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Helmut Lehner<br />
Probleme homogener bzw.<br />
heterogener Gruppierung<br />
in der Sekundarstufe
HELMUT LEHNER: PROBLEME HOMOGENER BZW. HETEROGENER GRUPPIERUNG<br />
Zusammenfassung<br />
Schüler haben sehr unterschiedliche Fähigkeiten und Interessen. In der Schule<br />
entsteht dadurch das Problem, wie der Einzelne in der bestmöglichen Weise<br />
gefördert werden kann. Nach traditioneller Auffassung sind homogene Gruppen<br />
<strong>die</strong> optimale Lösung, weil dann <strong>die</strong> ganze Klasse am meisten vom Unterricht<br />
profitiert. Aber trifft das wirklich zu?<br />
Zunächst werden <strong>die</strong> Effekte der Fähigkeitsgruppierung <strong>auf</strong> Leistung und<br />
affektive Merkmale, insbesondere das Selbstwertgefühl der Schüler,<br />
untersucht.<br />
Die homogene wie auch <strong>die</strong> heterogene Fähigkeitsgruppierung sind mit<br />
entsprechenden gesellschaftspolitischen Vorstellungen verknüpft. In <strong>die</strong>sem<br />
Zusammenhang hat das Ideal der Chancengleichheit lange Zeit <strong>die</strong> Schulpolitik<br />
bestimmt. Die Frage ist aber, was wir unter Chancengleichheit verstehen<br />
wollen.<br />
Schließlich werden Möglichkeiten diskutiert, Schüler unabhängig von der<br />
Gruppierung entsprechend ihren Interessen und Fähigkeiten so zu unterstützen,<br />
dass jeder das Beste dessen er fähig ist, zum Wohl des Ganzen beitragen kann.<br />
© Helmut Lehner 1992<br />
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HELMUT LEHNER: PROBLEME HOMOGENER BZW. HETEROGENER GRUPPIERUNG<br />
1. Problem<br />
Das Problem der individuellen Unterschiede stellt eine dauernde Herausforderung<br />
für Unterricht und Erziehung dar. Schon HERBART hat<br />
dar<strong>auf</strong> hingewiesen, dass <strong>die</strong> "Verschiedenheit der Köpfe" es eigentlich<br />
verbiete, "alles nach einer Schnur zu hobeln" (HERBART 1965, S. 115).<br />
Es gibt im Wesentlichen zwei Möglichkeiten zur Lösung <strong>die</strong>ses Problems:<br />
Die Bildung homogener Leistungsgruppen oder Klassen (=<br />
äußere Differenzierung) und heterogene Leistungsgruppen oder Klassen.<br />
Bei sehr heterogenen Gruppen wird meist innerhalb der Klasse<br />
differenziert. Die innere Differenzierung ist jedoch vielfältiger. Sie kann<br />
nicht nur nach dem Kriterium der Leistung, sondern auch im Hinblick<br />
<strong>auf</strong> <strong>die</strong> Interessen oder Neigungen der Schüler oder <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Förderung<br />
der Zusammenarbeit vorgenommen werden.<br />
Die Vertreter homogener Leistungsgruppen argumentieren, homogene<br />
Klassen ermöglichten dem Lehrer eine bessere Anpassung des Unterrichts<br />
an <strong>die</strong> Bedürfnisse seiner Gruppe. Leistungsstarke Schüler könnten<br />
so mit schwierigeren Aufgaben konfrontiert und entsprechend motiviert<br />
werden; sie würden in ihren Fortschritten nicht unnötig behindert und sie<br />
brauchten sich daher nicht zu langweilen. Aber auch leistungsschwache<br />
Schüler würden in homogenen Gruppen weit stärker gefördert, weil <strong>die</strong><br />
Besten den Unterrichtsverl<strong>auf</strong> dann nicht mehr in so starkem Maß<br />
bestimmen; man könne den Schülern dadurch mehr Aufmerksamkeit<br />
widmen. In jedem Fall sei der Unterricht in leistungshomogenen<br />
Gruppen weitaus effektiver als in heterogenen Gruppen, da es dem<br />
Lehrer kaum möglich sei, im Unterricht hinreichend <strong>die</strong> großen<br />
Leistungsunterschiede zu beachten (vgl. SLAVIN 1990, S. 473 f.).<br />
Argumente gegen homogene Leistungsgruppen betonen, dass leistungsschwache<br />
Schüler dadurch diskriminiert und stigmatisiert würden. Bei<br />
den Schwachen handle es sich eben um <strong>die</strong> "Dummen", <strong>die</strong> nur langsam<br />
vorankommen und - wie sich in Untersuchungen herausgestellt hat - eher<br />
von weniger gut ausgebildeten Lehrern unterrichtet werden. Ferner sinke<br />
bei leistungsschwachen Gruppen auch <strong>die</strong> Motivation der Lehrer, <strong>die</strong><br />
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HELMUT LEHNER: PROBLEME HOMOGENER BZW. HETEROGENER GRUPPIERUNG<br />
Qualität des Unterrichts sei daher schlechter als bei den leistungsstärkeren<br />
Schülergruppen, da <strong>die</strong> Lehrer <strong>die</strong>ser Gruppen ohnehin nur<br />
niedrige Leistungen erwarteten (vgl. z.B. EVERSTON 1982; GAMO-<br />
RAN 1989; OAKES 1985; SLAVIN 1990, S. 473 f.).<br />
Homogene Leistungsgruppen führten außerdem zu einer Gruppierung<br />
der Kinder, <strong>die</strong> weitgehend ihrer sozialen Herkunft entspreche. Kinder<br />
aus der Unterschicht, von Minderheitsgruppen oder Ausländern würden<br />
in leistungsschwache Klassen abgedrängt. Ihr Selbstwertgefühl sinke<br />
durch <strong>die</strong> niedrigere Gruppierung stark ab und Aufstiegsmöglichkeiten<br />
würden ihnen verwehrt (vgl. ROSENBAUM 1980, S. 371 ff.).<br />
Während also homogene Leistungsgruppen vor allem mit dem Argument<br />
der Effektivität zu begründen versucht werden, beziehen sich <strong>die</strong> Argumente<br />
dagegen eher <strong>auf</strong> demokratische Werte; sie betonen <strong>die</strong> Gleichheit<br />
der Chancen, den Sinn für Gemeinsamkeit und Gegenseitigkeit und <strong>die</strong><br />
ungünstigen psychischen Folgen stärker als <strong>die</strong> Leistung. Solange allerdings<br />
erwartet wird, dass <strong>die</strong> Schule Wissen und Fähigkeiten lehrplangerecht<br />
und sozusagen im Gleichschritt vermittelt, wird der einzelne<br />
Schüler mit seinen Nöten und seinen Neigungen nicht der Angelpunkt<br />
pädagogischer Bemühungen sein können. Nach wie vor überwiegt <strong>die</strong><br />
Funktion der Auslese gegenüber der Aufgabe der Förderung des einzelnen<br />
in seiner Individualität.<br />
Im folgenden werden zunächst <strong>die</strong> Ergebnisse empirischer Untersuchungen<br />
zu den <strong>Auswirkungen</strong> homogener bzw. heterogener Gruppenbildung<br />
<strong>auf</strong> <strong>die</strong> Schulleistung (2.) und das Selbstwertgefühl der Schüler (3.)<br />
dargestellt und diskutiert. Danach wird <strong>die</strong> Problematik homogener und<br />
heterogener Leistungsgruppen im Rahmen gesellschaftspolitischer Ziele<br />
erörtert (4.). Abschließend werden Maßnahmen der individuellen Förderung<br />
zur Erhöhung von Chancengleichheit und Leistung dargestellt (5.).<br />
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HELMUT LEHNER: PROBLEME HOMOGENER BZW. HETEROGENER GRUPPIERUNG<br />
2. Effekte der Fähigkeitsgruppierung <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Schulleistung<br />
2.1 Keine höhere Effektivität homogener Leistungsgruppen<br />
Sofern <strong>die</strong> Argumente für <strong>die</strong> homogene Leistungsgruppierung vor allem<br />
<strong>auf</strong> <strong>die</strong> Annahme der Effektivität <strong>die</strong>ser Maßnahme gegründet sind, können<br />
<strong>die</strong>se Argumente widerlegt werden, wenn bei heterogener Leistungsgruppierung<br />
<strong>die</strong> Leistungen insbesondere auch der besseren Schüler<br />
nicht sinken.<br />
Die Ergebnisse der Untersuchungen zu <strong>die</strong>ser Frage sind uneinheitlich,<br />
zum Teil gegensätzlich oder es zeigen sich keine Unterschiede im Vergleich<br />
von homogener und heterogener Leistungsgruppierung. So ergab<br />
eine frühe Untersuchung, dass leistungsschwache den höchsten und<br />
leistungsstarke Schüler den geringsten Gewinn in leistungshomogenen<br />
Gruppen hatten (vgl. OTTO 1950). Später wurde gerade das entgegengesetzte<br />
Ergebnis gefunden. Die schnellen Lerner zeigten <strong>die</strong> größten<br />
Lerngewinne, während <strong>die</strong> langsamen Lerner in homogenen Gruppen<br />
Lerneinbußen <strong>auf</strong>wiesen (HEATHERS 1969, SORENSEN/ HALLINAN<br />
1986; GAMORAN/BERENDS 1987; GAMORAN/MARE 1989).<br />
Mittlere Leistungsgewinne bei hochleistungsfähigen Schülern zeigten<br />
sich am ehesten dort, wo sie spezielle Förderungsprogramme erhielten<br />
(vgl. KULIK/ KULIK 1982, S. 225 f). Jedoch erfährt <strong>die</strong> Annahme, dass<br />
Schüler mit hohen Leistungen durch homogene Gruppierung Leistungsgewinne<br />
erzielen, während leistungsschwache Schüler eher Verluste<br />
erleiden, keine generelle Bestätigung (vgl. SLAVIN 1990).<br />
Leistungsschwache Schüler scheinen durch homogene Leistungsgruppierung<br />
nicht grundsätzlich benachteiligt zu werden (vgl. KULIK/<br />
KULIK 1982), aber auch keinen Gewinn daraus zu ziehen. Das trifft<br />
auch für leistungsschwache Sonderschüler zu. "Es kann keine Untersuchung<br />
gefunden werden, welche <strong>die</strong> Überlegenheit der Sonderschule<br />
gegenüber der Regelschule für <strong>die</strong> Förderung der Schulleistungen von<br />
schwachen Schülern empirisch nachgewiesen hätte" (HAEBERLIN<br />
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HELMUT LEHNER: PROBLEME HOMOGENER BZW. HETEROGENER GRUPPIERUNG<br />
