REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER
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122 handelte. Leider sind die Bestände des Wiener Archivs der Republik für diese Industrien fast vollständig skartiert worden. 8. Politisch bedenkliche Ausländer dem Innenminister vorbehalten - "Italia Irredente" und "Los von Rom" Cisleithanische und transleithanische Bürger der Monarchie im Ausland wurden im 19. Jahrhundert sowohl von den Behörden der Aufnahmeländer wie von den diplomatischen Vertretungen des Reichs - offiziell gleich behandelt. Daran änderte der Ausgleich zwischen Österreich und Ungarn nichts. Völkerrechtlich waren also alle Heimatberechigten beider Reichshälften Bürger des gleichen Staatsgebildes. Die einheitliche Reichsangehörigkeit erlangte auch im Bereich des Dienstes im gemeinsamen Heer ihre volle Gültigkeit. Der Reichsangehörigkeit untergeordnet galt die Staatsangehörigkeit zu Österreich oder Ungarn nur im Inland. Bei der Trennung der zwei Teilstaaten im Jahr 1867 wurde die Staatsbürgerschaftsfrage ausschließlich an die Heimatberechtigung geknüpft. Eine Optionsmöglichkeit war jedoch vorgesehen und bestand darin, dass eine Person von der einen zur anderen Staatsbürgerschaft übertreten könnte. Diese Möglichkeit war zeitlich unbegrenzt, setzte jedoch die Zurücklegung der Staatsbürgerschaft des jeweils anderen Teilstaats voraus. 166 Was die Behandlung von Reichsfremden - d.h. Staatsfremde im engeren Sinn - anbelangt, waren die beiden Teilstaaten vollkommen autonom. Der Erwerb der Staatsbürgerschaft in einer der Reichshälften brachte jedoch Rechte und Pflichten gegenüber dem Gesamtreich mit sich. Wer also die österreichische beziehungsweise ungarische Staatsbürgerschaft erwarb, erhielt die Reichsangehörigkeit gleich mit. In Österreich galt auch in der Monarchie das Prinzip des patriarchalen Blutsrechts oder jus sanguinis. Eheliche Kinder erwarben die Staatsbürgerschaft des Vaters, uneheliche Kinder die der Mutter. Frauen erwarben bei der Ehe automatisch die Staatsbürgerschaft und Heimatberechtigung des Ehemannes. Das heißt also, dass Österreicherinnen bei der Verehelichung mit einem Ausländer im engeren Sinn, zugleich ihre ursprüngliche Heimatberechtigung, Staatsbürgerschaft und Reichsangehörigkeit verloren. 166 Thienel 1989, 38-39.
123 Zwei weitere Möglichkeiten des automatischen Erwerbs der Staatsbürgerschaft existierten bis in die 60er Jahren des 19. Jahrhunderts, nämlich durch Eintritt in den öffentlichen Dienst und die Verleihung des Gewerberechtes. Nach Erlassung des Staatsgrundgesetzes 1867 wurde der Eintritt in den öffentlichen Dienst ausschließlich Inländern vorbehalten. In der Praxis jedoch wandte man die ältere Regelung (§29 ABGB) weiterhin an, wonach Ausländer, die in den öffentlichen Dienst aufgenommen werden, automatisch eingebürgert werden sollten. 1860 wurde die Bindung der Verleihung von Gewerbeschein und Staatsbürgerschaft (VO RGBl 1860/108) abgeschafft. Ab diesem Zeitpunkt erhielten Staatsfremde in den zünftigen Gewerben also nicht mehr mit der Verleihung eines Meisterbriefes automatisch die Cisleithanische Staatsbürgerschaft, das jeweilige Heimatrecht und die damit gekoppelten Reichsangehörigkeit. Eine Möglichkeit, jedoch nicht ein Rechtsanspruch, bestand aber weiterhin, indem man durch Ersitzung die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft beantragen konnte. Das automatische Ersitzungesrecht wurde, wie oben erwähnt, bereits 1833 abgeschafft. Ab diesem Zeitpunkt erhielt der Staatsfremde nach einem zehnjährigen Aufenthalt jedoch die Möglichkeit, die Verleihung zu beantragen. Die Verleihung galt aber als Gnadenakt und lag im Ermessen der Behörde. Voraussetzungen dafür waren folgende: "die Antragsstellung, die Eigenberechtigung (Volljährigkeit, E.S.), sittliches und politisches Wohlverhalten sowie ausreichende Erwerbsfähigkeit. Regelmäßig wurde auch die Zusicherung einer Gemeinde verlangt, dass der Eingebürgerte von ihr in den Heimatverband aufgenommen werde. Grundsätzlich nicht nötig war der Nachweis des Ausscheidens aus dem bisherigen Staatsverbandes. Ohne ersichtliche gesetzliche Grundlage wurde bei Fehlen der Verleihungsvoraussetzungen die Verleihung dem Fremden vorläufig zugesichert”. 167 Als de facto letzte Instanz bei der Verleihung der Staatsbürgerschaft fungierten also die Gemeinden. In administrativer Hinsicht für die Abwicklung war jedoch die jeweilige Landesbehörde zuständig. Dies bedeutete, dass mit der Wiedereinführung des Ersitzungsrechtes bei der Heimatberechtigung 1896 für viele Gemeinden die Gefahr bestand, dass Orts-, Staats- und Reichsfremde mit guten Aussichten auf Erfolg die Einbürgerung 167 Thienel 1989, 41-42.
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Cisleithanische und transleithanische Bürger der Monarchie im Ausland wurden im 19.<br />
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Staatsbürgerschaftsfrage ausschließlich an die Heimatberechtigung geknüpft. Eine<br />
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Staatsbürgerschaft des Vaters, uneheliche Kinder die der Mutter. Frauen erwarben bei der Ehe<br />
automatisch die Staatsbürgerschaft und Heimatberechtigung des Ehemannes. Das heißt also,<br />
dass Österreicherinnen bei der Verehelichung mit einem Ausländer im engeren Sinn, zugleich<br />
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166 Thienel 1989, 38-39.