ischt der Sindfluß g'wößen - kulturleben.at
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1<br />
Österreichische UNESCO-Kommission<br />
Austrian Commission for UNESCO<br />
Commission Autrichienne pour l'UNESCO<br />
In Zusammenarbeit mit dem UNI‐ Zentrum Obergurgl, dem NATURPARK ÖTZTAL, mit PRO<br />
VITA ALPINA und <strong>der</strong> Tourismusst<strong>at</strong>ion Obergurgl‐ Hochgurgl<br />
laden die<br />
Österreichische UNESCO‐Kommission ‐ N<strong>at</strong>ionalagentur für Imm<strong>at</strong>erielles Kulturerbe<br />
und das<br />
Institut für Volkskultur und Kulturentwicklung<br />
zur<br />
2. ExpertInnentagung<br />
im Rahmen <strong>der</strong> UNESCO – Konvention zum Schutz des<br />
Imm<strong>at</strong>eriellen Kulturerbes.<br />
Im Fokus stehen<br />
„Wissen und Praktiken im Umgang mit<br />
<strong>der</strong> N<strong>at</strong>ur und dem Universum“<br />
<strong>ischt</strong> <strong>der</strong> Sindfluß g‘wößen<br />
Kulturelle Str<strong>at</strong>egien & Reflexionen zur Prävention und Bewältigung von N<strong>at</strong>urgefahren<br />
„<strong>ischt</strong> <strong>der</strong> Sindfluß g’wößen“ – so endet die Chronik des Franz Stippler, die von ihm anno 1762 über die<br />
N<strong>at</strong>urereignisse „vom Ferner hinter Rofen“, „vom Ferner im Langtal hinter Gurgl“, „vom Fischbach zu<br />
Längenfeld und vom Wütenbach zu Sölden“, <strong>der</strong> „nachkommenden Welt, abson<strong>der</strong>liches vom ehrsamen ganzen<br />
Ötztal ... aufgeschrieben worden“.<br />
Sind es (göttliche) Strafen gegen Sünden? Ist es die biblische Sindflut?<br />
(Siehe die Dokument<strong>at</strong>ion von Werner Kopp „Ischt <strong>der</strong> Sindfluß g’wößen! / 700 Jahre N<strong>at</strong>urk<strong>at</strong>astrophen im<br />
Ötztal“)<br />
28. ‐ 30. Oktober 2006<br />
im<br />
UNI – ZENTRUM in OBERGURGL/ TIROL<br />
Organis<strong>at</strong>ion:<br />
Dr. Hans Haid (Ötztal) und Mag. Maria Walcher / N<strong>at</strong>ionalagentur für das imm<strong>at</strong>erielle<br />
Kulturerbe (Wien)
Anreise bis ca. 16.00h: Zimmerzuteilung etc.<br />
2<br />
SAMSTAG, 28. Oktober 2006<br />
17.00h ERÖFFNUNG:<br />
Dr. Hans HAID, Dr. Thomas NUSSBAUMER und Mag. Maria WALCHER<br />
GRUSSWORTE:<br />
DI Maria PATEK / Lebensministerium Wien<br />
Anton MATTLE, Abgeordneter zum Tiroler Landtag und Bürgermeister von Galtür<br />
Mag. Ernst SCHÖPF /Bürgermeister von Sölden und Obmann vom N<strong>at</strong>urpark Ötztal<br />
Hubert KOLER / Tourismus Ötztal, Koordin<strong>at</strong>or Kultur<br />
Dr. Ruth JOCHUM‐GASSER vom UNI‐Zentrum Obergurgl<br />
17.30h Univ.‐Doz. Dr. Dr. Bernd RIEKEN (Wien/Wangerooge):<br />
Wütendes Wasser, bedrohliche Berge. N<strong>at</strong>urk<strong>at</strong>astrophen in <strong>der</strong> populären<br />
Überlieferung am Beispiel südliche Nordseeküste und Hochalpen.<br />
19.00h Abendessen<br />
20.00h „GALTÜR – ein Dorf im Gebirge“: Film von Lutz MAURER über die<br />
K<strong>at</strong>astrophenbewältigung am Beispiel <strong>der</strong> Lawinenk<strong>at</strong>astrophe vom Februar 1999 / mit<br />
ergänzendem Erlebnisbericht durch Anton MATTLE<br />
SONNTAG, 29. Oktober 2006<br />
09.00h: Refer<strong>at</strong>e und Berichte:<br />
DI Maria PATEK, Wien: Über die Versuche, die N<strong>at</strong>ur zu beherrschen.<br />
N<strong>at</strong>urgefahrenmanagement im Wandel <strong>der</strong> Zeit.<br />
Univ.‐Prof. Dr. Roland PSENNER, Innsbruck: Vorstellung <strong>der</strong> neuen<br />