1991, S. 180). Ein gewisser Vorteil durch <strong>die</strong> Sonderschulplatzierung<br />
ergebe sich jedoch bei einem IQ unter 75 (MADDEN/SLAVIN 1983).<br />
In den meisten Überblicksartikeln und Metaanalysen wird der Schluss<br />
gezogen, dass homogene Leistungsgruppierung gegenüber heterogener<br />
Gruppierung selbst in Langzeituntersuchungen nur geringe oder keine<br />
Effekte hinsichtlich der Leistung der Schüler erbringt (BORG 1965;<br />
FINDLEY/BRYAN 1971; ESPOSITO 1973; GOOD/MARSHALL<br />
1984; KULIK/KULIK 1982, 1987; SLAVIN 1990).<br />
Untersuchungen zur Leistung bei Berücksichtigung der Interessen der<br />
Schüler und homogener bzw. heterogener Interessengruppierung sind<br />
nicht <strong>auf</strong>zufinden. Allerdings weiß man, dass das Interesse für einen<br />
Lerngegenstand <strong>die</strong> Leistung der Lerner deutlich steigern kann (vgl. z.B.<br />
HIDI 1990).<br />
2.2. Der Einfluss der Lehrmethode<br />
Die Lehrmethode beeinflusst <strong>die</strong> Lernleistung vermutlich stärker als <strong>die</strong><br />
homogene oder heterogene Fähigkeitsgruppierung.<br />
Wenn der IQ, der ja auch als Kriterium für <strong>die</strong> Einteilung in Leistungsgruppen<br />
verwendet wird, <strong>die</strong> Lernfortschritte der Schüler bei<br />
Anwendung geeigneter Lehrmethoden nicht beeinflusst, dann würde ein<br />
solches Ergebnis gegen <strong>die</strong> homogene Fähigkeitsgruppierung sprechen.<br />
Zumindest ist es möglich, solche Lehrmethoden zu konstruieren. So<br />
konnte beispielsweise ARTHUR STAATS (1971) zeigen, dass Kinder,<br />
<strong>die</strong> in Intelligenztests relativ schlecht abschneiden, mit angemessenen<br />
Lehrmethoden sehr schnell lernen. Die Kinder erhielten für kleine<br />
Erfolge beim Lesen- und Schreibenlernen Gutscheine, <strong>die</strong> sie gegen von<br />
ihnen gewünschte Gegenstände eintauschen konnten. Es wurden viele<br />
kurze Übungen von 5 bis 8 Minuten Dauer durchgeführt. Die<br />
Gesamtübungszeit betrug etwa 17 Stunden. "Eine der Versuchspersonen<br />
war ein 4-jähriger Junge mit einem IQ von 89. Nach Beendigung des<br />
Programms hatte er sich Lese- und Schreibfertigkeiten angeeignet, <strong>die</strong><br />
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HELMUT LEHNER: PROBLEME HOMOGENER BZW. HETEROGENER GRUPPIERUNG<br />
weit über dem Altersdurchschnitt lagen, trotz seines niedrigen IQ und<br />
trotz der Tatsache, dass er aus einer kulturell benachteiligten häuslichen<br />
Umgebung kam" (HOWE 1990a, S. 82). Dasselbe Training mit einem<br />
Kind, das einen IQ von 130 hatte, erbrachte kaum bessere Leistungen<br />
und keine erkennbar schnelleren Lernfortschritte (vgl. STAATS 1971, S.<br />
112).<br />
Den Einfluss der Unterrichtsmethode verdeutlicht auch eine Untersuchung<br />
zu den <strong>Auswirkungen</strong> eines neuen Optik-Lehrgangs in Realschul-<br />
und Gymnasialklassen. Die Spannweite der Inhomogenität der<br />
Leistungswerte konnte gegenüber der Kontrollgruppe in der Versuchsgruppe<br />
halbiert, <strong>die</strong> Leistungen insgesamt stark erhöht werden. Der beste<br />
Gymnasialkurs der Kontrollklassen lag außerdem unterhalb des<br />
schwächsten Realschulkurses der Versuchsklassen (vgl. HERDT 1990,<br />
S. 416 f.). Da <strong>die</strong> Lehrmethode weitgehend standardisiert bzw.<br />
objektiviert ist, dürfte ein ähnliches Ergebnis auch bei ihrer Anwendung<br />
in stark leistungsheterogenen Klassen zu erwarten sein.<br />
Selbst bei der Integration von schulleistungsschwachen Sonderschülern<br />
in Regelklassen kann bei geeigneten didaktischen Maßnahmen ein<br />
Leistungsgewinn sowohl für <strong>die</strong> Regelschüler als auch für <strong>die</strong> schulleistungsschwachen<br />
Schüler erreicht werden (vgl. AFFLECK u.a. 1988;<br />
WANG/BIRCH 1984).<br />
Man könnte dagegen einwenden, dass bei didaktisch durchdachter<br />
Instruktion <strong>die</strong> Leistung in homogenen Gruppen in jedem Fall <strong>die</strong>jenige<br />
in heterogenen Klassen übersteigen müsse. Diese Annahme lässt sich<br />
jedoch nicht grundsätzlich bestätigen. So führten SLAVIN/ KARWEIT<br />
(1985) folgende experimentelle Vergleichsuntersuchung im Mathematikunterricht<br />
in der vierten bis sechsten Jahrgangsstufe durch. Die heterogenen<br />
Klassen wurden mittels einer individualisierenden und innerhalb<br />
der Klassen differenzierenden Methode unterrichtet. Die homogenen<br />
Klassen wurden mittels einer schüleraktivierenden, häufiges Feedback<br />
vermittelnden Methode unterwiesen. Unter <strong>die</strong>sen Bedingungen hatte <strong>die</strong><br />
Art der Fähigkeitsgruppierung keinen messbaren Einfluss <strong>auf</strong> <strong>die</strong><br />
Leistungen der Schüler.<br />
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HELMUT LEHNER: PROBLEME HOMOGENER BZW. HETEROGENER GRUPPIERUNG<br />
Die Frage ist allerdings, ob <strong>die</strong> Anwendung der individualisierenden und<br />
differenzierenden Methode, wenn man sie in homogenen Gruppen<br />
anwendete, nicht doch zu einem stärkeren Leistungsgewinn als in heterogenen<br />
Klassen führen würde. Man muss ja davon ausgehen, dass auch in<br />
leistungshomogenen Klassen individuelle Unterschiede infolge verschiedener<br />
Lernprobleme und Lernstrategien der Schüler bestehen (vgl.<br />
ROSENBAUM 1980, S. 367 f.). Nun hängt aber <strong>die</strong> Effektivität der<br />
Instruktion davon ab, in welchem Ausmaß <strong>auf</strong> <strong>die</strong> individuellen Lernprobleme<br />
der einzelnen Schüler eingegangen wird (vgl. HELMKE/<br />
SCHRADER 1987). Daher dürfte auch in Hochleistungsgruppen ein den<br />
individuellen Voraussetzungen der Schüler stärker angepasster<br />
Unterricht insgesamt zu höheren Leistungen führen als bei<br />
Nichtbeachtung der individuellen Unterschiede. Aus Untersuchungen<br />
individueller Differenzen im Lernen weiß man, dass eine<br />
Unterrichtsmethode <strong>die</strong> Lernergebnisse der Schüler je nach deren<br />
Lernstrategie positiv oder negativ beeinflussen kann (vgl. FLAMMER<br />
1975, S. 261 ff.). Wenn das der Fall ist, dann wird der Mittelwert der<br />
Leistungsfortschritte homogener Fähigkeitsgruppen bei solchen<br />
Wechselwirkungen unter dem Optimum liegen. Die durch eine<br />
bestimmte Unterrichtsmethode benachteiligten Schüler erbringen<br />
nämlich geringere Leistungen als es bei einer Differenzierung und<br />
mehreren Methoden möglich wäre.<br />
Andererseits könnte der Unterricht in homogenen Gruppen für <strong>die</strong><br />
Lehrer geringere Herausforderungen bergen als der Unterricht in<br />
heterogenen Klassen. Die Lehrer würden den Unterricht in homogenen<br />
Klassen also eher als langweilig empfinden (vgl. ROSENBERG 1989).<br />
In <strong>die</strong>sem Fall müsste man annehmen, dass bei homogener<br />
Fähigkeitsgruppierung der Unterricht eher "trocken, leblos und<br />
langweilig" und nicht <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Interessen der Schüler bezogen wäre<br />
(GAMORAN 1989, S. 135). Das würde <strong>die</strong> insgesamt nur mittleren<br />
Leistungsgewinne in homogenen Klassen verständlich machen.<br />
Das Lehrerverhalten und <strong>die</strong> Differenziertheit der angewandten Methode<br />
hängen ferner von den Wertvorstellungen ab, <strong>die</strong> in einer Schule<br />
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HELMUT LEHNER: PROBLEME HOMOGENER BZW. HETEROGENER GRUPPIERUNG<br />
vertreten werden (vgl. GAMORAN 1989, S. 132). In einer Schule, in der<br />
vor allem Leistung geschätzt wird und in der <strong>die</strong> leistungsstarken Schüler<br />
besonders gefördert werden, kann <strong>die</strong> Bildung fähigkeitshomogener<br />
Klassen eher zur Erhöhung der Leistungen der besten Gruppen beitragen<br />
(vgl. ROSENBAUM 1976; OAKES 1985). Die Lehrer, <strong>die</strong> leistungsschwache<br />
Klassen unterrichten, könnten nämlich weit weniger motiviert<br />
sein und ihre Schüler eher unterfordern, was den Unterricht für <strong>die</strong><br />
Schüler langweilig und relativ ineffektiv macht (vgl. EVERTSON 1982;<br />
OAKES 1982; HARGREAVES 1967; ROSENBAUM 1976). Da aber in<br />
keiner <strong>die</strong>ser Untersuchungen <strong>die</strong> Beziehung zwischen Instruktion und<br />
Lernerfolg untersucht wurde, lassen sich keine sicheren Aussagen dazu<br />
machen.<br />
Andere Schulen orientieren sich am Wert der Gleichheit. Sie nutzen <strong>die</strong><br />
Leistungsgruppierung vor allem, um <strong>die</strong> leistungsschwachen Schüler zu<br />
unterstützen. In <strong>die</strong>sen Schulen führt <strong>die</strong> Homogenisierung eher zu<br />
Leistungssteigerungen in den schwachen und mittleren Gruppen (vgl.<br />
VALLI 1986, zit. nach GAMORAN 1989).<br />
Insgesamt zeigt <strong>die</strong> Analyse der Ergebnisse, dass homogene Leistungsgruppen<br />
als solche nicht zu besseren oder schlechteren Leistungen der<br />
