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HELMUT LEHNER: PROBLEME HOMOGENER BZW. HETEROGENER GRUPPIERUNG Zusammenfassung Schüler haben sehr unterschiedliche Fähigkeiten und Interessen. In der Schule entsteht dadurch das Problem, wie der Einzelne in der bestmöglichen Weise gefördert werden kann. Nach traditioneller Auffassung sind homogene Gruppen die optimale Lösung, weil dann die ganze Klasse am meisten vom Unterricht profitiert. Aber trifft das wirklich zu? Zunächst werden die Effekte der Fähigkeitsgruppierung auf Leistung und affektive Merkmale, insbesondere das Selbstwertgefühl der Schüler, untersucht. Die homogene wie auch die heterogene Fähigkeitsgruppierung sind mit entsprechenden gesellschaftspolitischen Vorstellungen verknüpft. In diesem Zusammenhang hat das Ideal der Chancengleichheit lange Zeit die Schulpolitik bestimmt. Die Frage ist aber, was wir unter Chancengleichheit verstehen wollen. Schließlich werden Möglichkeiten diskutiert, Schüler unabhängig von der Gruppierung entsprechend ihren Interessen und Fähigkeiten so zu unterstützen, dass jeder das Beste dessen er fähig ist, zum Wohl des Ganzen beitragen kann. © Helmut Lehner 1992 2
HELMUT LEHNER: PROBLEME HOMOGENER BZW. HETEROGENER GRUPPIERUNG 1. Problem Das Problem der individuellen Unterschiede stellt eine dauernde Herausforderung für Unterricht und Erziehung dar. Schon HERBART hat darauf hingewiesen, dass die "Verschiedenheit der Köpfe" es eigentlich verbiete, "alles nach einer Schnur zu hobeln" (HERBART 1965, S. 115). Es gibt im Wesentlichen zwei Möglichkeiten zur Lösung dieses Problems: Die Bildung homogener Leistungsgruppen oder Klassen (= äußere Differenzierung) und heterogene Leistungsgruppen oder Klassen. Bei sehr heterogenen Gruppen wird meist innerhalb der Klasse differenziert. Die innere Differenzierung ist jedoch vielfältiger. Sie kann nicht nur nach dem Kriterium der Leistung, sondern auch im Hinblick auf die Interessen oder Neigungen der Schüler oder auf die Förderung der Zusammenarbeit vorgenommen werden. Die Vertreter homogener Leistungsgruppen argumentieren, homogene Klassen ermöglichten dem Lehrer eine bessere Anpassung des Unterrichts an die Bedürfnisse seiner Gruppe. Leistungsstarke Schüler könnten so mit schwierigeren Aufgaben konfrontiert und entsprechend motiviert werden; sie würden in ihren Fortschritten nicht unnötig behindert und sie brauchten sich daher nicht zu langweilen. Aber auch leistungsschwache Schüler würden in homogenen Gruppen weit stärker gefördert, weil die Besten den Unterrichtsverlauf dann nicht mehr in so starkem Maß bestimmen; man könne den Schülern dadurch mehr Aufmerksamkeit widmen. In jedem Fall sei der Unterricht in leistungshomogenen Gruppen weitaus effektiver als in heterogenen Gruppen, da es dem Lehrer kaum möglich sei, im Unterricht hinreichend die großen Leistungsunterschiede zu beachten (vgl. SLAVIN 1990, S. 473 f.). Argumente gegen homogene Leistungsgruppen betonen, dass leistungsschwache Schüler dadurch diskriminiert und stigmatisiert würden. Bei den Schwachen handle es sich eben um die "Dummen", die nur langsam vorankommen und - wie sich in Untersuchungen herausgestellt hat - eher von weniger gut ausgebildeten Lehrern unterrichtet werden. Ferner sinke bei leistungsschwachen Gruppen auch die Motivation der Lehrer, die 3
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