Forschungspl<strong>at</strong>tform Alpiner Raum/Mensch und Umwelt <strong>der</strong> Universität Innsbruck<br />
Mag. Clemens PFURTSCHELLER, Innsbruck : Sozio ‐ ökonomische Gesichtspunkte des<br />
N<strong>at</strong>urgefahren‐Managements<br />
Mag. Thomas SCHMARDA/ Gurgl: N<strong>at</strong>urGefahr & N<strong>at</strong>urPark ‐ Beziehungsanalyse<br />
anhand konkreter Beispiele<br />
Luis PIRPAMER/ Vent: Erfahrungen als Bergführer und Lawinenexperte<br />
12.30h: BIO ‐ Buffet mit Spezialprodukten durch den Bio‐Hof <strong>der</strong> Familie GLATZL/Haiming<br />
15.00h: Refer<strong>at</strong>e:<br />
Dr. Liesl BOCKHORN und em. Univ.‐Prof. Dr. Olaf BOCKHORN/ Wien – Virgen:<br />
Von Umgängen, Prozessionen und Wallfahrten<br />
Dr. Hans HAID/ Sölden: über Gletscherbannungen, Bittgänge, „scharfe Gelübde“,<br />
Kin<strong>der</strong>prozessionen zum Ferner usw.<br />
Dr. Petra STRENG/ VOKUS‐Innsbruck: „von dingen wi<strong>der</strong> die n<strong>at</strong>urgewalten…“<br />
Magisch‐religiöse Str<strong>at</strong>egien und Hilfsmittel<br />
Univ.‐Prof. Dr. Gerlinde HAID/ Bad Aussee – Ötztal: Über Klänge gegen N<strong>at</strong>urgefahren:<br />
Wetterläuten, Hagelschießen uvm.
3<br />
Dr. Thomas NUSSBAUMER/ Innsbruck: Denn <strong>der</strong> Sommer muss ja über den Winter<br />
siegen. Zur Bedeutung des Winteraustreibens und an<strong>der</strong>e N<strong>at</strong>urbezüge in Tiroler<br />
Fasnachtsbräuchen<br />
18.30h: Abendessen<br />
20.00h: SINGEN UND SAGEN:<br />
Reflexionen von N<strong>at</strong>urk<strong>at</strong>astrophen in Musik & Poesie Univ.‐Prof. Dr. Gerlinde HAID<br />
und Mag. Maria WALCHER: musikalische Beispiele aus <strong>der</strong> Überlieferung<br />
Jytte DÜNSER: „das weiße Inferno“ (Lawinenk<strong>at</strong>astrophe 1954 im Großen Walsertal)<br />
MONTAG, 30. Oktober 2006<br />
9.00h: Traditionelles Wissen als Potential für die Zukunft? –<br />
Offene Diskussion über mögliche Kooper<strong>at</strong>ionen von N<strong>at</strong>ur‐ und Kulturwissenschaften<br />
zur Prävention und Bewältigung von N<strong>at</strong>urgefahren. u.a. mit DI Maria PATEK<br />
Lebensministerium), Dr. Klaus SCHUMACHER (Kulturabteilung Land Tirol), Dr. Ruth<br />
JOCHUM‐GASSER (Universitätszentrum Obergurgl).<br />
12.30h: Mittagessen & ABREISE<br />
Kontakt:<br />
Dr. Hans Haid: haid.roale@netway.<strong>at</strong>/ www.cultura.<strong>at</strong>/ tel. 05254‐2733 bzw. 05266‐87296,<br />
Mag. Maria Walcher: walcher@unesco.<strong>at</strong>/ 01‐526 13 01‐14, N<strong>at</strong>ionalagentur für imm<strong>at</strong>erielles<br />
Kulturerbe, Österreichische UNESCO – Kommission, Universitätsstraße 5, A – 1010 Wien<br />
IVK – Institut für Volkskultur und Kulturentwicklung, Klostergasse 6, A – 6020 Innsbruck, Tel. 0512‐<br />
586782, e‐mail: volks.kultur@cultura.<strong>at</strong><br />
Universitätszentrum Obergurgl: Intern<strong>at</strong>ionales Zentrum für Forschung, Tagung und Sport, e.mail:<br />
info@universitycenter-obergurgl-<strong>at</strong>/ www.universitycenter-obergurgl.<strong>at</strong>. Tel. 05256‐6212
TSUNAMI, New Orleans, <strong>der</strong> Hurrikan K<strong>at</strong>rin, die Erdbeben im Iran und eine Unzahl ähnlicher<br />
Schlagworte und Meldungen über Erdbeben, Vulkanausbrüche, Dürre, Hochwasser,<br />
Gletscherschwund und dram<strong>at</strong>ischen Klimawandel bringen ein offenbar neues K<strong>at</strong>astrophendenken<br />
