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Der Besuchsdienst - Haus kirchlicher Dienste

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Gert Stührmann<br />

wo l l e n w I r n o c h z u s a m m e n b e t e n?<br />

Glaubensfragen und -zweifel<br />

Beim Betreten des Hofes sehe ich zwei Frauen, die mit Gartenarbeit beschäftigt sind, während<br />

eine dritte in einem Schuppen mit einem Herrn spricht. Ich erkundige mich bei ersteren nach Frau<br />

P. und werde an die Dame im Schuppen verwiesen, muss also einige Minuten warten, bis der<br />

Herr sich verabschiedet.<br />

V 1 Guten Tag, Frau P. Mein Name ist V, ich komme von der evangelischen Kirchengemeinde<br />

und wollte Sie gerne einmal besuchen.<br />

P 2 (schaut mich etwas überrascht an) Das ist aber schön, Frau V. Bitte, kommen Sie doch mit<br />

nach oben. (Sie bittet mich, auf der Treppe voranzugehen; es ergibt sich ein kurzes Gespräch<br />

über Altersbeschwerden und die Mühe des Treppensteigens. Im zweiten Stock<br />

angekommen.)<br />

P 3 Bitte, gehen Sie doch schon hinein. Die Türe ist offen! (Ich betrete einen kleinen Raum mit<br />

einem Bett, einer Sitzgruppe, mit einem kleinen runden Tisch und zwei Sesseln. Hinter<br />

einem halb geöffneten Vorhang eine Spüle, ein Herd und ein Kühlschrank.)<br />

P 4 Bitte, nehmen Sie doch Platz. (Sie zieht den Vorhang zu.) Ich habe noch gar nicht auf-<br />

geräumt, aber ich freue mich wirklich sehr, dass Sie gekommen sind. Ich habe den Herrn<br />

Pfarrer auch schon um einen Besuch gebeten, aber er ist nicht gekommen.<br />

V 5 Ja, es gibt sehr viel zu tun in der Gemeinde, und z. Zt. Ist Herr Pfarrer B ja auch in Urlaub.<br />

(Ich lächle ihr zu; wir sitzen einander schräg gegenüber, das Tischchen steht zwischen<br />

uns. Frau P bemerkt, dass ich die vielen Fotografien, die auf einem niedrigen Schränk-<br />

chen stehen, entdeckt habe, und beginnt ausführlich von diesen Bekannten zu erzählen,<br />

deren Kinder sie mit großgezogen hat und die ihr sehr nahe stehen. Es besteht ein stän-<br />

diger Augenkontakt zwischen uns. Einmal unterbricht sie sich.)<br />

P 6 Hoffentlich langweile ich Sie auch nicht mit diesen Geschichten. Haben Sie denn über-<br />

haupt Zeit?<br />

V 7 Ja, Frau P, ich habe mir für den Besuch bei Ihnen Zeit genommen. Ich freue mich, dass<br />

Sie so rege am Schicksal Ihrer Freunde Anteil nehmen.<br />

P 8 Ja, sie kommen auch immer noch gerne zu mir zu Besuch. Erst neulich hat mich eines<br />

der Mädchen (sie deutet auf eine der Fotografien) überraschend besucht. Ich freue mich<br />

über jede Abwechslung. Mit meinem Beinleiden komme ich halt nur noch wenig nach<br />

draußen.<br />

V 9 Das ist sicherlich recht beschwerlich.<br />

P 10 Zum Glück wohnen hier nette Leute im <strong>Haus</strong>. Wir helfen uns immer gegenseitig.<br />

Frau G kauft auch oft für mich ein. Frau Sch, die in der Mitte wohnt, ist z. Zt. verreist.<br />

Ich schaue jetzt täglich für sie nach der Post und gieße auch die Blumen.<br />

V 11 Das ist sicher schön, in einer guten <strong>Haus</strong>gemeinschaft zu leben.<br />

P 12 Ja, Frau G. besucht mich täglich, und wir unterhalten uns dann immer. (Pause)<br />

Sie ist so hilfsbereit und dabei gar nicht religiös.<br />

V 13 Es gibt viele Menschen, die Gutes tun und nicht zur Kirche gehen.<br />

P 14 Ja, und viele gehen regelmäßig in den Gottesdienst, aber sie kümmern sich kaum um ihre<br />

Mitmenschen. (In ihrer Stimme liegt ein fragender, unsicherer Unterton. Sie schaut mich<br />

an und nach einer Pause:)<br />

P 15 Wissen Sie, wenn man alt ist, dann macht man sich so seine Gedanken.<br />

(Sie schaut mich wieder an, und einer Intuition folgend frage ich:)<br />

V 16 Sie überlegen, wie es wohl später, nach dem Tod einmal sein wird? Wonach Gott uns<br />

dann beurteilt?<br />

P 17 Ja, ich weiß nicht, wie ich mir das alles vorstellen soll.<br />

(Ich meine einen ängstlichen Unterton herauszuhören.)<br />

V 18 Ja, so richtig weiß niemand, wie es nach dem Tod sein wird. Aber ich glaube, dass wir uns<br />

dann sehr wohl fühlen werden.<br />

P 19 Glauben Sie? (Mit einem Aufseufzen) Ach, das wäre schön!<br />

V 20 Ich kann mir nur vorstellen, dass es gut sein wird, wenn wir bei Gott sind.<br />

(Es entsteht eine längere Pause. Wir schauen uns ruhig an.)<br />

ar b e I t s h I l f e n<br />

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