Schüler in den verschiedenen Gruppen führen müssen. Wichtiger für <strong>die</strong><br />
Leistung ist <strong>die</strong> Art und Qualität der Instruktion. Durch geeignete<br />
Unterrichtstechniken scheint es möglich, auch in heterogenen Gruppen<br />
Schüler so zu fördern, dass sie relativ hohe Leistungsgewinne erzielen.<br />
Vor allem dürfte auch <strong>die</strong> Berücksichtigung der individuellen Neigungen<br />
der Schüler von Bedeutung sein.<br />
3. Effekte der Fähigkeitsgruppierung <strong>auf</strong> affektive<br />
Schülermerkmale<br />
3.1 Selbstwertgefühl und Einstellungen der Schüler<br />
Das Selbstwertgefühl gilt als wesentliche Variable im Zustandekommen<br />
von Schulleistungen. Nach BLOOM erklärt sie etwa 25 Prozent der<br />
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HELMUT LEHNER: PROBLEME HOMOGENER BZW. HETEROGENER GRUPPIERUNG<br />
Leistung (vgl. BLOOM 1976, S. 73 ff.). Es wirkt allerdings nur indirekt<br />
über das psychische Allgemeinbefinden (general affective state), das den<br />
Grad der Motiviertheit und Interessiertheit an alters- und umgebungsangemessenen<br />
Aktivitäten beeinflusst (HARTER 1987). Wenn das<br />
Individuum sich als fähig erlebt, Aufgaben zu lösen, eigene Ziele zu<br />
setzen, zu verfolgen und zu erreichen und von seiner Umgebung dafür<br />
bestätigt oder anerkannt wird, steigert das sein Selbstwertgefühl. Wer<br />
sich dagegen als unfähig und machtlos erlebt, sich von seiner Umgebung<br />
bestimmt fühlt, nicht nach eigenen Vorstellungen handeln kann und nur<br />
wenig soziale Anerkennung erfährt, dessen Selbstwertgefühl sinkt in der<br />
Regel stark ab (vgl. zusammenfassend hierzu McCOMBS/WHISLER<br />
1989).<br />
Hinsichtlich der <strong>Auswirkungen</strong> der Fähigkeitsgruppierung <strong>auf</strong> das<br />
Selbstwertgefühl und <strong>die</strong> Einstellung der Schüler zur Schule und zum<br />
Lehrstoff sind <strong>die</strong> Ergebnisse nicht einheitlich. Die einen berichten, dass<br />
das Selbstwertgefühl leistungsschwacher Schüler bei homogener<br />
Gruppierung steige, während es bei leistungsstarken eher beeinträchtigt<br />
werde (z.B. DREWS 1963). Manche finden nur triviale Effekte (KULIK/<br />
KULIK 1982). Wieder andere berichten, <strong>die</strong> homogene Gruppierung bei<br />
leistungsstarken Schülern führe eher zur Erhöhung des Selbstwertgefühls,<br />
während sie bei durchschnittlichen und leistungsschwachen<br />
Schülern eher zur Senkung des Selbstwertgefühls beitrage (ESPOSITO<br />
1973; FINDLEY/BRYAN 1971; PERSELL 1977).<br />
JERUSALEM und SCHWARZER (1983) führten eine Untersuchung zur<br />
Entwicklung des Selbstwertgefühls bei Gymnasiasten und Hauptschülern<br />
durch. Es stellte sich heraus, dass <strong>die</strong> hohe Selbstwerteinschätzung der<br />
Gymnasiasten und <strong>die</strong> niedrige Selbstwerteinschätzung der Hauptschüler<br />
im fünften Schuljahr sich nach drei Jahren stark angeglichen hatten.<br />
Dieses Ergebnis steht im Widerspruch zu anderen. So stellte ROSEN-<br />
BERG (1989) fest, dass <strong>die</strong> Bezugsgruppe insbesondere Stigmatisierungseffekte<br />
nicht kompensieren kann. Die Bezugsgruppe dürfe nicht<br />
fälschlich als Schonraum verstanden werden. Vielmehr würden <strong>die</strong><br />
Schüler <strong>auf</strong>grund außerschulischer Erfahrungen <strong>die</strong> Einschätzung ihrer<br />
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HELMUT LEHNER: PROBLEME HOMOGENER BZW. HETEROGENER GRUPPIERUNG<br />
Lage durch andere erkennen und in ihre Selbstbewertung miteinbeziehen<br />
(vgl. ROSENBERG 1989, S. 263). In einigen qualitativen Untersuchungen,<br />
in denen Schüler in homogenen Gruppen ausdrücklich nach ihrer<br />
Selbsteinschätzung im Vergleich zu leistungsniedrigeren oder leistungshöheren<br />
Gruppen befragt wurden, ergaben sich jedenfalls ungünstige<br />
Einschätzungen für <strong>die</strong> durchschnittlichen und leistungsschwachen<br />
Schüler (vgl. COTTLE 1974; MASON 1974; HARGREAVES 1967).<br />
Acht- bis Dreizehnjährige gaben Beschreibungen von Schülern der<br />
unteren Leistungsgruppe wie <strong>die</strong> folgenden:<br />
"Schüler in der Untergruppe zählen nicht."<br />
"Ich bin in der höchsten Gruppe ... Schüler in den anderen Gruppen sind<br />
Unterentwickelte."<br />
"Sie sind einfach nicht gut genug."<br />
"Ich fühle mich wie jemand, der nicht sehr gut ist. Es bringt mich vom<br />
Lernen ab. Bald verwendest du deine Zeit dafür, Arbeit zu vermeiden."<br />
"Wenn man in der Untergruppe ist, fühlt man sich, als ob man aus dem<br />
Weg geräumt worden wäre. Es ist eine Art Bestrafung, weil man zu<br />
dumm ist, um <strong>die</strong> Arbeiten zu machen. Die merkst, <strong>die</strong> anderen können<br />
es; warum kannst du es nicht ... irgendwas muss falsch sein" (vgl.<br />
MASON 1974).<br />
Manche Schüler sagen, sie selbst seien nicht betroffen, aber andere: "Es<br />
kümmert einige; sie fühlen sich ziemlich blöd. Es hält sie vom Lernen<br />
ab, aber mir macht es nichts aus" (ebenda).<br />
Die letzte Äußerung weist dar<strong>auf</strong> hin, dass <strong>die</strong> <strong>Auswirkungen</strong> bei Untergruppenschülern<br />
individuell sehr verschieden sein können. "Schüler,<br />
deren wichtigster Identitäts<strong>auf</strong>hänger das Hobby oder <strong>die</strong> peer-group<br />
bildet", werden mit negativen Selbst- und Fremdbewertungen offenbar<br />
erheblich besser fertig und fühlen sich weniger davon beeinträchtigt<br />
(ROSENBERG 1989, S. 263).<br />
Es könnte sich so verhalten, dass <strong>die</strong> Zuordnung zu einer gesellschaftlich<br />
niedrig bewerteten Bezugsgruppe sich zunächst negativ <strong>auf</strong> das Selbstwertgefühl<br />
auswirkt. Mit der Dauer der Zugehörigkeit zu <strong>die</strong>ser Bezugsgruppe<br />
verbessert es sich dann und stabilisiert sich. Beim Übertritt in das<br />
Berufsleben sind <strong>die</strong> Individuen dann wieder mit den sozialen<br />
Bewertungen, dem sozialen Status ihrer Bezugsgruppe im Verhältnis zu<br />
anderen Gruppen konfrontiert. Dadurch kann es erneut zu einer Ver-<br />
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HELMUT LEHNER: PROBLEME HOMOGENER BZW. HETEROGENER GRUPPIERUNG<br />
schlechterung der Selbstbewertungen kommen. Die Uneinheitlichkeit in<br />
den berichteten Befunden dürfte <strong>auf</strong> <strong>die</strong>se Weise erklärbar sein.<br />
So ist es auch zu verstehen, wenn "Schüler in Sonderschulen für Lernbehinderte<br />
zunächst ein besseres" Selbstkonzept hinsichtlich ihrer Begabung<br />
"haben als vergleichbare Schüler in Regelklassen" und "das<br />
Begabungskonzept von leistungsschwachen Schülern in Sonderklassen<br />
für Lernbehinderte etwa gleich hoch ist wie dasjenige von begabten<br />
Schülern in Regelklassen" (HAEBERLIN 1991, S. 178; unter Verweis<br />
<strong>auf</strong> Untersuchungen von BATTLE/ BLOWERS 1982; HAEBERLIN<br />
u.a. 1990; KRAMPEN/ZINSSER 1981; KRUG/PETERS 1977; RHEIN-<br />
BERG/ ENSTRUP 1977). Allerdings scheint es relativ "gut gesichert zu<br />
sein, dass das höhere Begabungskonzept von Sonderschülern in den<br />
oberen Klassen wieder zu sinken beginnt" (HAEBERLIN 1991, S. 178).<br />
Wenn also homogene Fähigkeitsgruppen kurz nach dem Übergang von<br />
der Grundschule mit fortbestehenden heterogenen Gruppen hinsichtlich<br />
ihrer Selbstwerteinschätzung verglichen werden, dann müssen <strong>die</strong><br />
homogenen Leistungsgruppen deutlich schlechter abschneiden. Da <strong>die</strong><br />
Schüler in heterogenen Gruppen aber <strong>auf</strong> Dauer immer <strong>die</strong> gesamte<br />
Altersgruppe als Bezugsmaßstab haben, ist anzunehmen, dass sich <strong>die</strong><br />
leistungsschwächeren deutlich als schwächer und <strong>die</strong> besseren als<br />
deutlich besser erleben und bewerten. Genau das hat sich dann bei der<br />
Untersuchung der Wirkungen von Gesamtschulen herausgestellt (vgl.<br />
FEND 1991, S. 23).<br />
Diesem Ergebnis würde es entsprechen, wenn Schüler in homogenen<br />
Leistungsgruppen, wie einige Untersuchungen nachweisen, eher positivere<br />
Einstellungen zu den Unterrichtsgegenständen und zur Schule als<br />
Schüler in heterogenen Klassen zeigen (KULIK/KULIK 1982). In<br />
anderen Untersuchungen werden allerdings nur bei den Hochleistungsgruppen<br />
stärker positive Einstellungen gefunden. Schüler in<br />
unteren Leistungsgruppen zeigen eher negative Einstellungen (HAR-<br />
GREAVES 1967; OAKES 1985). Es ist aber nicht geklärt worden, ob<br />
<strong>die</strong>se Einstellungen nicht bereits vor der Zuweisung zu verschiedenen<br />
Leistungsgruppen bestanden haben (vgl. GAMORAN/BERENDS 1987).<br />
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HELMUT LEHNER: PROBLEME HOMOGENER BZW. HETEROGENER GRUPPIERUNG<br />
3.2 Der Einfluss der Gruppenbezugsnorm in der<br />
Leistungsbewertung<br />
Das Selbstwertgefühl und <strong>die</strong> Einstellungen der Schüler zur Schule und<br />
