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REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER

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marxistischen Perspektive wäre die Forderung nach Verteidigung und Ausbau einer absoluten<br />

Freizügigkeit am Arbeitsmarkt gewesen. Da der Autor die Anwesenheit der Italiener in<br />

Saalfelden nicht problematisiert, ist es jedoch anzunehmen, dass er diese nicht in Frage stellt.<br />

Beim zweiten Beispiel "liegt die Schuld" bei den "ungebildetsten Volksstämme des<br />

Kontinents". Ihre Beschäftigung wird nicht als normale Erscheinung des Kapitalismus - wie<br />

dies nach der II. Internationale und der offiziellen Position der Österreichischen<br />

Sozialdemokratie dargestellt wurde - , also als unvermeidlich hingenommen. Für diesen<br />

Autor ist der Kampf gegen die Lohnsklaverei des Kapitals mit der Verdrängung jener<br />

"niedrigen", "ungebildeten", "anspruchslosen" und "unzurechnungsfähigen" Menschenklasse,<br />

die anscheinend nicht das Recht besitzen in Österreich beziehungsweise Salzburg zu arbeiten,<br />

gleichzusetzen. Den sozialen Aufstieg der heimischen Arbeiterklasse will er über die<br />

Durchsetzung von ordentlichen Arbeitsverträgen verwirklichen, damit Arbeiter "mit<br />

entsprechender Bildung" auch gewonnen werden können. Diese Nationalisierung des<br />

sozialdemokratischen Klassenkonzeptes war seit über 50 Jahren bei den Gewerkschaften und<br />

sozialdemokratischen Partiebasis weit verbreitet. 162<br />

Abschließend und zusammenfassend soll hier festgestellt werden, dass sich diese zwei<br />

Perspektiven in der Monarchie nicht auf die aktuelle Migrationspolitik auswirken konnten, da<br />

die Sozialdemokratie politisch-parlamentarisch noch zu schwach war. Im Gegensatz zur<br />

Auswanderungsdebatte gab es darüberhinaus keine Öffentlichkeit für eine<br />

Einwanderungsdebatte, da in Cisleithanien das Prinzip der absoluten Freizügigkeit am<br />

Arbeitsmarkt vorherrschte. Schließlich war die zweite Perspektive bei der Führungselite der<br />

SDAP noch völlig unterentwickelt. Zwar scheint der Nationalitätenstreit zwischen Deutschen<br />

und Tschechen beziehungsweise Magyaren und Südslawen einige Parallelen zu liefern, eine<br />

Überleitung von der Assimilierungsdebatte auf die Sozialpolitik hat jedoch nicht<br />

stattgefunden. Noch war die These der internationalen Solidarität Parteidogma. Die anglo-<br />

amerikanischen Forderungen nach einer Verdrängung rassisch niedriger entwickelter<br />

Volksstämme aus den jeweils heimischen Arbeitsmärkten wurde durch eine koordinierte<br />

Kraftanstrengung der Reichsdeutschen und Deutschösterreicher beim Stuttgarter Kongress<br />

der II. International 1907 sogar entschieden abgeschmettert.

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