berufe Staatsbür-ger Landwirt- schaft Indus-trie Handel & Verkehr freie Berufe Krg. Italien 12,23% 49,30% 24,83% 13,64% Dt. Reich 8,40% 43,41% 16,90% 31,29% Schweiz/FL 7,36% 38,75% 15,74% 38,15% Rußland 9,49% 33,14% 18,35% 39,02% Quelle: Volkszählung 1910, 28 Somit war auch die Wahrscheinlichkeit, dass Reichsitaliener um die Einbürgerung ansuchen am geringsten, bedenkt man, dass die Erwerbung der Staatsangehörigkeit vor allem bei den Gewerbetreibenden und Angehörigen der freien Berufe große Vorteile mit sich brachte. Um den "Brief der Militärkanzlei Sr.k.u.k. Hoheit des durchlauchtigsten Herrn Erzherzog Franz Ferdinand” Genüge zu tun, betont das MdI, dass bei der Anwendung des Erlasses von 7.4.1912 (Z:996 M.I.) in Zukunft mit größter Sorgfalt vorgegangen würde. Hiernach waren 169 Erzherzog Franz Ferdinand an Eure Exzellenz, betr. “Einwanderung” von Reichsitaliener, 13.08.1913, ÖStA/AVA, MdI,PN: 9487/1913, Präs. 16/8 Kt1, (AIS: /21/9487/1913).
127 den Landeschefs in Zara, Innsbruck, Klagenfurt, Laibach und Graz sowie dem Statthalter in Triest angeordnet worden, "bei der Behandlung der Gesuche von Reichsitalienern um Verleihung der österr. Staatsbürgerschaft mit besonderer Vorsicht vorzugehen”. Einzige Ausnahme bildeten die Gruppe der Reichsitaliener, die bereits vollständig assimiliert waren. Die folgende Definition der Assimilierung ist deswegen von besonderem Interesse, weil sie die Grundlage für die Befreiung von Internierungslagern für feindliche Staatsangehörige 171 während des Ersten Weltkriegs darstellt. "In diesem Erlasse, welcher sich auf die Zurückdrängung der reichsitalienischen Elemente in der südlichen Grenzzone bezieht, wird nämlich u.A. zum Schlusse auch angeordnet, dass den Gesuchen um Einbürgerung der Reichsitaliener in der Regel nicht zu willfahren sei, und dass in jenen besonderen Fällen, in denen eine Ausnahme gemacht werden soll, zunächst die h.o. Weisung eingeholt werden muß. (...) Ein solches Einvernehmen wird allerdings in Fällen entbehrlich sein, in denen die Sachlage ganz zweifellos ist, wie z.B. in den vorerwähnten Fällen, in denen die Verhältnisse der vor vielen Jahren eingewanderten Reichsitaliener sich inzwischen derart geändert haben, dass sich diese mit den Umgebung ganz assimiliert haben und sonach überhaupt nicht mehr als Italiener angesehen werden können”. 172 Die Betroffenen dieses Erlasses scheinen nach der Sammlung des MdI in Wiener Staatsarchiv (AVA) fast ausschließlich Adelige und reiche Bürger gewesen zu sein, die ein dringendes wirtschaftliches Interesse an der Einbürgerung hatten. So der Fall des Graf Noris Arnaldo von Sizzo, der die "österr. Staatsbürgerschaft (an)strebt(e) (...), weil er bereits seinerzeit Oesterreicher war und weil er zur Wahrung seiner Interessen als Grundbesitzer einen entsprechenden Einfluss auf die Gemeindeverwaltung in Ravina ausüben möchte”. 173 In etwa ähnlich gelagert war der Fall des Graf Matteo Thun-Hohenstein aus Florenz 174 170 Rudigier 1995, 178. 171 Über die Internierungslager für feindliche Zivilisten wird andernorts berichtet. 172 Präsidium des k.k. MdI an k.k. Ministerpräsidium, betr. Einbürgerung von Reichsitaliener, ÖStA/AVA, MdI, PN: 9487/1913, Präs. 16/8 Kt.1551, (AIS:I/21/9487/1913). 173 Präsidium des k.k. MdI an Statthalter Innsbruck, betr. Einbürgerung von Reichsitaliener, ÖStA/AVA, MdI, PN: 9798/1913, Präs., Kt.1551, (AIS: I/20/9798/1913). 174 Präsidium des k.k. MdI an Statthalter Innsbruck, betr. Einbürgerung von Reichsitaliener, ÖStA/AVA, MdI, PN: 2465/1913, Präs. Kt.1551, (AIS: I/19&22/2465/1913).