zu den Unterrichtsgegenständen dürften stark von der Art der<br />
schulischen Leistungsbewertung abhängig sein. In der Schule erfolgt <strong>die</strong><br />
Bewertung der Leistungen bei gleichen Aufgaben im Vergleich zur<br />
Klassen- oder Jahrgangsnorm. Bei solchem Leistungswettbewerb – der ja<br />
im Prinzip unabhängig von der Art der Leistungsgruppierung ist –<br />
ten<strong>die</strong>ren Individuen dazu, <strong>die</strong> Ursachen für Erfolge und Misserfolge in<br />
größerer oder geringerer Begabung zu sehen. Erfolg führt zu<br />
Selbstwerterhöhung, Erfolglosigkeit stärkt Unterlegenheitsgefühle und<br />
führt zu Unzufriedenheit (vgl. AMES 1981, 1984; SCHUCH 1982).<br />
Darüber hinaus scheint Wettbewerb eher <strong>die</strong> Ich-Orientierung der<br />
Schüler zu begünstigen. Lernen wird als Mittel betrachtet, um sich als<br />
„klug“ darzustellen oder um zu vermeiden, dass man für „dumm“<br />
gehalten werden könnte. Die Aufmerksamkeit ist mehr <strong>auf</strong> das eigene<br />
Selbst im sozialen Vergleich als <strong>auf</strong> den Lerngegenstand gerichtet (vgl.<br />
NICHOLLS 1983).<br />
Der schlechte Schüler erlebt vor allem Misserfolg. Er wird von anderen<br />
abgewertet und wertet sich auch selber ab. Er verliert <strong>die</strong> Lust am Lernen<br />
und an der Mitarbeit (vgl. ausführlich und differenziert dazu HÖHN<br />
1980). Wenn der schulische Leistungsvergleich zu einer subjektiv<br />
starken sozialen Abwertung leistungsschwächerer Schüler führt und<br />
wenn <strong>die</strong>se Schüler in einem Elternhaus leben, das ihnen keinen<br />
Ausgleich und keine Hilfe bietet, sondern <strong>die</strong> Abwertung eher noch<br />
verstärkt, können <strong>die</strong> leistungsschwächeren Schüler dadurch in eine<br />
Randgruppenposition gedrängt werden (vgl. MILLER 1956; RICK<br />
1961).<br />
Änderungen der Werte und Ziele, denen <strong>die</strong> Schule <strong>die</strong>nen soll, sowie<br />
didaktische Maßnahmen können – zumindest im Versuch – eine gute<br />
Selbstwerteinschätzung aller Schüler erreichen (LAZAROWITZ/ KAR-<br />
SENTY 1990). Das gilt auch für Versuche der vollen Integration von<br />
schulleistungsschwachen Sonderschülern in Regelschulklassen (vgl.<br />
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HELMUT LEHNER: PROBLEME HOMOGENER BZW. HETEROGENER GRUPPIERUNG<br />
WANG/ BIRCH 1984). Bei einem "leistungsideologisch geprägten<br />
schulischen Wertklima" allerdings ist zumindest bei schulleistungsschwachen<br />
Sonderschülern in heterogenen Klassen ein "negatives<br />
Begabungskonzept" und "ein Sinken des Wohlbefindens in der Schule"<br />
zu erwarten (HAEBERLIN 1991, S. 181).<br />
Problematisch für das Selbstwertgefühl und <strong>die</strong> Einstellungen der<br />
Schüler zur Schule ist also nicht <strong>die</strong> homogene oder heterogene<br />
Leistungsgruppierung, sondern <strong>die</strong> Art und Weise der schulischen<br />
Leistungsbeurteilung und <strong>die</strong> damit verknüpften Bewertungen. Dabei<br />
dürfte nicht <strong>die</strong> Forderung nach Leistung an sich, sondern vor allem der<br />
Leistungsvergleich bei gleichen Aufgaben <strong>die</strong> beschriebenen Folgen<br />
wesentlich verursachen.<br />
Individuelle Leistung wird von den Schülern durchaus positiv erlebt.<br />
Fast jeder Schüler dürfte ein Interessengebiet haben, <strong>auf</strong> dem er größere<br />
Leistungen erbringen kann als andere. Dass er in anderen Bereichen<br />
schlechter ist als <strong>die</strong>se, weiß er ohnehin. Es ist erniedrigend und<br />
schädigend für sein Selbstwertgefühl und seine Lernfreude, wenn er<br />
immer wieder einem kollektiven Leistungsvergleich ausgesetzt wird, in<br />
dem er vorprogrammierte Versagenserlebnisse erfährt.<br />
Statt einem Wettbewerb um möglichst hohe Leistungen bei gleichen<br />
Aufgaben, könnte man in der Schule Zusammenarbeit, Selbständigkeit<br />
und <strong>die</strong> systematische Verfolgung eigener Neigungen in interessenhomogenen<br />
und -heterogenen Gruppen fördern. Diese Ziele begünstigen<br />
stärker das Entstehen einer <strong>auf</strong>gabenorientierten Haltung. Es werden<br />
nämlich <strong>die</strong> Verbesserungen gegenüber vorherigen Leistungen bewertet.<br />
Man belohnt damit <strong>die</strong> Anstrengung, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Schüler <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Aufgaben<br />
verwenden. Erfolg und Misserfolg führen sie dann verstärkt <strong>auf</strong> Anstrengung<br />
und weniger <strong>auf</strong> Begabung zurück. Lernen und Verstehen gelten in<br />
<strong>die</strong>sem Zusammenhang als Ziele an sich. Der Vergleich mit anderen<br />
wird weniger wichtig (vgl. NICHOLLS 19).<br />
Auch <strong>die</strong> Einstellung zur Lern<strong>auf</strong>gabe dürfte demnach unabhängig von<br />
homogener bzw. heterogener Leistungsgruppierung sein. Entscheidend<br />
14
HELMUT LEHNER: PROBLEME HOMOGENER BZW. HETEROGENER GRUPPIERUNG<br />
ist vielmehr, ob Wettbewerb oder Kooperation das Sozial- und Schulklima<br />
bestimmen. Die Einstellung zur Schule hängt in stark<br />
wettbewerbsorientierten Umgebungen vor allem davon ab, ob man<br />
erfolgreich oder erfolglos ist. Gute Schüler sehen <strong>die</strong> Schule positiv,<br />
schlechte negativ.<br />
Wenn man <strong>die</strong> Schwierigkeiten, <strong>die</strong> <strong>auf</strong>grund der Verfolgung bestimmter<br />
Werte mit der heterogenen bzw. homogenen Leistungsgruppierung verknüpft<br />
sind, untersuchen und Lösungen dafür vorschlagen möchte, muss<br />
man sich mit <strong>die</strong>ser zugrundeliegenden Wert- oder gesellschaftspolitischen<br />
Problematik auseinandersetzen.<br />
4. Die gesellschaftspolitische Problematik der<br />
Leistungsgruppierung<br />
Homogene Leistungsgruppierung wird oft mit Leistungseliten in Verbindung<br />
gebracht. Die leistungsschwächeren Gruppen würden ausgesondert,<br />
um an der Spitze eine Leistungselite bilden zu können (4.1). Dagegen<br />
wird eingewandt, ein gerechtes und demokratisches Schulsystem dürfe<br />
<strong>die</strong> Schüler nicht selektieren. Jeder solle <strong>die</strong> gleiche Chance haben und<br />
dazu seien heterogene Leistungsgruppen erforderlich (4.2).<br />
4.1 Die Förderung von Leistungseliten durch homogene<br />
Fähigkeitsgruppierung<br />
Ein wettbewerbsorientiertes, gegliedertes und abgestufte Berechtigungen<br />
vergebendes Schulsystem hat SCHELSKY (1957, S. 18 ff.) als "Zuteilungsapparatur<br />
von Lebenschancen" beschrieben. Als Kriterium <strong>die</strong>nt der<br />
Leistungsvergleich bei vorgegebenen Aufgaben. In <strong>die</strong> oberste Leistungsgruppe<br />
sollen nur <strong>die</strong> besten Schüler <strong>auf</strong>genommen werden. Sie<br />
bilden <strong>die</strong> künftige Elite.<br />
Die Vertreter einer elitären Bildungstheorie fordern also den Ausschluss<br />
aller jener von der höheren Bildung, <strong>die</strong> bestimmte Standards nicht<br />
15
HELMUT LEHNER: PROBLEME HOMOGENER BZW. HETEROGENER GRUPPIERUNG<br />
erfüllen. "Elitenbildung ist <strong>die</strong> ... Beschränkung von Gelegenheiten und<br />
Begünstigungen für einige Leute ..." (WILLIE 1987, S. 17), von deren<br />
Förderung man den höchsten Gewinn für <strong>die</strong> Gesellschaft als Ganze<br />
erwartet.<br />
Die Prüfung <strong>die</strong>ser elitären Bildungstheorie zeigt, dass <strong>die</strong> Forderung,<br />
<strong>die</strong> schulisch beste Ausbildung nur jenen zu geben, deren Fähigkeit auch<br />
erwiesen ist, nicht so einfach erfüllt werden kann. Denn es ist unklar, <strong>auf</strong><br />
welche Fähigkeiten es ankommt. Gute Schulnoten sind nicht unbedingt<br />
wichtig für späteren beruflichen Erfolg. Beispielsweise kann Mediziner<br />
nur der werden, der einen besonders guten Notendurchschnitt erreicht<br />
und den Eingangstest besteht. Philosophie kann man dagegen auch mit<br />
einem Notendurchschnitt von 4,3 stu<strong>die</strong>ren. Das belegt, dass ein guter<br />
Notendurchschnitt in erster Linie den Zugang zu finanziell attraktiven<br />
Berufen erleichtert. Ob aber <strong>die</strong> Fähigsten für <strong>die</strong> jeweilige Disziplin<br />
ausgewählt wurden, ist fraglich. Untersuchungen zeigen, "dass nur ein<br />
geringer Zusammenhang zwischen den Ergebnissen der Reifeprüfung<br />
und den Vorexamen in verschiedenen naturwissenschaftlichen Disziplinen"<br />
und bei Medizinern besteht (WEINGARDT 1971, S. 253). Tatsächlich<br />
sind nämlich Mediziner mit relativ schlechten Schulnoten im<br />
Beruf ebenso tüchtig wie <strong>die</strong>jenigen mit sehr guten Noten (vgl. WILLIE<br />
1982). Jedenfalls ist der Zusammenhang von Zensuren und späteren<br />
Berufserfolg im allgemeinen nur "sehr mäßig" (HOYT 1965), ebenso<br />
wie der Zusammenhang zwischen IQ und Berufserfolg (vgl. zusammenfassend<br />
HOWE 1990, S. 200).<br />
Ein weiteres Problem ist <strong>die</strong> mangelnde Objektivität von Noten und<br />