mit sich. Doch sind <strong>der</strong> Schrecken und das Gefühl <strong>der</strong> Bedrohung, welche sich mit diesen Namen<br />
verbinden lassen, t<strong>at</strong>sächlich neu? O<strong>der</strong> h<strong>at</strong> sich nicht bloß das Wissen über Umweltbedrohungen<br />
globalisiert? Zu fragen bleibt ‐ im präzisen historischen und regionalen Vergleich ‐ nach den lokalen<br />
Str<strong>at</strong>egien <strong>der</strong> Bewältigung, nach den kulturellen Mustern <strong>der</strong> Prävention vor und <strong>der</strong> kollektiven<br />
Rehabilit<strong>at</strong>ion nach unabwendbaren und gewaltigen N<strong>at</strong>urereignissen.<br />
Regionale und lokale N<strong>at</strong>urgefahren und N<strong>at</strong>urk<strong>at</strong>astrophen haben als Schreckens‐Szenarien die<br />
Menschen geprägt und bewegt. Gegen Hagel und Gletscherseeausbrüche, gegen lange<br />
Dürreperioden, gegen Muren und Lawinen wurden Bittprozessionen abgehalten, Bitt‐Tage wurden<br />
ein fester Bestandteil im Jahreskalen<strong>der</strong>, Wallfahrten und Neujahrslie<strong>der</strong> dienten <strong>der</strong> Abwehr und<br />
dem Schutz (o<strong>der</strong> waren eingelöste Versprechungen); <strong>der</strong> schweizerische Betruf ist ebenso ein Beispiel<br />
dafür wie Kasteiungen und „scharfe Gelübde“; verwiesen sei auch auf die Hinrichtung und<br />
Verbrennung eines „Wettermachers“ als „Malefiz‐Bua“ in Meran 1681.<br />
Weltliche Behörden und technische Maßnahmen erwiesen sich vielfach als hilf‐ und nutzlos. Der<br />
Pflegsverwalter von Petersberg, zuständig auch für das Ötztal, meldete 1601: „bittgänge und<br />
prozessionen würden ohnedies vorgenommen“ und 1770: „das einzige Heilmittel für die Zukunft sei<br />
das Anlegen eines Kanals längs <strong>der</strong> rechten Talseite, vor allem aber Gebet und gute Werke“, worauf<br />
ein 10‐stündiges Gebet angeordnet wurde. Aus dem lawinenreichen Paznauntal berichtet <strong>der</strong> Arzt<br />
und Talchronist Walter Köck, ein frommer Pfarrer habe es gar nicht gern gesehen, dass die Kirche so<br />
voll war. „Als er dann allen Kirchgängern die Generalabsolution erteilte und sie damit ohne Beichte<br />
von allen Sünden lossprach, wusste je<strong>der</strong>, dass höchste Lawinengefahr herrsche.“<br />
Der absolute und totale Machbarkeitswahn des Menschen gegenüber den N<strong>at</strong>urgewalten scheint<br />
angesichts zeitgenössischer und weltweit erschüttern<strong>der</strong> K<strong>at</strong>astrophen in seine Bahnen gezwungen<br />
und weicht einerseits einem f<strong>at</strong>alistischen K<strong>at</strong>astrophendenken, das sich z.B. ‐ wie in den Vereinigten<br />
Sta<strong>at</strong>en ‐ in christlich‐fundamentalistischen Weltuntergangs‐Szenarien unter Berufung auf die<br />
Apokalypse Ausdruck verschafft: Der „zornige Gott“ rächt sich ‐ wie es <strong>der</strong> Bürgermeister von New<br />
Orleans ausdrückte ‐ und muss versöhnt werden. Schreckliche und scheinbar unabwendbare<br />
N<strong>at</strong>urk<strong>at</strong>astrophen werden an<strong>der</strong>erseits als geheimnisvolle und vom Himmel geschickte Ereignisse<br />
gewertet und zeugen vom ständigen Bemühen des Menschen, dem Geschehenen Sinn zu verleihen<br />
und Erklärungen dafür zu finden.<br />
Unter Bezug auf den Teilbereich <strong>der</strong> UNESCO‐Konvention zum Schutz des imm<strong>at</strong>eriellen<br />
Kulturerbes: „Wissen und Praktiken im Umgang mit <strong>der</strong> N<strong>at</strong>ur und dem Universum“ sollen <strong>der</strong>en<br />
