Der Besuchsdienst - Haus kirchlicher Dienste
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Aus der Vorstellung ist zu schließen, dass die<br />
Mitarbeiterin im <strong>Besuchsdienst</strong> Frau P. zum<br />
ersten Mal besucht. Für einen Erstbesuch<br />
herrscht schon von Beginn an eine erstaunlich<br />
vertrauensvolle Atmosphäre. Die Begrüßung<br />
ist schon sehr herzlich und nach einem ersten<br />
Abtasten und der Klärung, mit wem die beiden<br />
es zu tun haben, entwickelt sich ein Gespräch<br />
über Menschen, die für Frau P. Bedeutung<br />
hatten, bis hin zu einem intensive Dialog über<br />
Glaubensfragen und –zweifel, das am Ende<br />
in einem gemeinsamen Gebet endet, das die<br />
Besucherin, Frau V., frei formuliert.<br />
Wie ist es nun dazu gekommen und wie hat es<br />
sich entwickelt?<br />
Schon am Anfang bringt die Besucherin die<br />
religiöse Dimension mit in den „Raum“: „… ich<br />
komme von der evangelischen Kirchengemeinde…“.<br />
Überrascht und freudig bittet Frau P. Frau<br />
V. in ihre Wohnung. An dieser Stelle ist es noch<br />
nicht klar, worin diese Freude ihren Grund hat,<br />
im Besuch an sich oder im Besuch von der<br />
Kirchengemeinde. Als sie aber den gewünschten,<br />
doch nicht erfolgten Besuch des Pastors<br />
erwähnt wird deutlich: „Endlich ist jemand von<br />
der Kirche da.“<br />
Frau V. spürt den Ärger über den Pastor und<br />
versucht ihn zu entschuldigen. Aber Frau P.<br />
hält sich bei ihrem Ärger nicht auf (aber er<br />
muss einfach mal gesagt werden), sondern<br />
bei ihr überwiegt die Freude („…ich freue mich<br />
wirklich sehr…“, P 4). Sie nimmt den Blick der<br />
Besucherin auf, sie spürt, dass da jemand ist,<br />
der sich für sie und ihr Leben interessiert und<br />
erzählt aus ihrem Leben, erzählt einige ihrer<br />
Lebensgeschichten. Wichtig ist nicht der Pastor,<br />
wichtig ist, dass sich jemand ihr zuwendet, sie<br />
wertschätzt. Aber – wie sich später herausstellt<br />
– es ist auch wichtig, dass diese Person von der<br />
Kirche ist. Die Erwähnung, dass der Pastor nicht<br />
gekommen ist, weist darauf hin.<br />
Diese Erfahrung ist es womöglich, die Frau V.<br />
dazu veranlasst, sich der Beziehung zur Besucherin<br />
zu vergewissern: Kann ich mich auf<br />
Dich verlassen? (P 6)<br />
„ma n m a c h t s I c h h a l t s o<br />
s e I n e ge D a n K e n“<br />
Erläuterungen zum Gesprächsprotokoll<br />
Die religiöse Dimension wird deutlicher, als sie<br />
von ihren körperlichen Einschränkungen erzählt.<br />
Sie ist auf Hilfe angewiesen. Das Stichwort<br />
„<strong>Haus</strong>gemeinschaft“ (V 11) scheint sie aufmerksam<br />
zu machen auf eine nicht nur weltliche Gemeinschaft.<br />
Die Zuwendung anderer verbindet<br />
sie mit Nächstenliebe und diese nun mit Religion,<br />
mit der christlichen Gemeinschaft („…hilfsbereit<br />
und dabei gar nicht religiös.“, P 12). Es geht ihr<br />
hier mehr als um eine rein menschliche Hilfe,<br />
wenn sie sagt „…man macht sich halt so seine<br />
Gedanken“(P 15). Die Besucherin spürt deutlich<br />
die religiöse Dimension dieses Satzes und<br />
geht damit sehr offensiv um, einer „Intuition“<br />
folgend wie sie sagt. Auch wenn Frau P. diese<br />
Intervention dankbar aufnimmt, ist sie doch<br />
gewagt. Es hätte sicher ausgereicht, wenn sie<br />
nachgefragt hätte, welche Gedanken Frau P.<br />
beschäftigen.<br />
Dennoch entwickelt sich nun ein sehr dichtes<br />
Gespräch über Glaubensfragen und –zweifel.<br />
Frau V. fördert das Gespräch, indem sie von<br />
sich selber in „Ich-Form“ spricht. Überraschend<br />
ist es dann allerdings, dass Frau V. nach einer<br />
direkten Frage von Frau P. (P 21) in eine unpersönliche<br />
allgemeine Sprachform übergeht<br />
(„man“, P22). Vielleicht ist sie überrascht über<br />
die persönli-che Anfrage, vielleicht fühlt sie<br />
sich persönlich unsicher in dieser Frage und<br />
hat selbst keine eindeutige Antwort. Dabei darf<br />
sie letzteres auch mit ihrem Gegenüber teilen,<br />
so dass sich der Dialog auch auf suchende<br />
Weise fortsetzen kann. Dennoch bleiben beide<br />
Gesprächs-partnerinnen im Kontakt und am<br />
Thema. Am Ende zeigt sich, wie entlastend und<br />
erleichternd dieses Gespräch für Frau P. ist.<br />
Es ist auffällig, dass an Stellen dieses Gespräches,<br />
in denen auch die religiöse Dimension<br />
durchschimmert oder ausdrücklich Thema<br />
ist, die Emotionen eine Rolle spielen: die Freude<br />
zu Beginn, der Ärger über den Pastor, die<br />
Verunsicherung in der Mitte, die Angst und die<br />
Unsicherheit bei der Frage nach Gott, und am<br />
Ende die dankbare Freude. Da, wo die Emotionen<br />
von Freude, Trauer, Wut und Angst zum<br />
Ausdruck kommen, ist davon auszugehen, dass<br />
auch die religiöse Dimension mit im Spiel ist.<br />
ar b e I t s h I l f e n<br />
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