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REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER

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sogenannten Capi (Accordanten, Arbeiterparteiführer)". Von "diese(r) dritte(n) Gruppe von<br />

Arbeiter(n)", war "eine verhältnismäßig große Anzahl (...) bei der Wiener Verkehrsanlagen<br />

bei den außerordentlich umfangreichen Steinmauerarbeiten, bei zahlreichen<br />

Steinmauerungsarbeiten, sowie bei mehreren Tunnel- und Stollenbauten beschäftigt".<br />

Durch das Capo-System wich die Gruppe III in zwei wesentlichen Bereichen von den<br />

anderen drei Einwandergruppen stark ab. Da der Capo bereits im Herbst oder während des<br />

Winters mit dem Bauherren für die nächste Saison die Vermittlung von Partien verbindlich<br />

vereinbarte, sollten diese Arbeitsplätze, wenigstens für die Dauer der Vereinbarung als<br />

verträglich geschützte Arbeitsplätze eingestuft werden. Die vom Capo vermittelten<br />

ortsfremden beziehungsweise staatsfremden Arbeitnehmer waren - wenigstens bei seriösen<br />

Bauunternehmen - ihren einheimischen Kollegen sozialpolitisch annähernd gleichgestellt. Sie<br />

gehörten somit auch durch "Ersitzung" 155 - wirtschaftlich und sozialpolitisch, wenn nicht<br />

rechtlich - zum einheimischen Arbeitsmarkt. Dadurch war ihre Lage weit sicherer als die auch<br />

aus den damaligen Medien bekannten lohndrückenden galizischen und italienischen<br />

Fremdarbeiter der Gruppe IV.<br />

Ohne dem Capo lief bei der Gruppe III nichts. Sowohl am Bau wie in den heimischen<br />

Dörfern war er in einer gewissen Weise ein "Betriebskaiser". Durch die Monopolisierung der<br />

Kommunikation zwischen Heimatort und Arbeitsort konnte er seine Position zementieren. So<br />

lief der geschickte Capo nicht Gefahr, wie dies bei den Gruppen I und II der Fall war, dass<br />

sich die Handlanger und vor allem die vom Capo abhängigen Facharbeiter selbständig<br />

machten oder sich am Arbeitsort niederließen.<br />

"Die betreffenden Bauunternehmungen stehen nämlich gewöhnlich schon seit einer Reihe<br />

von Jahren mit einer Anzahl solcher Capi in Verbindung, welche im Frühjahre immer wieder<br />

bei ihren früheren Arbeitgebern um Arbeit anfragen oder bei Bedarf von diesen letzeren<br />

verständigt werden und dann mit einer entsprechend großen Arbeiterpartie aus ihrer Heimat<br />

herziehen. Einzelne Capi bleiben wohl auch, wenn sie für das nächste Jahr Arbeit erhoffen,<br />

über den Winter in Wien und lassen, wenn sie dann mit Beginn der neuen Bausaison Arbeit<br />

155 Diesen in der Monarchie erworbenen Gewohnheitsansprüche sollen nicht unterschätzt werden. Dort wo sie durch eine<br />

Grenze 1918 nicht zur Nichte gemacht wurden, bestanden sie in der Zwischenkriegszeit uneingeschränkt weiter. Wie im<br />

Falle der Slowaken in Böhmen und Mähren (sie unten) deutlich wird, überlebten dieser Landarbeiterwanderungsströme<br />

sowohl die Zeit um 1918 wie 1938. Auch die Nazi unterstützten diese Entwicklung.

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