Zeugnissen (vgl. INGENKAMP 1971a). Notenunterschiede zwischen<br />
Schülern können nicht ausschließlich durch unterschiedliche kognitive<br />
Leistungen erklärt werden. Anstrengung und Benehmen der Schüler,<br />
Vorurteile des Lehrers und <strong>die</strong> von <strong>die</strong>sen Faktoren beeinflusste Interaktion<br />
des Lehrers mit den Schülern scheinen ebenfalls eine bedeutsame<br />
Rolle zu spielen (vgl. z.B. FARKAS/ SHEEHAN/ GROBE 1990).<br />
Außerdem <strong>die</strong>nen Noten nicht nur der objektiven Leistungsmessung,<br />
sondern können von den Lehrern auch als Erziehungsmittel verwendet<br />
16
HELMUT LEHNER: PROBLEME HOMOGENER BZW. HETEROGENER GRUPPIERUNG<br />
werden. Diese verschiedenen Aufgaben, <strong>die</strong> mangelnde Objektivität und<br />
der geringe prognostische Wert von Zensuren stellen sie als Auswahlkriterium<br />
in Frage. Zensuren für Schulleistung haben eine Vorhersagegültigkeit<br />
von etwa r = .30. Wenn nun unter 1000 Bewerbern 200<br />
Geeignete <strong>auf</strong>grund ihrer Noten ausgewählt werden, dann sieht das<br />
Ergebnis rechnerisch folgendermaßen aus: Unter den 200 Zugelassenen<br />
sind 66 Geeignete und 134 nicht Geeignete. Man hat "aber 134<br />
Geeignete und 666 nicht Geeignete abgewiesen" (INGENKAMP 1971b,<br />
S. 222).<br />
Es ist durchaus verständlich, wenn eine solche unzuverlässige, mit<br />
subjektiven Elementen durchsetzte Art der Einstufung aller Kinder und<br />
Jugendlicher "in eine Rangliste mit dem bescheinigten Genie <strong>auf</strong> der<br />
obersten und dem bescheinigten Dummkopf <strong>auf</strong> der untersten" Stufe <strong>auf</strong><br />
Dauer nicht mit einer breiten Zustimmung rechnen kann (vgl. HAYEK<br />
1971, S. 473). Da Schulleistung zudem noch als Indikator für Begabung<br />
und Intelligenz gilt, muss es für viele Eltern fast eine Schande sein, wenn<br />
ihre Kinder nicht das Abitur gemacht haben (vgl. HAYEK 1971, S. 474).<br />
Hohe Leistungsanforderungen wirken außerdem sozial selektiv. Je weiter<br />
man <strong>die</strong> Leiter der Bildung emporsteigt, umso weniger wird man sich in<br />
der Gesellschaft von Kindern aus der Unterschicht, von Minoritäten,<br />
Ausländern usw. befinden (vgl. WILLIE 1987, S. 17). Der Politologe<br />
WILLIE ist der Auffassung, dass es "unter dem Banner der Aufrechterhaltung<br />
strenger Maßstäbe" darum gehe, <strong>die</strong> Früchte langer Erziehung<br />
den Kindern jener zu sichern, <strong>die</strong> <strong>die</strong> gesellschaftlich höheren Positionen<br />
bekleiden (vgl. ebenda).<br />
Wenn das eigentliche Ziel der Bildung leistungshomogener Gruppen in<br />
der Schule darin bestanden haben sollte, <strong>die</strong> besten, tüchtigsten oder<br />
leistungsfähigsten Mitglieder der heranwachsenden Generationen zu<br />
identifizieren, dann ist <strong>die</strong>ses Ziel klar verfehlt worden. Nur in einem<br />
gewissen Sinn werden <strong>die</strong> Leistungsfähigsten gefunden. Denn das<br />
System wird <strong>die</strong>jenigen herausfiltern, <strong>die</strong> oder deren Eltern wissen, wie<br />
man <strong>die</strong>ses Schulspiel gewinnt – also <strong>die</strong> Cleveren. Ein Anteil weniger<br />
cleverer Schüler wird, auch wenn sie im Prinzip sehr gute Schul-<br />
17
HELMUT LEHNER: PROBLEME HOMOGENER BZW. HETEROGENER GRUPPIERUNG<br />
leistungen erbringen könnten, ausgesondert werden (vgl. PAQUETTE<br />
1991).<br />
Der zentrale Schwachpunkt der Selektion nach Schulleistung, <strong>die</strong> ja <strong>die</strong><br />
Konzentration <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Förderung der Besten ermöglichen soll, ist also,<br />
dass <strong>die</strong> Besten <strong>auf</strong> <strong>die</strong>se Weise oft gar nicht erkannt werden. Ferner<br />
dürften viele Schüler, <strong>die</strong> zu hohen Leistungen in der Lage wären, von<br />
der Förderung ausgeschlossen und entmutigt werden.<br />
Die Untersuchung der L<strong>auf</strong>bahnen außergewöhnlich erfolgreicher<br />
Wissenschaftler, Künstler und Wirtschaftsführer zeigt, dass <strong>die</strong> Schule<br />
oft eher eine negative Rolle gespielt hat. Entscheidend war in fast allen<br />
Fällen <strong>die</strong> frühe Weckung und Aufrechterhaltung eines starken Interesses<br />
für einen Gegenstandsbereich und <strong>die</strong> Aufrechterhaltung der Freude am<br />
Lernen in <strong>die</strong>sem Bereich. Meistens waren es <strong>die</strong> Eltern, <strong>die</strong> den Kindern<br />
am meisten geholfen habe, seltener ein Lehrer (vgl. zusammenfassend<br />
OCHSE 1990, S. 83 ff.). Man sollte denken, da? jedes Kind Ermutigung<br />
und Hilfe ver<strong>die</strong>nt, um das Beste aus dem machen zu können, was es hat.<br />
Im Übrigen kann niemand wissen, welche Schüler später sozial als<br />
besonders bedeutsam bewertete Leistungen erbringen werden.<br />
Ein größeres Maß an Gerechtigkeit und Chancengleichheit verspricht<br />
man sich von heterogenen Klassen, aus denen schlechtere Schüler nicht<br />
ausgeschlossen, sondern eher besonders gefördert werden sollen.<br />
4.2 Der Versuch, Gerechtigkeit und Chancengleichheit durch<br />
heterogene Lerngruppen zu verwirklichen<br />
Die Menschen werden schon mit verschiedenen Eigenschaften und<br />
Temperamenten geboren (vgl. KORNER 1971; KAGAN 1989). Da sie<br />
in verschiedenen Umwelten <strong>auf</strong>wachsen, eine unterschiedliche<br />
Erziehung und unterschiedliche Anregungen und Förderungen erhalten,<br />
vergrößert sich zwangsläufig <strong>die</strong> Heterogenität der Eigenschaften und<br />
Merkmale.<br />
18
HELMUT LEHNER: PROBLEME HOMOGENER BZW. HETEROGENER GRUPPIERUNG<br />
Vom Standpunkt der egalitären Gerechtigkeit, ist es <strong>die</strong> Aufgabe<br />
schulischer Einrichtungen, <strong>die</strong>se unbeabsichtigt und <strong>auf</strong>grund gesellschaftlicher<br />
Ungleichheiten entstandenen Unterschiede für <strong>die</strong> späteren<br />
Berufs- oder Lebenschancen der Schüler auszugleichen (kritisch dazu<br />
BERNSTEIN 1970; JENCKS 1973). Möglichst alle Schüler sollen<br />
danach <strong>die</strong> Möglichkeit erhalten, <strong>die</strong> von ihnen oder ihren Eltern<br />
gewünschte Bildung zu bekommen.<br />
Die Verwirklichung des Chancenausgleichs scheitert unter anderem an<br />
den normierten Leistungsanforderungen der Schule. Wenn man unter<br />
Chancenausgleich versteht, dass jeder <strong>die</strong> besten Möglichkeiten haben<br />
soll, seine Fähigkeiten zu entwickeln, dann müsste man nämlich auch<br />
vom Lehrplan her sehr viel stärker individualisieren. Die Leistungen<br />
wären dann nur begrenzt vergleichbar und <strong>die</strong> Schüler könnten nicht in<br />
eine Rangreihe eingeordnet werden. Bei für alle Schüler eines Jahrgangs<br />
gleichen Leistungsmaßstäben ist <strong>die</strong> Leistung vermutlich immer normal<br />
– im Sinne der Gaußschen Glockenkurve – in der Gesamtpopulation<br />
verteilt. Unter solchen Bedingungen ist von vornherein klar, dass stets<br />
nur ein kleiner Teil der Schüler sehr gute und gute Leistungen erbringen<br />
kann. Wie immer <strong>die</strong> übrigen sich anstrengen, sie werden nie alle zu den<br />
Besten gehören können. Das wissen auch <strong>die</strong> Schüler. Nach einigen<br />
Schuljahren - in der Regel um das 5. Jahr (vgl. RIES 1991) - sind sie<br />
zunehmend überzeugt, dass Faktoren, über <strong>die</strong> sie keine Gewalt haben,<br />
für ihre Leistungen maßgeblich sind, beispielsweise Glück, Begabung,<br />
Intelligenz, Beliebtheit beim Lehrer usw.<br />
Auch Lehrer wissen, dass nicht wirklich alle Schüler gut im Sinne eines<br />
für eine Gruppe gleichen Leistungsmaßstabes sein können. Es ist daher<br />
nicht unwahrscheinlich, dass sie in ihren Bemühungen um <strong>die</strong>se Schüler<br />
nachlassen. Von Seiten der Eltern wird häufig ein verstärkter Erwartungsdruck<br />
<strong>auf</strong> <strong>die</strong> Schüler ausgeübt. Dadurch wird das Familienleben<br />
belastet, was wiederum psychosomatische Störungen hervorrufen oder<br />
verstärken und auch <strong>die</strong> Schulleistungen weiter drücken kann (vgl.<br />
HOLLER/ HURRELMANN 1991).<br />
19
HELMUT LEHNER: PROBLEME HOMOGENER BZW. HETEROGENER GRUPPIERUNG<br />
Als Wettbewerbsinstitution wird <strong>die</strong> Schule vor allem <strong>die</strong> Leistungsfähigsten<br />
belohnen und ermuntern. Die Leistungsschwächeren geraten<br />
leicht in eine Misserfolgsspirale (vgl. FUCHS 1979, S. 7 ff. zur Misserfolgsspirale).<br />
Für sie ist <strong>die</strong> Schule enttäuschend und demütigend; ihre<br />
Misserfolge tragen zur Schwächung ihrer Lernbereitschaft bei. Dadurch<br />
können auch ihre zukünftigen Chancen stark beeinträchtigt werden (vgl.<br />
BLOOM 1968, S. 1). Heterogenität bei normierten Leistungsanforderungen<br />
führt also eher zu einer Verschärfung der psychischen Belastung<br />
für einen großen Teil der Schüler (vgl. HAEBERLIN 1991; FEND<br />
1991).<br />
