Schwerpunkt - BMELV-Forschung
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Überlebende [%]<br />
Hemmhofdurchmesser [mm]<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
25<br />
20<br />
15<br />
Streptomycin<br />
Hexanal<br />
Hexansäure<br />
Trans-trans-2,4-Decadienal<br />
Octansäure<br />
Trans-2-octen-1-ol<br />
Heptansäure<br />
Dodecansäure<br />
Trans-2-Octenal<br />
Trans-2-Decenal<br />
10<br />
5<br />
0<br />
K 10 4 10 5 10 6<br />
Andere Arten sind dagegen für die landund<br />
forstwirtschaftliche Produktion von<br />
hohem Wert: Sei es als Blütenbestäuber<br />
oder als Gegenspieler von Schädlingen in<br />
Form von räuberischen oder parasitischen<br />
Nützlingen. Möglicherweise können wir<br />
bald einen weiteren, bislang kaum beachteten<br />
Aspekt hinzufügen: Insekten als Produzenten<br />
neuer Pflanzenschutzmittel.<br />
Denn während Pflanzenextrakte, wie<br />
zum Beispiel Neem- oder Quassia-Extrakte,<br />
als Ressourcen für neue Wirkstoffe im<br />
Pflanzenschutz schon seit vielen Jahren<br />
untersucht und zum Teil bereits in der Praxis<br />
angewendet werden, sind von Insekten<br />
produzierte Substanzen nur in verschwindend<br />
geringem Maß auf eine Verwendung<br />
in Medizin und Pflanzenschutz<br />
volle Drüsenreservoire leere Drüsenreservoire<br />
Abb. 5a: Antifungale Wirkung des Larvalsekretes des Blattkäfers Phratora vitellinae auf<br />
den insektenpathogenen Pilz Beauveria bassiana in vivo<br />
Decansäure<br />
Trans-2-Heptenal<br />
2-Phenylethanol<br />
Trans-2-Hexenal<br />
Myristicsäure<br />
Salicylaldehyd<br />
Abb. 7: Antibakterielle Wirkung einiger Komponenten der Larvalsekrete von Blattkäfern,<br />
Apfel- und Pflaumensägewespe: Ergebnisse der Agardiffusionstests mit Erwinia amylovora,<br />
dem Erreger des Feuerbrands bei Kernobst. Gelbe Säule: Zum Vergleich das bisher zur<br />
Bekämpfung eingesetzte Antibiotikum Streptomycin.<br />
untersucht worden. In Anlehnung an das<br />
neue Gebiet der „Pharmazeutischen Entomologie“<br />
(Gewinnung neuer Wirkstoffe<br />
für Medikamente aus Insekten) schlagen<br />
wir für die <strong>Forschung</strong> nach insektenbürtigen<br />
Wirkstoffen, die für einen Einsatz im<br />
Pflanzenschutz in Frage kommen könnten,<br />
den Begriff „Phytopathologische Entomologie“<br />
vor.<br />
Obwohl die Untersuchungen erst am<br />
Anfang stehen, konnten wir bereits nachweisen,<br />
dass einige der von den Insekten<br />
produzierten antimikrobiellen Substanzen<br />
auch toxisch gegenüber Erregern von<br />
Pflanzenkrankheiten sind. So wirken beispielsweise<br />
einige der Komponenten aus<br />
den Sekreten der Apfel- und Pflaumensägewespe<br />
(Hoplocampa testudinea und<br />
Phytomedizin<br />
Abb. 5b: Einer Blattkäferlarve (Chrysomela<br />
vigintipunctata) werden mittels einer<br />
Glaskapillare die Drüsenreservoire entleert.<br />
H. flava) im Labor hemmend auf das<br />
Wachstum des Feuerbranderregers Erwinia<br />
amylovora, der jährlich beim Kernobst<br />
Schäden in Millionenhöhe verursacht<br />
(Abb. 7). Auch die Keimung von Sporen<br />
des Apfelschorfes (Venturia inaequalis),<br />
eine der bedeutendsten Pilzkrankheiten<br />
des Apfels, wird durch von Insekten produzierte<br />
Naturstoffe (Karbonsäuren und aliphatische<br />
Aldehyde) gehemmt.<br />
Bis sich zeigen wird, ob diese chemischen<br />
Verbindungen auch unter Praxisbedingungen<br />
wirken, ist es noch ein langer<br />
Weg.Aber vor dem Hintergrund wechselnder<br />
Produktionsbedingungen, zunehmender<br />
Resistenzbildung und neuer Zulassungsbeschränkungen<br />
für Pflanzenschutzmittel<br />
ist es notwendig, neue Richtungen<br />
aufzuzeigen. So ist gerade die Bekämpfung<br />
von bakteriellen Pflanzenkrankheiten<br />
wie dem Feuerbrand in<br />
der Praxis derzeit nur sehr schwer möglich,<br />
da Antibiotika aus vorsorglichen Gesundheitsaspekten<br />
nicht großräumig im<br />
Freiland ausgebracht werden sollen und<br />
bisherige Alternativpräparate nicht hinreichend<br />
wirksam sind.<br />
Das Studium der chemisch-ökologischen<br />
Beziehungen zwischen Insekten<br />
und Pflanzen könnte eine neue Tür zur<br />
Pflanzenschutzforschung des 21. Jahrhunderts<br />
öffnen.<br />
Dr. Jürgen Gross,<br />
Biologische Bundesanstalt<br />
für<br />
Land- und Forstwirtschaft, Institut für<br />
Pflanzenschutz im Obstbau, Schwabenheimer<br />
Str. 101, 69221 Dossenheim.<br />
E-Mail: j.gross@bba.de<br />
1/2005 FORSCHUNGSREPORT 31