Der Besuchsdienst - Haus kirchlicher Dienste
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Die beiden Großkirchen in Deutschland – die<br />
evangelischen Landeskirchen wie die römischkatholische<br />
Kirche – haben zu Beginn des 21.<br />
Jahrhunderts nicht mehr jene gesellschaftliche<br />
Bedeutung, die sie in den ersten Jahrzehnten<br />
nach dem 2. Weltkrieg hatten. Die Zahl der<br />
Austretenden ist nach wie vor größer, als die<br />
Zahl der (Wieder-)Eintretenden. Nimmt man<br />
Westdeutschland und Ostdeutschland zusammen,<br />
dann ist etwa ein Drittel der deutschen<br />
Bevölkerung nicht Mitglied einer Kirche. Kirchenmitgliedschaft<br />
hat ihre frühere Selbstverständlichkeit<br />
verloren.<br />
Das Verhältnis zur Kirche ist ebenso wie das zu<br />
Glauben und Religion von gesamtgesellschaftlichen<br />
Entwicklungen beeinflusst. Soziologisch<br />
betrachtet haben sich die beiden Großkirchen<br />
von selbstverständlich anerkannten Institutionen<br />
der Gesellschaft zu Organisationen<br />
entwickelt, zu „spezialisierten Einrichtungen für<br />
religiöse Fragen“. Sie sind eine Organisation<br />
neben anderen.<br />
Vor allem die gesellschaftlichen Prozesse der<br />
Pluralisierung (Vervielfachung) und Individualisierung<br />
von Wert- und Sinnorientierungen, von<br />
Lebenslagen und Biographiemustern haben weit<br />
Prof. Dr. Heinrich W. Grosse<br />
Äu s s e r e DI s ta n z u n D I n n e r e nÄ h e?<br />
– Empirische Daten und Überlegungen zu Kirchenbindung und (christlicher) Religiosität<br />
reichende Auswirkungen auf Kirchenbindung<br />
und Einstellung zu religiösen Fragen: Religiöse<br />
Orientierung, Entscheidung über Kirchenzugehörigkeit<br />
bzw. Art der Kirchenbindung sind wie<br />
nie zuvor zur Sache individueller Entscheidung<br />
geworden. „Die Regie der Kirchenbeziehung<br />
liegt nicht mehr bei der Kirche, sondern bei den<br />
Bürgern.“ (P. Zulehner) Durch die vielfältigen<br />
Wahlmöglichkeiten im Bereich der Glaubens-<br />
und Wertvorstellungen wird die Autorität religiöser<br />
Traditionen und Institutionen geschwächt.<br />
Die Bedeutung kirchendistanzierten Christentums<br />
und kirchendistanzierter Religiosität hat<br />
entsprechend zugenommen. Es gibt einen nie<br />
da gewesenen „Markt der Möglichkeiten“ im<br />
Blick auf religiöse und kirchliche Orientierungen.<br />
Bei einer Umfrage erklärte etwa die Hälfte der<br />
Evangelischen und ein Drittel der Konfessionslosen:<br />
„Ich habe meine eigene Weltanschauung,<br />
in der auch Elemente des christlichen Glaubens<br />
enthalten sind.“<br />
Dem Autonomiestreben vieler Menschen entspricht<br />
eine wachsende Institutionen-Distanz,<br />
die sich nicht nur auf Gewerkschaften, Parteien<br />
u. a., sondern auch auf die Kirchen auswirkt.<br />
„Mit der Privatisierung des religiösen Entscheidens<br />
geht einher, dass religiöse Sinnerfahrung<br />
Prof. Dr. Heinrich W. Grosse<br />
Dauer im Wandel<br />
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