- Seite 75 und 76: 75 Auffallend bei den gewerkschaftl
- Seite 77 und 78: Diese Situation wurde zusätzlich v
- Seite 79 und 80: 79 befriedigt, diese Zugeständniss
- Seite 81 und 82: Hierdurch wird nicht nur deutlich,
- Seite 83 und 84: 83 "Ein Gutachten der Oberdirection
- Seite 85 und 86: 85 Regierungsvertretung im Arbeitsb
- Seite 87 und 88: "- Verwaltung der Arbeitsvermittlun
- Seite 89 und 90: 89 Dies schonte die gewerkschaftlic
- Seite 91 und 92: Ausnahme der Reichshauptstadt, vor
- Seite 93 und 94: 93 Schweiz und die Reichsregierung
- Seite 95 und 96: Viele Betriebe hatten sich auf dies
- Seite 97 und 98: 97 beliefern. Schließlich entwicke
- Seite 99 und 100: halbes Jahrtausend alt. Typisch und
- Seite 101 und 102: 101 gewöhnlich auf den periodische
- Seite 103 und 104: 103 die in den Salzburger Gebirgsga
- Seite 105 und 106: 105 4. Die Mitnahme von Familien is
- Seite 107 und 108: 107 Ein Partieführer bildet ohne A
- Seite 109 und 110: 109 gewerkschaftlichen Organisierun
- Seite 111 und 112: 111 sogenannten Capi (Accordanten,
- Seite 113 und 114: 113 Die Schlafstelle ist eine Holzb
- Seite 115 und 116: 115 Die 1000 streikenden, großteil
- Seite 117 und 118: 117 marxistischen Perspektive wäre
- Seite 119 und 120: 119 "Zur d.ä. Note vom 18. Mai 192
- Seite 121 und 122: 121 nach dem Krieg. Es ist aber zu
- Seite 123 und 124: 123 Zwei weitere Möglichkeiten des
- Seite 125: 125 diese Zuwanderer "meist verwand
- Seite 129 und 130: 129 -31.10.1911 Hermann Andreas Kie
- Seite 131 und 132: 131 in Erinnerung gerufen werden, d
- Seite 133 und 134: 133 Umstände, welche gerade in Isc
- Seite 135 und 136: 135 Monarchie waren die Bauern ab d
- Seite 137 und 138: 137 Staatsangehörigen" oder aber "
- Seite 139 und 140: 139 "die Kleinschiffahrt, wie z.B.