Die Herabsetzung der Leistungsanforderungen könnte zwar <strong>die</strong> psychische<br />
Belastung für <strong>die</strong> schlechten Schüler vermindern helfen, dürfte aber<br />
<strong>auf</strong> der anderen Seite zu Langeweile und Unlust bei den guten Schülern<br />
führen. Eine solche Angleichung würde damit erk<strong>auf</strong>t, dass <strong>die</strong> Förderung<br />
der Schüler, <strong>die</strong> sehr viel höhere Leistungen erbringen könnten,<br />
zugunsten der Schlechteren eingeschränkt würde. Die Vertreter eines<br />
elitären Standpunktes machen es dem Gleichheitsstreben daher zum Vorwurf,<br />
dass es zu Mittelmäßigkeit führe und das Außergewöhnliche eher<br />
unterdrücke als fördere (vgl. dazu WILLIE 1978, S. 17 f.; HAYEK<br />
1971, S. 470 f.). Wenn also <strong>die</strong> Bildung heterogener Klassen mit der<br />
Forderung verbunden wäre, den besonders Begabten keinerlei spezielle<br />
Vorteile zu gewähren, dann würde <strong>die</strong>s bedeuten, dass kein Schüler<br />
etwas bekommen soll, das nicht allen gegeben werden kann. Dadurch<br />
werden aber auch Leistungen, <strong>die</strong> der Gesellschaft als Ganzes nützten,<br />
nicht entwickelt (vgl. v. HAYEK 1971, S. 470).<br />
Wenn <strong>die</strong> Schule <strong>auf</strong> <strong>die</strong> in einer Gesellschaft bedeutsamen Anforderungen<br />
und Erwartungen vorbereiten soll, dann dürfen <strong>die</strong> Schüler nicht alle<br />
nach dem gleichen Schema unterrichtet werden. Natürlich sind für das<br />
Zusammenleben gewisse gemeinsame Wertmaßstäbe und Grundkenntnisse<br />
notwendig. Eine zu starke Betonung <strong>die</strong>ser Notwendigkeit würde<br />
allerdings "zu sehr antiliberalen Schlussfolgerungen führen" (HAYEK<br />
1971, S. 464), und würde vor allem den Anforderungen einer modernen<br />
Gesellschaft nicht gerecht. Denn unsere hochdifferenzierte Gesellschaft<br />
20
HELMUT LEHNER: PROBLEME HOMOGENER BZW. HETEROGENER GRUPPIERUNG<br />
weist viele verschiedenartige Tätigkeitsfelder <strong>auf</strong>, in denen Individuen<br />
mit jeweils speziellem Wissen und Können gebraucht werden. Die<br />
Schablone des Lehrplans ist kein geeignetes Mittel, <strong>die</strong> Entfaltung <strong>die</strong>ser<br />
Fähigkeiten bei den jeweils geeigneten Individuen zu fördern. Wenn der<br />
Lehrplan so beschaffen ist, dass er neben Grundkenntnissen und -<br />
fähigkeiten auch <strong>die</strong> Ausbildung einer Vielfalt interessenbedingter<br />
Fähigkeiten oder Talente ermöglicht, kann <strong>die</strong> Schule der Gesellschaft<br />
und den Schülern weit besser <strong>die</strong>nen. Außerdem könnte eine stärker an<br />
individuellen Interessen orientierte Ausbildung <strong>die</strong> Auffassung stärken,<br />
dass Erfolge und Misserfolge vom einzelnen und nicht von einer<br />
selektierenden <strong>Institution</strong> abhängen. Eben <strong>die</strong>s scheint eine der<br />
wichtigsten beeinflussbaren Voraussetzungen von Erfolg zu sein, den<br />
Menschen in einer freien Gesellschaft brauchen, um <strong>auf</strong> Dauer gut leben<br />
zu können.<br />
Man schädigt also <strong>die</strong> Schüler, solange man sie ausschließlich nach<br />
Lehrplan ausbildet und bewertet, weil sie dann im wesentlichen nur das<br />
tun, was sie tun müssen, also nicht leisten, was sie leisten könnten und<br />
leisten wollten, wenn sie freier wären. In der Regel haben sie sich am<br />
Ende der Schulzeit eine Vielzahl von Dingen in relativ oberflächlicher<br />
und unvollkommener Weise angeeignet. Sie sind aber ungenügend und<br />
viel zu unspezifisch <strong>auf</strong> das Leben vorbereitet. Hätten sie in der Schule,<br />
unter Beachtung ihrer jeweiligen Neigungen, sich <strong>auf</strong> einem Feld<br />
gründlich eingearbeitet, würden sie vermutlich genauere Vorstellungen<br />
von dem gewonnen haben, was sie leisten können. Sie wüssten besser,<br />
was sie zumindest einer gesellschaftlichen Gruppe durch ihre Kenntnisse<br />
und Fähigkeiten zu bieten haben und wie sie <strong>die</strong>se Fähigkeiten noch<br />
weiter vervollkommnen können. Unter den gegenwärtigen Bedingungen<br />
wird dagegen nur ein immer größerer Anteil an <strong>die</strong> Hochschulen geleitet,<br />
wo etliche relativ interesselos ein Studium absolvieren, mit dem sie dann<br />
vielleicht nicht viel anfangen können. Das ist <strong>die</strong> Folge der Beschränkung<br />
und Einengung der Interessenentwicklung der Schüler zugunsten<br />
einer <strong>auf</strong> einheitliche Leistungsanforderungen ausgerichteten Ausbildung.<br />
Das dürfte auch der Grund für <strong>die</strong> nur geringen Zusammenhänge<br />
21
HELMUT LEHNER: PROBLEME HOMOGENER BZW. HETEROGENER GRUPPIERUNG<br />
zwischen Schulleistung und Berufserfolg sein ((vgl. dazu WALDMANN<br />
/ WEINERT 1990, S. 147 ff.; HOWE 1990, S. 200; CECI 1990, S. 29<br />
ff.)). Gewährte man allen Schülern Hilfe und Förderung vor allem in<br />
ihren Interessengebieten und in der ihnen angemessenen Weise, würde<br />
man <strong>die</strong> Schüler vermutlich weit eher <strong>auf</strong> das Leben in einer komplexen,<br />
veränderlichen Welt vorbereiten. Es gäbe gewiss auch hier Leistungsunterschiede,<br />
aber <strong>die</strong>se Unterschiede könnten nicht mittels eines einzigen<br />
Maßstabes gemessen werden.<br />
Bei normierten Leistungsanforderungen wird eine einzige Bewertung der<br />
Bedeutung von bestimmten Inhalten, Fähigkeiten und Zielen allen anderen<br />
vorgezogen. Eine solche Schablone eignet sich auch unter der Bedingung<br />
heterogener Gruppenbildung weit eher zur Auslese als zur<br />
Verwirklichung des Ideals der Chancengleichheit.<br />
Das Ziel der Chancengleichheit dürfte einer der Anlässe für eine intensivere<br />
Berücksichtigung und Untersuchung der individuellen Bedingungen<br />
des Lernerfolgs gewesen sein. Durch <strong>die</strong>ses Ziel wurden <strong>die</strong> Werte<br />
der Gemeinsamkeit und Gegenseitigkeit betont und es hat zu einem<br />
Bemühen um <strong>die</strong> Aufhebung von Benachteiligungen geführt. Problematisch<br />
daran sind vor allem <strong>die</strong> dadurch bewirkte Zunahme des Wettbewerbs<br />
und <strong>die</strong> größere psychische Belastung vieler Schüler. Andererseits<br />
könnten <strong>die</strong> stärkere Heterogenität der Klassen und <strong>die</strong> dadurch hervorgerufenen<br />
Probleme zu neuen Lösungen führen, zu Lösungen, <strong>die</strong> vor<br />
allem <strong>auf</strong> eine stärkere Individualisierung des Unterrichts und der<br />
Ausbildung hinausl<strong>auf</strong>en.<br />
5. Maßnahmen zur Erhöhung von Chancengleichheit und Leistung<br />
Es sind verschiedene Mittel zur Verwirklichung des Ziels der Chancengleichheit<br />
vorgeschlagen worden. Die Frage ist jedoch, ob <strong>die</strong> Schule in<br />
<strong>die</strong> Lage versetzt werden kann, <strong>die</strong> Schüler zu annähernd gleichen Leistungen<br />
zu führen, und ob <strong>die</strong> dazu zu ergreifenden Maßnahmen gesellschaftlich<br />
durchgesetzt werden können (5.1). Wünschenswert wäre vor<br />
22
HELMUT LEHNER: PROBLEME HOMOGENER BZW. HETEROGENER GRUPPIERUNG<br />
allem eine Lösung, <strong>die</strong> als gerecht und mit dem Gleichheitsgrundsatz<br />
vereinbar empfunden würde und zugleich <strong>die</strong> individuelle Leistungsfähigkeit<br />
steigern würde. Ein Vorschlag dazu wird im abschließenden<br />
Kapitel (5.2) skizziert.<br />
5.1 Das Problem der Realisierbarkeit des Ideals der<br />
Chancengleichheit<br />
Jede Gesellschaft muss, um <strong>auf</strong> Dauer bestehen zu können, über gemeinsame<br />
Wissensbestände, Regeln und Werte verfügen. Ein Minimum<br />
verpflichtender Lehrziele in der Schule ist daher durchaus sinnvoll und<br />
berechtigt (vgl. dazu <strong>die</strong> erziehungsgeschichtliche Darstellung GLENNs<br />
1988). Wenn man <strong>die</strong>se Auffassung vertritt, ist es eine Konsequenz, nach<br />
Mitteln zu suchen, um möglichst alle Schüler zur Erreichung <strong>die</strong>ser Ziele<br />
zu führen.<br />
Die Gesamtschule wurde als Mittel einer egalisierenden Erziehung eingeführt.<br />
Sie hat direkt und indirekt zu einem Anstieg des Anteils der<br />
Abiturienten auch aus den unteren Sozialschichten beigetragen. Aufgrund<br />
der normierten Leistungsanforderungen und des Numerus Clausus<br />
konnte es aber nicht zu einem Chancenausgleich im Sinne der optimalen<br />
Förderung des einzelnen kommen.<br />
Man könnte annehmen, dass <strong>die</strong>ser relative Misserfolg dar<strong>auf</strong> zurückzuführen<br />
ist, dass <strong>die</strong> angewandten didaktischen Mittel nicht ausreichend<br />
waren. Nun haben BLOOM und KELLER gegen Ende der 60er Jahre<br />
und in Anlehnung an CARROLL didaktische Maßnahmen vorgeschlagen,<br />
um <strong>die</strong> Heterogenität individueller Leistungen drastisch zu verringern.<br />
Es handelt sich um das sogenannte Mastery Learning (BLOOM<br />
1968; 1976) und das Personalized System of Instruction (PSI) von<br />
