Schwerpunkt - BMELV-Forschung
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Phytomedizin<br />
pen (z. B. Apfel- und Pflaumensägewespe)<br />
entdeckt. In speziellen Drüsen, die sich<br />
entweder paarig entlang des Rückens<br />
(Blattkäfer, Abb. 4), oder unpaar auf dem<br />
Bauch zwischen den Bauchfüßen (Blattwespen)<br />
befinden, bilden die Tiere leicht<br />
flüchtige Substanzen, die unterschiedlichen<br />
chemischen Gruppen angehören,<br />
wie den Monoterpenen, Aldehyden, Alkoholen<br />
oder Carbonsäuren. Sie treten in<br />
teils sehr hohen Konzentrationen aus und<br />
verdunsten.<br />
30<br />
Die biologische<br />
Bedeutung<br />
In Experimenten mit lebenden Larven,<br />
die von uns mit insektenpathogenen Pilzen<br />
kontaminiert wurden, konnten wir<br />
nachweisen, dass deutlich mehr Tiere<br />
überlebten, wenn sie über ihre vollen Drüsenreservoire<br />
verfügten, als wenn die Reservoire<br />
zuvor entleert worden waren<br />
(Abb. 5a, b). Die Sekrete schützen ihre Erzeuger<br />
also tatsächlich vor Infektionen.<br />
Dies geschieht offenbar dadurch, dass die<br />
leicht flüchtigen Drüsensekrete die Tiere in<br />
eine Wolke aus antimikrobiellen Wirkstoffen<br />
einhüllen. So wird die Keimung von<br />
Sporen krankmachender Pilze, die auf die<br />
Körperoberfläche der Insekten gelangen,<br />
verhindert und in der Folge auch das Eindringen<br />
der Pilze in den Körper. Zusätzlich<br />
werden durch die antimikrobielle Wolke<br />
wahrscheinlich auch Bakterien abgetötet,<br />
die sich auf den Futterpflanzen befinden,<br />
bevor sie gefressen werden. Somit werden<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
Gentamycin<br />
Trans-2-Decenal<br />
Trans-trans-2,4-Decadienal<br />
die Schädlinge durch ihre Drüsensekrete<br />
vor Infektionen mit insektenpathogenen<br />
Pilzen und Bakterien geschützt. Es handelt<br />
sich dabei um einen bisher unbekannten<br />
Verteidigungsmechanismus, der dem Immunsystem<br />
vorgeschaltet ist und von uns<br />
erstmalig bei den Insekten nachgewiesen<br />
wurde.<br />
Konsequenzen für<br />
den biologischen<br />
Pflanzenschutz<br />
Hexansäure<br />
Decansäure<br />
Dodecansäure<br />
Heptansäure<br />
Octansäure<br />
Trans-2-Octenal<br />
Im „Reduktionsprogramm chemischer<br />
Pflanzenschutz“ wird unter anderem ge-<br />
Abb. 4: Lage der exokrinen Drüsen bei einer Blattkäferlarve. Einige der dorsolateral angeordneten<br />
Drüsenreservoire sind ausgestülpt, die Sekrettröpfchen sind zu sehen.<br />
Hemmhofdurchmesser [mm]<br />
Trans-2-Heptenal<br />
Trans-2-Hexenal<br />
Myristicsäure<br />
2-Phenylethanol<br />
Hexanal<br />
Trans-2-octen-1-ol<br />
Abb. 3: Antibakterielle Wirkung einiger Komponenten der Larvalsekrete der Apfel- und<br />
Pflaumensägewespe im Vergleich mit dem Antibiotikum Gentamycin: Ergebnisse der<br />
Agardiffusionstests mit Bacillus thuringiensis tenebrionis.<br />
fordert, dass biologische und biotechnische<br />
Verfahren zur Schädlingsbekämpfung<br />
verbessert und weiter ausgebaut<br />
werden. Gerade für den biologischen<br />
Pflanzenschutz haben die geschilderten<br />
Ergebnisse Konsequenzen. Will man etwa<br />
Schädlinge wie Sägewespen oder Blattkäfer<br />
mit insektenpathogenen Pilzen oder<br />
Bakterien bekämpfen, so muss man ins<br />
Kalkül ziehen, dass solche Präparate aufgrund<br />
der besonderen antimikrobiellen<br />
Verteidigung dieser Schädlinge relativ<br />
schlecht wirken. Neue Stämme der Pathogene,<br />
die gegen diese tierischen Abwehrstoffe<br />
resistent sind und damit den Wirkungsgrad<br />
der Präparate erhöhen, können<br />
aber im Labor selektiert werden.<br />
Es ist davon auszugehen, dass die beschriebenen<br />
Schutzmechanismen nicht<br />
nur bei den von uns untersuchten Schädlingen<br />
vorkommen, sondern weiter verbreitet<br />
sind als bisher bekannt. Ein weites<br />
Feld also für künftige <strong>Forschung</strong>sarbeiten.<br />
Neue Wirkstoffe<br />
für den Pflanzenschutz<br />
Das Beziehungsgefüge zwischen Insekten<br />
und der landwirtschaftlichen Produktion<br />
ist vielschichtig – mit positiven wie<br />
auch negativen Vorzeichen. Als Pflanzen<br />
fressende Primärschädlinge und als Überträger<br />
von Pflanzenkrankheiten verursachen<br />
Insekten weltweit große Schäden.<br />
FORSCHUNGSREPORT 1/2005