Einladung/Tagesordnung - Integration in Bonn

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176 Handbuch Inklusive Bildung Bonn – III. Sprachbildung III.1.7 Vorschulische und schulische Sprachbildung/Sprachförderung in Bonn III.1.7.1. (Rechtliche) Grundlagen „Niemand darf wegen (…) seiner Sprache (…) benachteiligt oder bevorzugt werden.“ Grundgesetz, Artikel 3 In der derzeit aktuellen Fassung des „Handbuchs Inklusive Bildung Bonn“ wird der Schwerpunkt zunächst auf Bereiche gelegt, die vorschulisch mit Blick auf den künftigen und sodann im Rahmen des Schulbesuchs von Bedeutung sind. In den Grundsätzen zur Bildungsförderung für Kinder von 0 bis 10 Jahren des Landes NRW, die als Entwurf vorliegen, ist gesellschaftliche Teilhabe als zentrales Ziel benannt und die Bedeutung von Sprache als "wichtigstes zwischenmenschliches Kommunikationsmedium" hervorgehoben. Dabei wird sowohl auf die Förderung der Herkunftssprache als auch auf das Erlernen der deutschen Sprache abgestellt. 17 Gesetzlich vorgegeben ist das Sprachstandsfeststellungsverfahren "Delfin 4". In Nordrhein- Westfalen wird seit 2007 gemäß § 36 Abs. 2 Schulgesetz (SchulG) der Sprachstand aller Kinder zwei Jahre vor der Einschulung in Verantwortung der staatlichen Schulämter festgestellt. Hierzu wurde das Verfahren Delfin 4 "Diagnostik, Elternarbeit, Förderung der Sprachkompetenz In Nordrhein-Westfalen bei 4-Jährigen" entwickelt. Es besteht aus zwei Stufen, mit Hilfe derer auf spielerische Weise die Sprachkompetenz des jeweiligen Kindes ermittelt werden soll. In Stufe eins, dem "Besuch im Zoo", werden die Kinder in Kleingruppen untersucht. In der zweiten Stufe, dem "Besuch im Pfiffikus-Haus", werden die Kinder untersucht, bei denen die Testergebnisse aus Stufe eins nicht eindeutig gewesen sind, sowie alle Kinder, die keine Kindertagesstätte besuchen. Im Vorgriff auf die Schulpflicht stellt das Schulamt fest, ob die Sprachentwicklung der Kinder in der deutschen Sprache altersgemäß ist. Kinder, bei denen das nicht der Fall ist, werden in der Regel in der Kindertageseinrichtung, ansonsten in einem vorschulischen Sprachförderkurs auf die Schule vorbereitet. Im Schulgesetz NRW ist im § 2, Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule, formuliert, dass die Schule "die zur Erfüllung ihres Bildungs- und Erziehungsauftrags erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Werthaltungen" 18 und dabei die individuellen Voraussetzungen der Schülerinnen und Schüler berücksichtigt. Im gleichen Paragraphen heißt es: "Die Schule fördert die Integration von Schülerinnen und Schülern, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, durch Angebote zum Erwerb der deutschen Sprache. Dabei achtet und fördert sie die ethnische, kulturelle und sprachliche Identität (Muttersprache) dieser Schülerinnen und Schüler. Sie sollen gemeinsam mit allen anderen Schülerinnen und Schülern unterrichtet und zu den gleichen Abschlüssen geführt werden." 19 Dieser Auftrag entspricht voll und ganz dem hier vertretenen Ansatz einer chancengerechten inklusiven Bildung. 17 MGFFI NRW (Hrsg.) (2010): Mehr Chancen durch Bildung von Anfang an - Grundsätze zu Bildungsförderung für Kinder vom 0 bis 10 Jahren in Kindertageseinrichtungen und Schulen im Primarbereich in Nordrhein- Westfalen- Entwurf. 18 Schulgesetz NRW –§ 2 SchulG Stand 01.07.2012 19 A.a.o. © Bundesstadt Bonn 2012 16