KELLER (1968). Das Mastery Learning unterscheidet sich vom verbreiteten<br />
lehrergeleiteten Unterricht durch einen systematischen Aufbau der<br />
Lernschritte und durch häufige Rückkopplungsphasen. Erst wenn jeder<br />
Schüler jeden Schritt verstanden hat, wird im Unterricht fortgefahren.<br />
Beim PSI dagegen bearbeiten <strong>die</strong> Schüler selbständig schriftliches<br />
Unterrichtsmaterial mit zahlreichen Zwischentests. Bei Fehlern müssen<br />
23
HELMUT LEHNER: PROBLEME HOMOGENER BZW. HETEROGENER GRUPPIERUNG<br />
<strong>die</strong> Schüler bestimmte Teile solange wiederholen und durcharbeiten, bis<br />
sie den Stoff beherrschen. Dabei erhalten sie Hilfe in Lerngruppen oder<br />
durch einen Tutor.<br />
Beide Methoden gelten auch heute als besonders bewährte Mittel zur<br />
Verringerung der Ungleichheit von Schülerleistungen. Es liegt eine Vielzahl<br />
von Untersuchungen dazu vor. Im Folgenden wird vor allem <strong>auf</strong> das<br />
Mastery Learning eingegangen, weil es in höherem Maß <strong>die</strong>sen Ausgleich<br />
fördert als das PSI.<br />
BLOOM (1968) hat angenommen, dass beim Mastery Learning etwa 90<br />
% der Schüler Ergebnisse erzielen würden, <strong>die</strong> unter den üblichen<br />
Bedingungen nur von 10 % der Schüler erreicht werden. Die Korrelation<br />
zwischen den Ausgangsfähigkeiten und -kenntnissen der Schüler und<br />
dem Endergebnis der Unterweisung sollte beim Mastery Learning nahe<br />
Null liegen, d.h. dass das Vorwissen und Können fast keinen Einfluss <strong>auf</strong><br />
<strong>die</strong> Lernergebnisse hätte. Auch der Zeit<strong>auf</strong>wand würde gleich bleiben, so<br />
dass 80 % der Schüler weit höhere Leistungen bei gleichem Aufwand<br />
erzielen könnten als bisher.<br />
Etwa 70 % der Untersuchungen zu den beiden genannten Methoden<br />
sprechen für <strong>die</strong> Effektivität <strong>die</strong>ser Methoden. Die Lernleistung der<br />
Schüler wird gegenüber traditionellem Unterricht durchschnittlich um<br />
etwa 0,5 Standardabweichungen gesteigert (vgl. hierzu und zum<br />
folgenden <strong>die</strong> Metaanalyse von KULIK/KULIK/BANGERT-DROWNS<br />
1990). Dieser Effekt ist höher, wenn der konventionelle Vergleichs-<br />
Unterricht weniger Zwischentests und Feedback enthält als Mastery<br />
Learning oder PSI (vgl. ebenda). Schlechte Schüler erzielen einen<br />
höheren Lernzuwachs als gute Schüler. Mastery Learning-Programme<br />
haben also einen ausgleichenden oder nivellierenden Effekt. Außerdem<br />
ist der Lernzuwachs relativ stabil, also nicht nur kurzzeitig und <strong>auf</strong> den<br />
Endtest beschränkt. Er zeigt sich vielmehr genauso deutlich in Followup-Untersuchungen.<br />
Der Zeit<strong>auf</strong>wand für Mastery Learning-Programme<br />
scheint nur geringfügig höher zu sein als für konventionellen Unterricht.<br />
Die Einstellungen der Schüler zur Lehrmethode und gegenüber den<br />
24
HELMUT LEHNER: PROBLEME HOMOGENER BZW. HETEROGENER GRUPPIERUNG<br />
Lerngegenständen sind bei Mastery Learning-Programmen positiver als<br />
im traditionellen Unterricht.<br />
Die Ergebnisse zur Lernleistung gelten nur bei lehrzielbezogenen, nicht<br />
aber bei relativ allgemeinen, standardisierten, landesweiten Tests, bei<br />
denen Mastery Learning allerdings immer noch etwas besser abschneidet<br />
als konventioneller Unterricht.<br />
Die optimistische Annahme BLOOMs, durch Mastery Learning ließen<br />
sich <strong>die</strong> Lernergebnisse von 90 % der Schüler <strong>auf</strong> ein Niveau heben, das<br />
sonst nur von 10 % erreicht wird, konnte nicht bestätigt werden. "Um<br />
eine solche Verbesserung zu erzielen, wäre eine Steigerung um mehr als<br />
zwei Standardabweichungen nötig" (ebenda, S. 292).<br />
Zeigt <strong>die</strong>ses Ergebnis nun, dass es prinzipiell möglich ist, <strong>die</strong> Inhomogenität<br />
der Schülerleistungen durch geeignete Lehr- und Testmethoden<br />
immerhin in deutlichem Maße zu verringern?<br />
TREIBER/WEINERT (1985) haben in ihrem Forschungsbericht "Gute<br />
Schulleistungen für alle?" festgestellt, dass Chancenausgleich nur zu<br />
Lasten der guten Schüler zu erreichen sei. Dass beim Mastery Learning<br />
<strong>die</strong> schlechten Schüler einen größeren Lerngewinn <strong>auf</strong>weisen als <strong>die</strong><br />
guten Schüler und dass <strong>die</strong> Ergebnisse für das Mastery Learning<br />
günstiger sind, wenn es sozusagen im Gleichschritt unterrichtet wird,<br />
deutet ebenfalls in <strong>die</strong>se Richtung. Die guten Schüler könnten in ihrem<br />
Lernfortschritt gehemmt worden sein (vgl. dazu auch FLAMMER 1975,<br />
S. 248). Prinzipiell ist es nicht ausgeschlossen, dass Schüler mit<br />
bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen durch eine Unterrichtsmethode<br />
gefördert und andere eher gehemmt oder benachteiligt werden (zu<br />
solchen Wechselwirkungen oder Aptitude-Treatment-Interaktionen -<br />
ATI - vgl. FLAMMER 1975, S. 261 ff.).<br />
Dennoch dürfte <strong>die</strong> Möglichkeit, durch entsprechende Lehrmethoden<br />
wenigstens zu einer Angleichung der Lernleistungen beizutragen, nicht<br />
auszuschließen sein. So haben BECK/ BROMME u.a. (1988a) <strong>die</strong><br />
Untersuchung von TREIBER/WEINERT (1985) analysiert und kommen<br />
zu dem Ergebnis, dass sie "nichts dazu aussagen [kann], ob gleichzeitig<br />
25
HELMUT LEHNER: PROBLEME HOMOGENER BZW. HETEROGENER GRUPPIERUNG<br />
Leistungsverbesserung und Streuungsreduktion erreicht werden können,<br />
weil <strong>die</strong>s gar nicht explizit geprüft wird" (S. 110; vgl. ferner <strong>die</strong> Diskussion<br />
zwischen WEINERT 1988 und BECK/ BROMME u.a. 1988b).<br />
Zur Verbesserung der Leistungen insbesondere auch der schwachen<br />
Schüler in heterogenen Klassen kann eine ganze Reihe von Maßnahmen<br />
<strong>die</strong>nen: Die Anwendung lehrzielorientierter Tests - bei denen nicht der<br />
Rang des einzelnen im Hinblick <strong>auf</strong> seine Bezugsgruppe, sondern der<br />
Grad der Erreichung des Lehrziels gemessen wird -; <strong>die</strong> systematische<br />
Rückkopplung, Hilfe und Ermutigung vor allem auch für schlechte<br />
Schüler, <strong>die</strong> Vermeidung harter Strafen und <strong>die</strong> Hebung ihres Selbstwertgefühls<br />
(vgl. hierzu auch RUTTER u.a. 1980). Weitere Hilfen<br />
stellen <strong>die</strong> innere Differenzierung in Lerngruppen, kooperative und<br />
schülerzentrierte Methoden usw. dar (vgl. SLAVIN 1983; SHARAN<br />
1990).<br />
Zumindest ein Minimallehrplan der grundlegenden Kenntnisse und<br />
Fähigkeiten dürfte <strong>auf</strong> <strong>die</strong>se Weise allen Schülern in befriedigendem<br />
Maße in heterogenen Klassen vermittelt werden können. Will man<br />
möglichst viele Schüler zu individuellen Höchstleistungen führen, wird<br />
man vor allem <strong>die</strong> individuellen Interessen stärker berücksichtigen<br />
müssen. Denn wie in der Wirtschaft dürften auch in der Schule <strong>die</strong><br />
Individuen größere Leistungen erbringen, wenn sie ihre eigenen Interessen<br />
verfolgen und nicht einen vorgegebenen Plan erfüllen müssen, wenn<br />
sie also nicht nur extrinsisch, sondern auch intrinsisch motiviert sind<br />
(vgl. PORTELE 1975).<br />
5.2 Chancen- und Leistungsverbesserung durch Individualisierung<br />
in homogenen und heterogenen Gruppen<br />
Homogene bzw. heterogene Gruppenbildung in der Schule ist ein Mittel<br />
zur Erreichung bestimmter Zwecke. Wie jedes Mittel kann es unbeabsichtigte<br />
und möglicherweise unerwünschte Nebenwirkungen hervorrufen,<br />
<strong>die</strong> wissenschaftliche Untersuchungen herausfinden und bewusst<br />
machen kann. Wenn ein zentraler Zweck <strong>die</strong> Erhöhung der Lernleistung<br />
bei möglichst vielen Schülern ist, dann kann homogene und heterogene<br />
26
HELMUT LEHNER: PROBLEME HOMOGENER BZW. HETEROGENER GRUPPIERUNG<br />
Gruppenbildung nur eine unter mehreren Bedingungen und nur eines<br />
von mehreren Mitteln sein. Man muss, wenn man der Erkenntnis der<br />
Zusammenhänge und einer praktischen Lösung des Problems näherkommen<br />
will, auch andere zentrale Bedingungen der Lernleistung beachten.<br />
Auf einer Makroebene hat BLOOM (1976) drei Einflussgrößen unterschieden:<br />
(a) <strong>die</strong> kognitiven Eingangsvoraussetzungen des Lerners, (b)<br />
<strong>die</strong> Qualität der Instruktion und (c) <strong>die</strong> affektiven Eingangscharakteristiken<br />
der Schüler. Die Bildung leistungshomogener Gruppen bezieht sich<br />
lediglich <strong>auf</strong> <strong>die</strong> kognitiven Eingangsvoraussetzungen. Wenn nun durch<br />
<strong>die</strong> Instruktion in heterogenen Gruppen durch differenzierende Maßnahmen<br />
<strong>die</strong> kognitiven Eingangsvoraussetzungen ebenfalls berücksichtigt<br />
werden, können in heterogenen Klassen im Prinzip ebenso gute Leistungen<br />
wie in homogenen Klassen erzielt werden.<br />
