REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER

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108 Gruppe II: Die Partien der deutschen Westungarn (ab 1918 deutschösterreichischen Burgenländer) bestehen sehr oft aus "Maurer(n) und ziemlich viele Frauenpersonen". Sie kommen "gewöhnlich schon zeitlich im Frühjahre nach Wien und finden hier bei Erdarbeiten, besonders bei Canalbauten Beschäftigung. Einzelne Unternehmer, die sich vornehmlich mit Betoncanalbauten befassen, verwenden bei ihren Arbeiten fast ausschließlich diese Arbeiter und verfügen daher über einen Stand solcher Arbeiterpartien, welche alljährlich bei ihnen wieder Beschäftigung aufnehmen und bei einem vermehrten Arbeitsbedürfnisse des Unternehmer demselben neue Arbeitskräfte aus ihrer Heimat zuführen". (Wegen der Wichtigkeit für die Analyse der Ausländerbeschäftigung nach dem Krieg wird die Gruppe III zum Schluß detaillierter behandelt.) Gruppe IV: "Aus Galizien stammende Arbeiter haben in den ersten Jahren bei den Bauten der Wiener Verkehrsanlagen in nur verschwindend kleiner Anzahl gearbeitet, seit 1894 hat sich jedoch der Zuzug dieser Arbeiter, die bei Erdarbeiten, hauptsächlich aber als Handlanger bei Mauerungs- und Betonierungsarbeiten verwendet werden, fortgesetzt vergrößert; derselben erfolgt partieweise und auch in ganz kleinen Gruppen von 3 bis 4 Arbeitern und fast immer ohne eine von den Unternehmern etwa ergangenen Aufforderung. (...) "(Auch ein) großer Theil der italienischen Arbeiterpartien verlässt (...) ohne ein vorher bestimmtes Reiseziel die Heimat; einzelne dieser Partien beginnen bereits in Kärnten oder aber in Triest oder Fiume mit der Suche nach Arbeit und gelangen dann unter Benützung sich darbietender kleinerer Arbeitsgelegenheiten, durch welche sie die Mittel zu ihrem Unterhalte und zur Weiterreise erwerben, bis nach Wien oder auch weiter nordwärts, bis sie eine ihnen zusagende, länger andauernde Arbeit finden". Die Unterschiede zwischen Gruppe III und Gruppe IV könnten nicht größer sein. Während sich die Gruppe III auf langfristige Planung und verbindliche Abmachungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern verlassen können und müssen, gehört die Gruppe IV unter den Wanderarbeitern zu den Abenteurern. Die von den Gewerkschaften ausgehenden Ausgrenzungsversuche richteten sich vor allem gegen die Gruppe IV, da sie mit Vorliebe von den Arbeitgeber als Streikbrecher und Lohndrücker eingesetzt wurden. Die

109 gewerkschaftlichen Organisierungskampagnien 153 , die bei der Gruppe III auf so fruchtbaren Boden fielen, schlugen bei der Gruppe IV meist fehl, da diese Schichten - weder in der Heimat noch in der Fremde - über finanziellen Reserven verfügten. "So ist Beispielsweise im Frühjahr 1897 eine größere Arbeiterpartie aus Galizien noch vor der vollen Aufnahme der Arbeiten in Wien eingetroffen und hat, da sie, aller Mittel zum Lebensunterhalte entblößt und auf sofortige Beschäftigung angewiesen, sehr niedrige Lohnforderungen stellte, wenn auch nur ganz vorübergehend und local für einige Bauplätze der Verkehrsanlagen auf den Taglohn für Handlanger herabdrückend gewirkt". Zwischen 1893 und 1897 beschäftigten "qualificierten" Fremdarbeiter 154 bei den Bauplätzen der Wiener Verkehrsanlagen verglichen mit der Gesamtzahl der Gruppe Jahr Ausländer/I davon aus Galizien Ungarn Tirol nländer Böhmen 1893* 525 199 --- 21 19 GESAM T 2.825 1.049 15 307 58 1894 1.455 470 7 53 142 GESAM T 5.419 1.587 77 559 366 1895 3.203 742 15 208 596 GESAM T 14.100 2.605 427 1.543 2.076 1896 6.947 1.694 37 424 1.071 GESAM T 30.251 5.643 1.399 2.683 4.618 1897** 5.904 1.391 27 411 778 GESAM T 24.469 4.371 1.539 2.559 2.791 Summe+ 18.034 4.496 86 1.117 2.606 GESAM T 77.064 15.255 3.457 7.651 9.910 * vom 1. Juli bis 31 Dezember ** vom 1. Jänner bis 31. Juli + vom 1. Juli 1893 bis 1. Juli 1897 Krg. Italien 126 412 336 978 808 3.469 1.809 7.883 1.946 7.800 5.025 20.542 153 vgl. Seidel 1985. 154 Diese Tabelle beinhaltet in ihrer ursprünglichen Form auch die deutsch-cisleithanischen Arbeiter. Hier werden nur Nichtdeutsche bzw. Nichtcisleithaner dargestellt.

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gewerkschaftlichen Organisierungskampagnien 153 , die bei der Gruppe III auf so fruchtbaren<br />

Boden fielen, schlugen bei der Gruppe IV meist fehl, da diese Schichten - weder in der<br />

Heimat noch in der Fremde - über finanziellen Reserven verfügten.<br />

"So ist Beispielsweise im Frühjahr 1897 eine größere Arbeiterpartie aus Galizien noch vor<br />

der vollen Aufnahme der Arbeiten in Wien eingetroffen und hat, da sie, aller Mittel zum<br />

Lebensunterhalte entblößt und auf sofortige Beschäftigung angewiesen, sehr niedrige<br />

Lohnforderungen stellte, wenn auch nur ganz vorübergehend und local für einige Bauplätze<br />

der Verkehrsanlagen auf den Taglohn für Handlanger herabdrückend gewirkt".<br />

Zwischen 1893 und 1897 beschäftigten "qualificierten" Fremdarbeiter 154 bei den Bauplätzen<br />

der Wiener Verkehrsanlagen verglichen mit der Gesamtzahl der Gruppe<br />

Jahr Ausländer/I davon aus Galizien Ungarn Tirol<br />

nländer Böhmen<br />

1893* 525 199 --- 21 19<br />

GESAM<br />

T<br />

2.825 1.049 15 307 58<br />

1894 1.455 470 7 53 142<br />

GESAM<br />

T<br />

5.419 1.587 77 559 366<br />

1895 3.203 742 15 208 596<br />

GESAM<br />

T<br />

14.100 2.605 427 1.543 2.076<br />

1896 6.947 1.694 37 424 1.071<br />

GESAM<br />

T<br />

30.251 5.643 1.399 2.683 4.618<br />

1897** 5.904 1.391 27 411 778<br />

GESAM<br />

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24.469 4.371 1.539 2.559 2.791<br />

Summe+ 18.034 4.496 86 1.117 2.606<br />

GESAM<br />

T<br />

77.064 15.255 3.457 7.651 9.910<br />

* vom 1. Juli bis 31 Dezember<br />

** vom 1. Jänner bis 31. Juli<br />

+ vom 1. Juli 1893 bis 1. Juli 1897<br />

Krg.<br />

Italien<br />

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1.809<br />

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153 vgl. Seidel 1985.<br />

154 Diese Tabelle beinhaltet in ihrer ursprünglichen Form auch die deutsch-cisleithanischen Arbeiter. Hier werden nur<br />

Nichtdeutsche bzw. Nichtcisleithaner dargestellt.

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