177 Handbuch Inklusive Bildung Bonn – III. Sprachbildung III.1.7.2. Sprachstandsfeststellungsverfahren und Sprachförderung in Bonn III.1.7.2.1 Delfin 4 Folgende Fähigkeiten werden bei Delfin 4 erfasst: � Auditives Kurzzeitgedächtnis � Phonologische Sensitivität � Lexikalisch-semantische Fähigkeiten � Morpho-syntaktische Fähigkeiten und � Pragmatische Fähigkeiten. Das Land stellt für etwaige sich daraus ergebenden Sprachförderbedarfe pro Kind und Jahr 345 € zur Verfügung. Die Fördermaßnahmen finden in der jeweiligen Kindertagesstätte oder in Familienzentren statt. Eine Evaluation der Maßnahmen liegt nicht vor. Tabelle III.1 zeigt die Entwicklung des Sprachförderbedarfs seit 2009 in der Bundesstadt Bonn im Vergleich zum Land NRW sowie den maximal/minimal Wert der übrigen kreisfreien Städte. Der Sprachförderbedarf in Bonn liegt seit drei Jahren unter dem landesweiten Durchschnitt, ist jedoch in den letzten drei Jahren um 1,98 % angestiegen. Anzahl schulpflichtiger Kein Sprachförder- Sprachstandsfeststellungsverfahren Sprachförder- Anteil Durchschnitt Kinder bedarfbedarf (%) NRW in % Min NRW Max NRW 2009 3.252 2.576 676 20,80% 24,00% 12,00% 38,80% 2010 3.172 2.317 700 22,07% 24,68% 12,74% 41,16% 2011 2.731 1.993 622 22,78% 24,82% 14,23% 40,26% Tabelle III.1: Sprachstandsfeststellungsverfahren Das Testverfahren ist jedoch seit seiner Einführung immer wieder Gegenstand intensiver Diskussionen. Ein Hauptkritikpunkt ist, dass allein die Feststellung des ("pädagogischen") Sprachvermögens eines Kindes nicht ausreichend sei. Viele Eltern, insbesondere auch solche aus bildungsfernen Schichten, deren Kinder den Test bestehen, werden in der trügerischen Sicherheit gewogen, dass die Sprache ihres Kindes altersgemäß entwickelt sei und kein Anlass zu einer weiteren Förderung bestehe. Der Test berücksichtigt z.B. nicht etwaige sprachtherapeutische Förderbedarfe und geht auch nicht auf das Hörvermögen der Kinder ein. So vergehen oftmals wertvolle Jahre in der Sprachbildung des Kindes, in denen betroffenen Kindern längst die dringend notwendige sprachtherapeutische Unterstützung hätte gewährt werden können. In den Jahren 2009, 2010 und 2011 konnte jeweils mit Hilfe eines umfassenden modellhaften Screenings des Gesundheitsamtes und der Ambulanten Sprachheilhilfe der Stadt Bonn in ausgewählten städtischen Kindertageseinrichtungen im Stadtbezirk Bad Godesberg festgestellt werden, dass gerade auch bei Kindern, die im Delfin 4 Test keine Auffälligkeit gezeigt hatten und den Delfin 4 Test bestanden hatten, ein nennenswerter Prozentsatz einen auffälligen sprachtherapeutischen Förderbedarf bzw. einen kritischen Hörbefund aufwiesen, die im Delfin 4 Verfahren jedoch nicht erkannt wurden. Die Ergebnisse von Delfin 4 berücksichtigen ferner auch nicht die Sprachfähigkeit in anderen Sprachen als dem Deutschen (Herkunftssprache oder weitere Familiensprachen) oder aber weitere Komponenten (z.B. Schüchternheit), die dazu führen können, dass ein Kind in der Testsituation die Sprache verweigert. III.1.7.2.2 Ambulante Sprachheilhilfe Die Bundesstadt Bonn bietet als freiwillige Leistung zur Förderung sprachauffälliger Kinder eine ambulante Sprachheilhilfe an. Diese findet in Ambulanzen in verschiedenen © Bundesstadt Bonn 2012 17

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Handbuch Inklusive Bildung <strong>Bonn</strong> – III. Sprachbildung<br />

III.1.7.2. Sprachstandsfeststellungsverfahren und Sprachförderung <strong>in</strong> <strong>Bonn</strong><br />

III.1.7.2.1 Delf<strong>in</strong> 4<br />

Folgende Fähigkeiten werden bei Delf<strong>in</strong> 4 erfasst:<br />

� Auditives Kurzzeitgedächtnis<br />

� Phonologische Sensitivität<br />

� Lexikalisch-semantische Fähigkeiten<br />

� Morpho-syntaktische Fähigkeiten und<br />

� Pragmatische Fähigkeiten.<br />

Das Land stellt für etwaige sich daraus ergebenden Sprachförderbedarfe pro K<strong>in</strong>d und Jahr<br />

345 € zur Verfügung. Die Fördermaßnahmen f<strong>in</strong>den <strong>in</strong> der jeweiligen K<strong>in</strong>dertagesstätte oder<br />