- Seite 141 und 142: 141 Freizügigkeit". 204 Die Sozial
- Seite 143 und 144: 143 ihre Stoßrichtung für die Gei
- Seite 145 und 146: 145 von einer Vielzahl von Auswande
- Seite 147 und 148: 147 neue Technologien zu finanziere
- Seite 149 und 150: 149 In ideologischer Hinsicht vertr
- Seite 151 und 152: 151 "Die Durchsetzung des deutschen
- Seite 153 und 154: 153 Während Bauer die österreichi
- Seite 155 und 156: 155 Betriebsdemokratie ihre Daseins
- Seite 157 und 158: 157 Fischer begrüßt in beiden Art
- Seite 159 und 160: 159 Die Sozialdemokratie sah auch i
- Seite 161 und 162: 161 Bratislava, Budapest, Zagreb (b
- Seite 163 und 164: 163 vorwiegend kroatischen "Wehrdie
- Seite 165 und 166: 165 und Palermo eine Rolle. Die ös
- Seite 167 und 168: 167 "Basel ist seit mehr als 30 Jah
- Seite 169 und 170: 169 welchem Zwecke sie ihm je 25 Ru
- Seite 171 und 172: 171 waren. Das bedeutet, dass die m
- Seite 173 und 174: 173 "Eine besonders wirksame Art ih
- Seite 175 und 176: 175 "Ihr Bekanntheitsgrad war die B
127<br />
den Landeschefs in Zara, Innsbruck, Klagenfurt, Laibach und Graz sowie dem Statthalter in<br />
Triest angeordnet worden, "bei der Behandlung der Gesuche von Reichsitalienern um<br />
Verleihung der österr. Staatsbürgerschaft mit besonderer Vorsicht vorzugehen”. Einzige<br />
Ausnahme bildeten die Gruppe der Reichsitaliener, die bereits vollständig assimiliert waren.<br />
Die folgende Definition der Assimilierung ist deswegen von besonderem Interesse, weil sie<br />
die Grundlage für die Befreiung von Internierungslagern für feindliche Staatsangehörige 171<br />
während des Ersten Weltkriegs darstellt.<br />
"In diesem Erlasse, welcher sich auf die Zurückdrängung der reichsitalienischen Elemente in<br />
der südlichen Grenzzone bezieht, wird nämlich u.A. zum Schlusse auch angeordnet, dass den<br />
Gesuchen um Einbürgerung der Reichsitaliener in der Regel nicht zu willfahren sei, und dass<br />
in jenen besonderen Fällen, in denen eine Ausnahme gemacht werden soll, zunächst die h.o.<br />
Weisung eingeholt werden muß. (...) Ein solches Einvernehmen wird allerdings in Fällen<br />
entbehrlich sein, in denen die Sachlage ganz zweifellos ist, wie z.B. in den vorerwähnten<br />
Fällen, in denen die Verhältnisse der vor vielen Jahren eingewanderten Reichsitaliener sich<br />
inzwischen derart geändert haben, dass sich diese mit den Umgebung ganz assimiliert haben<br />
und sonach überhaupt nicht mehr als Italiener angesehen werden können”. 172<br />
Die Betroffenen dieses Erlasses scheinen nach der Sammlung des MdI in Wiener Staatsarchiv<br />
(AVA) fast ausschließlich Adelige und reiche Bürger gewesen zu sein, die ein dringendes<br />
wirtschaftliches Interesse an der Einbürgerung hatten. So der Fall des Graf Noris Arnaldo von<br />
Sizzo, der die "österr. Staatsbürgerschaft (an)strebt(e) (...), weil er bereits seinerzeit<br />
Oesterreicher war und weil er zur Wahrung seiner Interessen als Grundbesitzer einen<br />
entsprechenden Einfluss auf die Gemeindeverwaltung in Ravina ausüben möchte”. 173 In etwa<br />
ähnlich gelagert war der Fall des Graf Matteo Thun-Hohenstein aus Florenz 174<br />
170<br />
Rudigier 1995, 178.<br />
171<br />
Über die Internierungslager für feindliche Zivilisten wird andernorts berichtet.<br />
172<br />
Präsidium des k.k. MdI an k.k. Ministerpräsidium, betr. Einbürgerung von Reichsitaliener, ÖStA/AVA, MdI, PN:<br />
9487/1913, Präs. 16/8 Kt.1551, (AIS:I/21/9487/1913).<br />
173<br />
Präsidium des k.k. MdI an Statthalter Innsbruck, betr. Einbürgerung von Reichsitaliener, ÖStA/AVA, MdI, PN:<br />
9798/1913, Präs., Kt.1551, (AIS: I/20/9798/1913).<br />
174<br />
Präsidium des k.k. MdI an Statthalter Innsbruck, betr. Einbürgerung von Reichsitaliener, ÖStA/AVA, MdI, PN:<br />
2465/1913, Präs. Kt.1551, (AIS: I/19&22/2465/1913).