In der Schule kann aber <strong>auf</strong>grund des allzu breiten vorgegebenen<br />
Lehrplans nur wenig Rücksicht <strong>auf</strong> <strong>die</strong> affektiven Voraussetzungen der<br />
Schüler genommen werden. So beeinflussen das Interesse der Schüler,<br />
ihr Selbstwertgefühl und ihre Einstellung zur Schule ihre Lernleistung in<br />
erheblichem Maße (vgl. BLOOM 1976, S. 73 ff.; COVINGTON 1984).<br />
Man kann sich das an einem einfachen Beispiel vergegenwärtigen. Ein<br />
Schüler, dessen Interesse an den zufälligen Dingen des Lebens unterstütz<br />
wird, hat Gelegenheit, sich mit vielen Gegenständen vertraut zu machen.<br />
Als Folge erhält er Bestätigung und Anerkennung und entwickelt ein<br />
positives Selbstkonzept. Wenn er zur Schule geht, kann er seine Lernerfahrungen<br />
nutzen und einbringen; vermutlich wird er <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Lehrerin<br />
einen guten Eindruck machen. Ein Schüler dagegen, der in seiner<br />
Kindheit in hohem Maß Kritik und Ermahnungen ausgesetzt ist und<br />
wenig Gelegenheit hat, seine Interessen auszubauen, wird eher ein<br />
negatives Selbstkonzept entwickeln. Man kann sich leicht vorstellen,<br />
dass er auch in der Schule eher Kritik und Ermahnungen provoziert und<br />
sich so ein selbst verstärkender Misserfolgszirkel entsteht (zur<br />
Bedeutung des Interesses, des Selbstkonzepts und der Einstellungen der<br />
Schüler vgl. McCOMBS/ WHISLER 1989; RENNINGER/WOZNIAK<br />
1985; HIDI 1990; PRENZEL/ HEILAND 1990). Eine Umgebung, in der<br />
27
HELMUT LEHNER: PROBLEME HOMOGENER BZW. HETEROGENER GRUPPIERUNG<br />
<strong>die</strong> Schüler sich in ihrem Denken und Handeln stark kontrolliert fühlen<br />
oder aber in der sich niemand darum kümmert, was sie denken und tun,<br />
erzeugt negative Effekte im Hinblick <strong>auf</strong> das Selbstwertgefühl und <strong>die</strong><br />
Leistungsfortschritte der Schüler (vgl. CONNELL/ RYAN 1984).<br />
Sowohl in leistungshomogenen wie -heterogenen Lerngruppen ist es<br />
unter den reglementierenden Bedingungen eines relativ starren Lehrplans<br />
und der Anforderungen des Numerus Clausus schwierig, wesentliche<br />
affektive Voraussetzungen der Schüler angemessen zu berücksichtigen.<br />
Noch schwieriger ist es, <strong>die</strong> Richtung negativer Einstellungen oder eines<br />
negativen Selbstkonzepts zu ändern. Denn ein negatives Selbstkonzept<br />
begünstigt nicht nur schlechte Leistungen, sondern in der Folge tragen<br />
<strong>die</strong> schlechten Leistungen ihrerseits zur Aufrechterhaltung oder sogar<br />
Verschlechterung des ungünstigen Selbstkonzepts bei (vgl. z.B.<br />
SALDERN 1990; BLOOM 1976, S. 139 ff.). Es ist in <strong>die</strong>sem Zusammenhang<br />
interessant, dass Schulnoten ab der Sekundarstufe eine zunehmende<br />
Tendenz zur Verfestigung <strong>auf</strong>weisen. Vor allem scheint es relativ<br />
selten und schwierig, schlechte Schüler zu verbesserten Leistungen zu<br />
führen (vgl. BLOOM 1976, S. 155; speziell zu den Bedingungen<br />
schlechter Schulleistungen vgl. HÖHN 1980).<br />
Dabei ist es vermutlich nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass man<br />
auch schlechten Schülern zu relativ guten oder doch akzeptablen<br />
Leistungen verhelfen könnte. Für jeden Menschen dürfte es einen<br />
Gegenstand oder Bereich geben, für den er von sich aus mehr Interesse<br />
<strong>auf</strong>bringt als für andere. Würde der Lehrplan genügend Raum lassen,<br />
könnte man Schüler gezielt in solchen Bereichen fördern. Da sie dann<br />
stärker motiviert wären, könnten sie sich in ihren Leistungen verbessern<br />
und nach und nach eine gewisse Vollkommenheit in ihren Interessengebieten<br />
erwerben (vgl. LEHNER 1991).<br />
Wenn man durch Beschränkung der verbindlichen Lehrpläne der<br />
Sekundarstufe – keineswegs aber ihre Aufhebung, um einem Missverständnis<br />
vorzubeugen – einen Freiraum schaffen würde, in dem <strong>die</strong><br />
Schüler selbstgewählte Gegenstände oder Fähigkeiten in zunächst eher<br />
spielerischer und später in leistungsbetonter Weise erarbeiten, könnte<br />
28
HELMUT LEHNER: PROBLEME HOMOGENER BZW. HETEROGENER GRUPPIERUNG<br />
jeder wenigstens <strong>auf</strong> einem Gebiet sich als fähig erweisen. Diese positive<br />
Erfahrung könnte dazu beitragen, dass Schwächen in anderen Bereichen<br />
besser verkraftet werden und das globale Selbstwertgefühl des Schülers<br />
weniger durch Misserfolge in <strong>die</strong>sen anderen Bereichen beeinträchtigt<br />
wird (vgl. ROSENBERG 1989, S. 171 ff. u. 263). Auch <strong>die</strong> Einstellung<br />
gegenüber der Schule insgesamt und <strong>die</strong> Lernfreude könnten sich dadurch<br />
vermutlich verbessern.<br />
Wenn <strong>die</strong> Interessen des einzelnen Schülers berücksichtigt werden und<br />
Unterricht zu einem Teil in der Hilfe zur Verbesserung von Kenntnissen<br />
und Fähigkeiten in einem selbstgewählten Gegenstands- oder<br />
Fertigkeitsbereich besteht, dann dürfte der Leistungswille des Schülers<br />
zunehmen und der Leistungsdruck kann zurückgenommen werden. Ein<br />
solches Eingehen <strong>auf</strong> individuelle Interessen dürfte ferner auch den<br />
Konkurrenzdruck mindern. Vermutlich würden <strong>die</strong> Schüler erkennen,<br />
dass jeder in einem bestimmten, begrenzten Bereich besser ist als einige<br />
andere, so dass im Prinzip jeder von jedem lernen kann. Das wiederum<br />
könnte <strong>die</strong> Zusammenarbeit unter den Schülern fördern, da sie <strong>auf</strong>grund<br />
ihrer jeweils speziellen Kenntnisse zu vielen Fragen etwas Eigenes<br />
beitragen können. So würde jedem oder fast jedem zumindest eine<br />
gewisse Anerkennung in der Klassengemeinschaft ermöglicht und das<br />
Gefühl der Anonymität, des Nicht-Beachtetwerdens würde verringert.<br />
Ein geringeres Ausmaß an vorgeschriebenen Inhalten eröffnet Freiräume<br />
für selbstbestimmtes Handeln und <strong>die</strong> Gestaltung einer auch individuell<br />
als sinnvoller und weniger zwanghaft erlebten Ordnung. Eine solche<br />
Lernumwelt beeinflusst das Selbstkonzept und <strong>die</strong> Befindlichkeit der<br />
Schüler in positiver Weise (vgl. JERUSALEM/SCHWARZER 1991).<br />
Vermutlich würde sich auch das Leistungsverhalten positiv verändern.<br />
Insbesondere könnte hier <strong>die</strong> von VIERLINGER (1990) so genannte, das<br />
Zeugnis ergänzende "Direkte Leistungsvorlage" motivierend <strong>auf</strong> <strong>die</strong><br />
Schüler wirken. Der Schüler versucht dabei, <strong>die</strong> besten ihm möglichen<br />
Leistungen durch entsprechende Arbeiten zu den ihn besonders<br />
interessierenden Gebieten zu belegen und darzustellen. Das wäre ein<br />
erster Schritt, um den einzelnen "aus der gehässigen Umklammerung des<br />
29
HELMUT LEHNER: PROBLEME HOMOGENER BZW. HETEROGENER GRUPPIERUNG<br />
kollektiven Vergleichsmaßstabes" zur Wahrnehmung der eigenen<br />
Leistungsmöglichkeiten zu führen. "Dass andere besser sind, muss dem<br />
Schwachen ... nicht durch ein gesondertes 'Nota' (Brandmal)-System<br />
eingebrannt werden, <strong>die</strong>se Erfahrung macht er <strong>auf</strong> Schritt und Tritt ..."<br />
(VIERLINGER 1989, S. 58).<br />
Bei einem solchermaßen gestalteten Schulsystem wäre durchaus ein<br />
relativ hohes Maß an Integration in heterogenen Klassen möglich, <strong>die</strong><br />
andererseits durch eine breite innere Differenzierung den individuellen<br />
Interessen und Leistungsmöglichkeiten gerecht würde. (Wie so etwas<br />
praktisch möglich ist, zeigen - allerdings nur für <strong>die</strong> Grundschule -<br />
BERT/ GUHLKE 1977 oder <strong>die</strong> MONTESSORI-Schulen).<br />
Homogene und heterogene Gruppierungen sind in <strong>die</strong>sem Zusammenhang<br />
Mittel, <strong>die</strong> je nach Wirkung und erwünschtem Ziel eingesetzt<br />
werden können. So könnten einerseits interessenhomogene Leistungsgruppen<br />
der Perfektion der Leistungen sowie neigungs- und leistungsheterogene<br />
Gruppen der Problematisierung und Verhinderung allzu<br />
großer Einseitigkeit <strong>die</strong>nen.<br />
Es liegt durchaus im Interesse eines jeden einzelnen, Leistungen zu<br />
erbringen, <strong>die</strong> auch nützlich für andere sind und daher von <strong>die</strong>sen<br />
anerkannt und belohnt werden. Und es ist von größter Bedeutung für <strong>die</strong><br />
Gesellschaft, dass <strong>die</strong> "Mannigfaltigkeit der Ausbildung", von der<br />
HUMBOLDT (1957, S. 21) sprach, <strong>die</strong> eine sich ständig verändernde<br />
Welt erfordert, den Individuen auch ermöglicht wird. Wenn jeder darin<br />
gefördert wird, das beizutragen und gut zu tun, zu dem er fähig ist, <strong>die</strong>nt<br />
er damit der Gesellschaft. "Je mehr Leute es gibt, <strong>die</strong> eine gute<br />
Erziehung hatten, umso besser ist es für uns alle" (WILLIE 1987, S.<br />
134).<br />
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