<strong>in</strong> Familienzentren statt. E<strong>in</strong>e Evaluation der Maßnahmen liegt nicht vor. Tabelle III.1 zeigt<br />

die Entwicklung des Sprachförderbedarfs seit 2009 <strong>in</strong> der Bundesstadt <strong>Bonn</strong> im Vergleich<br />

zum Land NRW sowie den maximal/m<strong>in</strong>imal Wert der übrigen kreisfreien Städte. Der<br />

Sprachförderbedarf <strong>in</strong> <strong>Bonn</strong> liegt seit drei Jahren unter dem landesweiten Durchschnitt, ist<br />

jedoch <strong>in</strong> den letzten drei Jahren um 1,98 % angestiegen.<br />

Anzahl<br />

schulpflichtiger<br />

Ke<strong>in</strong><br />

Sprachförder-<br />

Sprachstandsfeststellungsverfahren<br />

Sprachförder- Anteil Durchschnitt<br />

K<strong>in</strong>der bedarfbedarf (%) NRW <strong>in</strong> % M<strong>in</strong> NRW Max NRW<br />

2009 3.252 2.576 676 20,80% 24,00% 12,00% 38,80%<br />

2010 3.172 2.317 700 22,07% 24,68% 12,74% 41,16%<br />

2011 2.731 1.993 622 22,78% 24,82% 14,23% 40,26%<br />

Tabelle III.1: Sprachstandsfeststellungsverfahren<br />

Das Testverfahren ist jedoch seit se<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>führung immer wieder Gegenstand <strong>in</strong>tensiver<br />

Diskussionen. E<strong>in</strong> Hauptkritikpunkt ist, dass alle<strong>in</strong> die Feststellung des ("pädagogischen")<br />

Sprachvermögens e<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>des nicht ausreichend sei. Viele Eltern, <strong>in</strong>sbesondere auch<br />

solche aus bildungsfernen Schichten, deren K<strong>in</strong>der den Test bestehen, werden <strong>in</strong> der<br />

trügerischen Sicherheit gewogen, dass die Sprache ihres K<strong>in</strong>des altersgemäß entwickelt sei<br />

und ke<strong>in</strong> Anlass zu e<strong>in</strong>er weiteren Förderung bestehe. Der Test berücksichtigt z.B. nicht<br />

etwaige sprachtherapeutische Förderbedarfe und geht auch nicht auf das Hörvermögen der<br />

K<strong>in</strong>der e<strong>in</strong>. So vergehen oftmals wertvolle Jahre <strong>in</strong> der Sprachbildung des K<strong>in</strong>des, <strong>in</strong> denen<br />

betroffenen K<strong>in</strong>dern längst die dr<strong>in</strong>gend notwendige sprachtherapeutische Unterstützung<br />

hätte gewährt werden können. In den Jahren 2009, 2010 und 2011 konnte jeweils mit Hilfe<br />

e<strong>in</strong>es umfassenden modellhaften Screen<strong>in</strong>gs des Gesundheitsamtes und der Ambulanten<br />

Sprachheilhilfe der Stadt <strong>Bonn</strong> <strong>in</strong> ausgewählten städtischen K<strong>in</strong>dertagese<strong>in</strong>richtungen im<br />

Stadtbezirk Bad Godesberg festgestellt werden, dass gerade auch bei K<strong>in</strong>dern, die im Delf<strong>in</strong><br />

4 Test ke<strong>in</strong>e Auffälligkeit gezeigt hatten und den Delf<strong>in</strong> 4 Test bestanden hatten, e<strong>in</strong><br />

nennenswerter Prozentsatz e<strong>in</strong>en auffälligen sprachtherapeutischen Förderbedarf bzw.<br />

e<strong>in</strong>en kritischen Hörbefund aufwiesen, die im Delf<strong>in</strong> 4 Verfahren jedoch nicht erkannt<br />

wurden.<br />

Die Ergebnisse von Delf<strong>in</strong> 4 berücksichtigen ferner auch nicht die Sprachfähigkeit <strong>in</strong> anderen<br />

Sprachen als dem Deutschen (Herkunftssprache oder weitere Familiensprachen) oder aber<br />

weitere Komponenten (z.B. Schüchternheit), die dazu führen können, dass e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der<br />

Testsituation die Sprache verweigert.<br />

III.1.7.2.2 Ambulante Sprachheilhilfe<br />

Die Bundesstadt <strong>Bonn</strong> bietet als freiwillige Leistung zur Förderung sprachauffälliger K<strong>in</strong>der<br />

e<strong>in</strong>e ambulante Sprachheilhilfe an. Diese f<strong>in</strong>det <strong>in</strong> Ambulanzen <strong>in</strong> verschiedenen<br />

© Bundesstadt <strong>Bonn</strong> 2012 17

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