Relevanz für und die Anknüpfungspunkte an gegenwärtige lokale Problemlagen erkannt, diskutiert<br />
und eingeordnet werden. Der Aspekt <strong>der</strong> „Kulturellen Str<strong>at</strong>egien und Reflexionen zur Prävention und<br />
Bewältigung von N<strong>at</strong>urgefahren“ wurde gewählt, um sowohl aus n<strong>at</strong>ur‐ als auch aus<br />
kulturwissenschaftlicher Perspektive darauf zu achten, wie also <strong>der</strong> Mensch den Bedrohungen seiner<br />
Umgebung begegnet, wie er sich wehrt, auf welche kulturellen Ressourcen er zurückgreift, wenn er<br />
auch jenseits von Technik und R<strong>at</strong>io nach Maßnahmen sucht, um Angst, Bedrohung o<strong>der</strong> Schrecken<br />
durch „cultura“, durch „religio“ und Kult zu bewältigen.<br />
Das neue UNI‐Zentrum <strong>der</strong> Universität Innsbruck in Obergurgl wurde als interdisziplinäre<br />
Forschungsstelle eingerichtet. Wir erhoffen und erwarten uns eine neue Sicht und Zusammenschau<br />
von N<strong>at</strong>urwissenschaft mit Kulturwissenschaft. Die Wahl für diesen Tagungsort fiel nicht zuletzt<br />
aufgrund des 30jährigen Bestehens des UNESCO‐ Biosphärenparks Gurgler Kamm und <strong>der</strong> dort<br />
angesiedelten Forschungsarbeit im Rahmen des wissenschaftlichen Projekts „MAB“ (man and<br />
biosphere).<br />
Hans Haid<br />
4
Die ReferentInnen:<br />
BOCKHORN, Dr. Liesl, Volkskundlerin, Wien<br />
BOCKHORN, em. Univ.-Prof. Dr. Olaf, Vorsitzen<strong>der</strong> des Fachverbandes für Volkskunde. poem_@gmx.net<br />
DÜNSER, Jytte, Liter<strong>at</strong>in, Frastanz<br />
HAID, Univ. Prof. Dr. Gerlinde, Institut für Volksmusikforschung und Ethnomusikologie, Wien.<br />
haid@mdw.ac.<strong>at</strong><br />
HAID, Dr. Hans, Schriftsteller, Volkskundler, Bergbauer, Ötztal. haid.roale@netway.<strong>at</strong><br />
JOCHUM-GASSER, Dr. Ruth, Leiterin Universitätszentrum Obergurgl. obergurgl@uibk.av.<strong>at</strong>. /<br />
MATTLE, Anton, Bürgermeister von Galtür. buergermeister@galtuer.gv.<strong>at</strong><br />
MAURER, Lutz, Filmemacher und Buchautor. Grundlsee<br />
NUSSBAUMER, Ass.-Prof. Dr. Thomas, Mozarteum Innsbruck, Abteilungsbereich Musikalische Volkskunde.<br />
t.nussbaumer@utanet.<strong>at</strong><br />
PATEK, MR DI Maria, Leiterin <strong>der</strong> Abteilung Wildbach- und Lawinenverbauung im Lebensministerium.<br />
maria.p<strong>at</strong>ek@lebensministerium.<strong>at</strong><br />
PFURTSCHELLER Mag. Clemens, Junior-Researcher alpS Ges.m.b.H. Zentrum für N<strong>at</strong>urgefahren.<br />
Pfurtscheller@alps-gmbh.com<br />
PIRPAMER, Luis, Bergführer, Vent<br />
PSENNER, Univ.-Prof. Dr. Roland, Institut für Zoologie, Abt. Limnologie Universität Innsbruck.<br />
roland.psenner@uibk.<strong>at</strong><br />
RIEKEN, Univ.-Doz. Dr. Dr. Bernd, Volkskundler und Psychoanalytiker, Wien/Wangerooge<br />
bernd.rieken@univie.ac.<strong>at</strong><br />
SCHMARDA, Thomas, Mag. NATURPARK ÖTZTAL/ Obergurgl. Schutzgebietsmanagement und Betreuer<br />
„UNESCO BIOSPHÄRENPARK GURGLER KAMM“<br />
SCHUMACHER, Dr. Klaus, Amt <strong>der</strong> Tiroler Landesregierung, Abteilung Kultur, k.schumacher@tirol.gv.<strong>at</strong><br />
STRENG, Dr. Petra, Volkskundlerin, „VOKUS –Volkskultur“ – Servicestelle für alpenländische Volkskultur,<br />
Innsbruck, vokus@tirol.<strong>at</strong><br />
WALCHER, Mag. Maria, Österreichische UNESCO-Kommission, walcher@unesco.<strong>at</strong><br />
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